Übergriffe auf Moscheen in Niedersachsen haben deutlich zugenommen. Dies ist das Ergebnis einer Antwort der niedersächsischen Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion. Sprecher Belit Onay (MdL) fordert nun die separate Erfassung von islamfeindlich motivierten Straftaten.
Belit Nejat Onay, Jahrgang 1981, ist Diplomjurist und Mitglied der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag (MdL). Onay ist Sprecher für Bürgerbeteiligung, Kommunalpolitik, Sportpolitik, Netzpolitik und Datenschutz. Außerdem ist er Ansprechpartner für die islamischen Religionsgemeinschaften. Als MdL sitzt Onay unter anderem im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und im Ausschuss für Inneres, Sport und Integration des Landtags.
Wir sprachen mit dem Grünen-Politiker über die jüngste parlamentarische Anfrage seiner Fraktion zu islamfeindlichen Übergriffen auf Moscheen in Niedersachsen und wie er die Ergebnisse der Anfrage bewertet.
IslamiQ: Herr Onay, Sie haben sich in einer parlamentarischen Anfrage an die niedersächsische Landesregierung nach islamfeindlichen Übergriffen auf Moscheen erkundigt. Worum ging es in der Anfrage genau?
Belit Onay: Bei unserer Anfrage ging es zunächst einmal darum, verlässliche Daten zu islamfeindlichen Anschlägen auf Moscheen und islamische Einrichtungen in Niedersachsen zu bekommen. Dabei wirft das Ergebnis mehrere Probleme auf; so ist zunächst die hohe Zahl – nämlich 141 Straftaten – von Vorfällen seit 2001 sehr auffällig. Gleichzeitig sind aber nur wenige Fälle als politisch rechts motiviert eingeordnet worden.
IslamiQ: Was war der Anlass bzw. Ihre Motivation, diese Anfrage gerade zu diesem Zeitpunkt zu stellen?
Belit Onay: In den letzten Monaten hat es mehrere Anschläge auf Moscheen im gesamten Bundesgebiet gegeben. In der Öffentlichkeit fanden der Brand an der Mevlana-Moschee in Berlin oder die Anschläge wenig später in Bielefeld Erwähnung. Auch in Niedersachsen gab es vermehrt Anschlagsmeldungen. Dies hat uns dazu veranlasst, die Anfrage zu diesem Zeitpunkt zu stellen.
IslamiQ: Welche Erkenntnisse konnten aus der Anfrage gewonnen werden?
Belit Onay: Es wurde aufgrund der Häufung von Vorfällen deutlich, dass Handlungsbedarf besteht. Die Antwort zur Anfrage zeigt ganz klar, dass eine züngelnde Islamfeindlichkeit in der Bevölkerung besteht. Bisher konnten keine organisierten kriminellen Strukturen hinter den Straftaten ausgemacht werden. Daher ist zunächst einmal davon auszugehen, dass diese vorhandene Islamfeindlichkeit über das ganze Land verteilt immer wieder so viel feindselige Energie freisetzt, dass Menschen Brandanschläge verüben oder ihrer Zerstörungslust freien Lauf lassen.
Dies spiegelt sich in den Statistiken leider so nicht wieder, da nur ein kleiner Teil als politisch rechts motiviert eingestuft wird. Das liegt vor allem daran, dass nur einige Tatverdächtige ermittelt werden konnten. Und wenn sich die Motivation beispielsweise in Form eines Schriftzuges nicht eindeutig ausmachen lässt, dann ist die politische Motivation eben nicht deutlich.
Dennoch ist klar: wenn Menschen gezielt und gehäuft Moscheen mit Steinen bewerfen oder puren Vandalismus an den Einrichtungen ausleben, dann hat dies ganz eindeutig etwas damit zu tun, dass es islamische Einrichtungen sind. Da dies bisher nicht erfasst wird, schaffen wir eine hausgemachte Dunkelziffer.
IslamiQ: Was sind die nächsten Schritte bzw. ist etwas geplant – etwa die separate Erfassung anti-muslimischer Straftaten, wie kürzlich in Nordrhein-Westfalen beschlossen?
Belit Onay: Wir müssen darüber diskutieren, wie wir diese Art der Hasskriminalität erfassen können. Dafür muss es klare Kriterien geben, damit wir ein möglichst scharfes Bild über Hasskriminalität und ihre Zielrichtung in unserem Land haben. Daher muss es eine Erfassung islamfeindlicher Straftaten geben.
Wir werden innerhalb der rot-grünen Koalition in Niedersachsen überlegen müssen, wie wir eine zielgerichtete Diskussion auf Bundesebene anstoßen können. Die rot-grüne Initiative aus NRW erscheint da als sinnvoller Vorschlag.