Auch drei Jahre nach dem Auffliegen der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gibt es keine Fortschritte in der Aufklärung der Mordserie. Scharfe Kritik kommt jetzt aus der muslimischen Community – man erinnert an das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
In der muslimischen Community brodelt es. „Wir bestehen auf eine lückenlose Aufklärung“, so Mustafa Yeneroğlu, stellvertretender Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) anlässlich des bevorstehenden dritten Jahrestages seit dem Bekanntwerden des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU).
Es ist der 4. November 2011. Vor drei Jahren starben bei einem Wohnwagenbrand die beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Eisenach. Nach einer Wohnungsexplosion in Zwickau stellt sich die mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe den Behörden. Doch auch drei Jahre nach der Entdeckung der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gibt es weiterhin viele offene Fragen.
Mitten in Deutschland hat eine rechte Terrorzelle Bombenanschläge, Mordanschläge und Banküberfälle begangen. Mehr als 13 Jahre lang haben die Täter unbehelligt gemordet und sich im Untergrund versteckt – begünstigt durch das Totalversagen der Sicherheitsbehörden. Schaut man sich die jüngsten Berichte der NSU-Untersuchungsausschüsse an, gewinnt man sogar den Eindruck, dass die Fahndung nach den Tätern durch die Behörden sabotiert wurde.
„Dieses Armutszeugnis trifft uns besonders hart und erschüttert unseren Glauben in die Sicherheitsbehörden. Umso mehr ist eine lückenlose Aufklärung sämtlicher Vorgänge und aller offenen Fragen unumgänglich. Das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel während des Staatsaktes zum Gedenken an die NSU-Opfer ist nach wie vor nicht eingelöst. Wir werden so lange daran erinnern, bis alle offenen Fragen beantwortet sind“, sagt Yeneroğlu.
Das, was bisher geboten wurde, gleiche mehr einer „Theateraufführung“ als einem aufrichtigen Willen, den Skandal tatsächlich aufzuarbeiten und die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. „Dazu zählt das Hin und Her in einigen Ländern über das Ob einer Einrichtung eines Untersuchungsausschusses genauso wie der lasche und verantwortungslose Umgang der Sicherheitsbehörden mit Informationen zum NSU, die nach und nach zutage treten. Auch die vermeintliche Umsetzung von Handlungsempfehlungen der bereits abgeschlossenen Untersuchungsausschüsse erinnert mehr an einen falschen Film als an ein ernsthaftes Bemühen, Lehren aus diesem Desaster zu ziehen“, sagt Yeneroğlu.
Fast jeder Spur waren die Behörden nachgegangen, nur nicht den Spuren, die sie hätten auf die Fährte der rechtsextremen Terrorzelle bringen können. Ein rassistisches Motiv wurde von den Ermittlern von vornherein ausgeschlossen. Stattdessen ermittelten die Behörden im Familienumfeld der Opfer. Zeugen, die Aussagen machten und richtige Angaben zu den Tätern gaben, wurden nicht weiter angehört und ernst genommen.
„Döner-Morde“ titelten die Medien über die rassistisch motivierten Morde. Damit wurden die Opfer zu Tätern gemacht und den Familien weiteres Leid zugefügt. Die Ermittler erzählten sogar den Ehefrauen der Opfer, ihre Ehemänner hätten sie betrogen, nur um ein Geständnis zu entlocken.
Die Ermittler wurden durch die verschiedenen Untersuchungskommissionen und den NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München an den Pranger gestellt. Eklatantes Versagen der Behörden, strittige Ermittlungsstrategien und Totalausfälle waren das bisherige Ergebnis über die Arbeiten der Menschen, die für unsere Sicherheit in Deutschland sorgen sollen. Hinzu kamen Aktenvernichtungen, Erinnerungslücken und viele weitere Skandale.
Eine wirkliche Aufklärung hat es in dem Fall bis heute nicht gegeben. Immer noch warten die Angehörigen der Opfer vergeblich auf Antworten, ebenso wie die Öffentlichkeit.