Obwohl sich die in Bayern regierenden CSU dagegen ausgesprochen hat, ist die Fraktion der Grünen im Landtag mit einem eigenen Antrag vorgeprescht. Sie fordert die Aufhebung der Sargpflicht und die Änderung von zeitlichen Vorgaben zur Bestattung.
Immer mehr Muslime wollen sich in Deutschland, ihrer Heimat, bestatten lassen. Bayern gehört jedoch zu den wenigen Bundesländern, in denen es keine gesetzliche Grundlage gibt, um Bestattungen nach islamischen Vorschriften durchzuführen. Zwar gibt es einzelne Grabfelder auf Friedhöfen für Muslime, doch es fehlt an klaren Regelungen, die eine sarglose Bestattung möglich machen könnten. Die regierende CSU sieht in der Sache keinen Handlungsbedarf und verweist auf die christlichen Traditionen im mehrheitlich katholisch geprägten Bundesland.
Nun fordert die Grünen-Fraktion im bayrischen Landtag eine Anpassung des Bestattungsrechts an die veränderte religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung. „Die Bestattungskultur sagt viel über den Zustand einer Gesellschaft aus“, erklärt Ulrike Gote, religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Ein modernes Bestattungsrecht muss deshalb die unterschiedlichen kulturellen und religiösen Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigen.“
Konkret fordern die Landtags-Grünen die Aufhebung der Sargpflicht und die Streichung der zeitlichen Vorgabe für den frühesten Bestattungszeitpunkt. „Wir wollen damit endlich auch in Bayern die Rahmenbedingungen für muslimische und jüdische Bestattungen schaffen“, sagt Ulrike Gote. Der ausschließliche Verweis der CSU-Regierung auf christliche Traditionen werde der gesellschaftlichen Realität nicht gerecht und stehe zudem im Widerspruch zur verfassungsmäßig gebotenen Gleichstellung der Religionen.
In anderen Bundesländern habe sich gezeigt, dass entsprechende Reformvorhaben von einem breiten religions- und fraktionsübergreifenden Konsens getragen wurden. Diesen erhoffen sich die Landtags-Grünen nun auch in Bayern. „Es geht nicht darum, dass bisher in Bayern gepflegte und gelebte Rituale aufgegeben werden müssen“, so Ulrike Gote. „Ziel der Reform ist vielmehr, allen Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Kultur im Umgang mit Verstorbenen umzusetzen.“
Die sarglose Bestattung ist eine Grundbedingung, um Muslimen die religiöse Bestattung in Deutschland zu ermöglichen. In Nordrhein-Westfalen ist bereits seit Oktober ein neues Bestattungsgesetz in Kraft, das Religionsgemeinschaften oder Vereinen ermöglicht, kommunale Friedhöfe zu errichten und zu betreiben. Auch die Frist für die frühestmögliche Erdbestattung beträgt nach dem neuen Gesetz 24 Stunden.
Andere Bundesländer sind vorangegangen, dem Beispiel gefolgt oder planen zu folgen. Einzig drei Bundesländer halten an der Sargpflicht noch fest: Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.