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Syrien-Konferenz in Berlin: Mehr als Solidarität nötig

Deutschland ist solidarisch und will – nicht ganz uneigennützig – den Syrien-Flüchtlingen mit mehreren Millionen Euro helfen. Doch reicht das alleine aus? Ein Rückblick auf die Ergebnisse der Internationalen Syrien-Konferenz in Berlin. Von Christoph Scholz und Albert Steuer (KNA).

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Mit der Syrien-Konferenz am Dienstag (28.10.2014) in Berlin hat die gastgebende Bundesregierung einen zuletzt in den Hintergrund gedrängten Konflikt und seine Auswirkungen wieder in den Fokus gerückt. Außenminister Steinmeier geht es um eine „Perspektivenerweiterung“.

Für die Versorgung der mehr als drei Millionen syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge sollen die Anrainerstaaten stärker unterstützt werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagten allein für die Bundesregierung zusätzliche 140 Millionen Euro für das laufende Jahr und weitere 500 Millionen Euro für den Zeitraum 2015 bis 2017 aus den Mitteln ihrer Ministerien zu.

Politische Lösung

Einig waren sich die Teilnehmer der Konferenz – 30 Repräsentanten von Regierungen und Hilfsorganisationen vor allem aus Nahost-Staaten – sowie der Hochkommissar des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Antonio Guterres – darin, dass es für die Krise in Syrien weder eine humanitäre noch eine militärische, sondern nur eine politische Lösung geben könne. Eine politische Lösung allerdings, das ist den Beteiligten klar, wird keinesfalls schnell zu erreichen sein.

Angesichts der Not der Flüchtlinge aus Syrien wie auch aus anderen Ländern sei es notwendig, dass die EU-Staaten den Schutzbedürftigen sichere Wege nach Europa öffneten und offen die Gestaltung eines gemeinsamen Asylsystems angehen, appellierte am Sonntag der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle. Zweifellos könne Europa nicht Millionen Flüchtlinge aufnehmen oder vor Ort versorgen. „Wir sind aber weder bei der Aufnahme noch bei der finanziellen Unterstützung der Hilfe am Ende unserer Möglichkeiten angelangt“, sagte der Hildesheimer Bischof. Er hob hervor, dass die Kirche auf allen Ebenen engagiert sei.

Anrainer tragen Hauptlast

Die Vertreter der Anrainer-Staaten Syriens machten deutlich, dass ihre Länder mit der international erwarteten Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge überfordert sind und ihre Stabilität zunehmend gefährdet sei. Die Türkei etwa hat 1,2 Millionen Schutzsuchende, darunter mehr als 200.000 aus Kobane, aufgenommen. Im Libanon haben rund 1,6 Millionen Menschen Zuflucht gesucht. Und der Terror der Milizen des „Islamischen Staats“ lässt die Flüchtlingsströme in der Region weiter anschwellen. Würde etwa die Bundesrepublik im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung vergleichbar viele Flüchtlinge aufnehmen, rechneten Hilfsorganisationen aus, wären es nicht – wie bislang – 70.000, sondern zwei Millionen. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peters hält daher allein die Aufnahme von weiteren 500.000 Syrern in der EU für „dringend geboten“.

Minister Steinmeier und der UNHCR-Hochkommissar Guterres warnten eindringlich vor einer weiteren Destabilisierung der ohnehin fragilen Staaten im Nahen Osten. Die Krise führe zu extremen Belastungen für die Wirtschaft, das Bildungs- und Gesundheitswesen und die Infrastruktur in den tangierten Ländern. Mehr Engagement der Staatengemeinschaft sei unabdingbar, damit die regionalen Aufnahmestaaten nicht noch tiefer in die Konflikte hineingezogen werden. Die „Sprengkraft“ – auch für die innenpolitische Situation – sei enorm, warnte Steinmeier.

Die Hilfswerke hoffen jetzt auf eine bessere Koordinierung der internationalen Maßnahmen für die Flüchtlinge und auf eine rasche Umsetzung von Beschlüssen. Oxfam mahnte, es müsse sichergestellt werden, dass die Bevölkerung in der Region und die Flüchtlinge gleichermaßen unterstützt werden. Hilfsprogramme dürften unter keinen Umständen zulasten der humanitären Hilfe gehen.

Pro Asyl warnte, die Anrainer seien völlig überfordert und dabei, ihre Grenzen zu schließen. Geschäftsführer Günter Burkhardt: „Man kann nicht nach außen Solidarität von Syriens Nachbarn verlangen und selbst die Grenzen schließen. Das sind doppeldeutige Signale.“ Und Caritas International beklagte gemeinsam mit anderen Mitgliedern im Verband VENRO, dass bislang nur 47 Prozent der zugesagten Hilfsgelder bei der UN eingegangen seien. (KNA)