Vergangene Woche wurde im Dinslakener Stadtteil Lohberg ein Bergpark auf einem alten Zeche-Gelände eröffnet. Muslime und Christen sprachen ein Friedensgebet. Lohberg steht seit geraumer Zeit wegen Extremisten im Mittelpunkt der Berichterstattung. Ein Bericht von Ulrich Wilmes (KNA).
„Lohberg soll unter sozialem Gesichtspunkt Friedensdorf bleiben.“ Nordrhein-Westfalens Städtebauminister Michael Groschek (SPD) sprach an diesem Sonntagnachmittag (26.10.2014) in Dinslaken aus, was viele der 6.500 Einwohner des Stadtteils Lohberg sich wünschen: Sowohl für den neuen acht Hektar großen Bergpark, der auf dem vor zehn Jahren stillgelegten Zechengelände eröffnet wurde, als auch für das benachbarte Alt-Lohberg. „Wir wollen diese Perspektive eben nicht von Radikalen und Fanatikern kaputt machen lassen“, sagte Groschek. Minuten später sprachen Vertreter der beiden großen Kirchen und von Muslimen ein interreligiöses Friedensgebet zwischen altem Förderturm, Kohlenwäsche, neuem Park und See.
Mit dem neuen Bergpark in Dinslaken-Lohberg, der auch als Folgeprojekt der Brachflächensanierung und des Kulturhauptstadt-Jahres „Ruhr“ 2010 entstand, wurde auch das bundesweit größte klimaneutrale Landschafts- und Industriebrachenprojekt fertiggestellt. Dazu beigetragen haben neben Stadt, Land und Religionen auch international renommierte Künstler um Kurator Markus Ambach sowie Thomas Schütte. Unter anderem soll bis Mai nächsten Jahres die 400 Kilogramm schwere „Hasen“-Skulptur des Düsseldorfer Künstlers Schütte in der Seelandschaft vor den Hügeln des Niederrheins zu bewundern sein.
All das passiert an einem Ort, der seit Monaten nicht aus den Schlagzeilen kommt als Herkunftsort von Menschen, die inzwischen in Syrien als Salafisten aktiv sind. Denn auf der dem Bergpark abgewandten Seite leben Deutsche und rund 40 Prozent Bürger mit muslimischen Wurzeln nicht immer nur entspannt zusammen. Einer von rund 20 angeblich aus Dinslaken stammenden Salafisten, „Philipp B.“, nahm bei einem Selbstmord-Anschlag der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) 20 Menschen mit in den Tod.
Mit den Lohbergern und mit friedfertigen Muslimen hat das nichts zu tun, sind sich Politiker und Kirchenvertreter auch während der Feiern in Lohberg einig. Der Integrationsbeauftragte der 70.000 Einwohner-Stadt Dinslaken, Burhan Çetinkaya, hatte als Moderator des Eröffnungsfests den evangelischen Superintendenten Friedhelm Waldhausen, den stellvertretenden katholischen Dechanten Herbert Werth sowie Imam Ahmet Sen zum Gebet auf die Seebühne geladen.
Wo internationale Künstler mit den Lohbergern bald eine Kraft- und Energiezentrale und ein Kreativ-Cafe als Forum des Austauschs über das neue Lohberg gestalten, zitierten sie vor etwa 1.000 Zuhörern die Bergpredigt und den Koran. Zu hören waren Worte wie „Friedfertige werden Gottes Kinder heißen“, „Allah lehrt im Koran, dass wir alle gemeinsam vor unserem Schöpfer stehen“ oder „Jesus ist kein martialischer Heilsbringer, sondern einer, der dient“. Auf türkisch verurteilte der Imam auch, „dass Menschen den Namen Allahs missbrauchen, Muslime und andere quälen und sich anmaßen, über andere zu richten“. Weit über 1.000 Unterschriften für ein friedliches Zusammenleben haben Bürger zuletzt in Dinslaken gesammelt.
Groschek sprach zur Eröffnung auch davon, dass hier „Mut-Bürger“ das Wohn- und Freizeitquartier nahe dem neuen See und auf dem Gelände der alten Zeche gestalten und nutzen sollten. „Mut-Bürger“ sind auch beim Zusammenwachsen des Areals mit dem alten Lohberg jenseits der Park-Zufahrt gefragt. „Unser Park ist mehr als nur ein Gewinn, durch Randalierer – Jugendbanden aus dem Stadtteil – sind aber bereits in den letzten beiden Wochen insgesamt 17.000 Euro Schaden entstanden“, ärgerte sich Park-Nachbar Gregor Voltz (58), der vor der Zechen-Schließung auf dem Pütt arbeitete.
Salafisten zurückzudrängen, meinte Voltz, sei mit einfachen Mitteln nicht zu leisten. „Vielleicht finden sich Aktive, die den Park schützen und gelangweilten Jugendlichen mit Zivilcourage entgegentreten.“ Rat-, aber nicht ganz hoffnungslos zeigte sich Tanja Gluhic (37): „Zumindest sammelt die SOS-Gruppe ausländischer Jugendlicher seit 2012 Müll und kümmert sich auch sonst um den Stadtteil.“ Sozial bleibe aber noch viel zu tun rund um den neuen, schönen Bergpark. (KNA)