Barbara John kritisiert, dass weiterhin kein Verantwortlicher für die Mordserie der rechten Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) zur Rechenschaft gezogen wurde. Sie verlangt auch eine bessere Umsetzung der Vorschläge des Untersuchungsausschusses im Bundestag zum NSU.
Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der rechten Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU), Barbara John, hat anlässlich des 3. Jahrestages der Enttarnung der Gruppe um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe kritisiert, dass nur unzureichend Konsequenzen aus der Mordserie gezogen worden seien. „Von den Vorschlägen des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages wurde kaum etwas umgesetzt“, sagte sie dem Kölner Stadt-Anzeiger (Dienstag-Ausgabe).
„Bei jedem Angriff auf einen Ausländer sollte beispielsweise aktiv nach möglichen rechtsradikalen Verursachern gesucht werden“, sagte John. Dies sei bei der Polizei längst noch nicht angekommen. Außerdem kritisierte John, dass nicht ein Verantwortlicher aus den Sicherheitsbehörden für die Fahndungspannen zur Rechenschaft gezogen worden sei. „Das mag sehr schwer sein. Aber es ist nicht einmal die Idee aufgekommen, überhaupt Rechenschaft zu verlangen.“
Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD), betonte anlässlich des Jahrestages, dass insbesondere „rassistische, fremdenfeindliche oder andere menschenverachtende Beweggründe und Ziele“ bei der Strafzumessung konsequenter berücksichtigt werden müssten.
„Die Arbeit der Ermittlungsbehörden muss sich weiter grundlegend ändern. Wir brauchen dringend mehr Menschen mit Migrationsgeschichte in den Behörden, um die Sichtweisen nachhaltig zu erweitern“, sagte Özoğuz. Expertenwissen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft müsse öfter hinzugezogen werden. Die Ermittlungsbehörden müssten zudem Hinweise auf einen rassistisch oder anderweitig politisch motivierten Hintergrund besser dokumentieren und diesen nachgehen.
Barbara John machte auch auf die weiterhin schwierige Lage der Opferfamilien aufmerksam. „Die Familien der Opfer sind dabei, wieder in die Normalität zurückzufinden. Dabei brauchen sie weitere Unterstützung“, sagte John. Vor allem müssten sie von der Gesellschaft einbezogen werden. Dies sei immer noch nicht der Fall, obwohl die Opferfamilien neben dem Verlust ihrer Familienangehörigen auch mit falschen Verdächtigungen von den Ermittlern und Behörden konfrontiert wurden.
Der NSU wurde heute vor drei Jahren enttarnt. Auch drei Jahre nach der Aufdeckung sind viele Fragen ungeklärt. Die Terrororganisation hat zehn Morde, mindestens zwei Anschläge mit Nagelbomben und 14 Banküberfälle verübt. Mehrere Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in den Bundesländern haben versucht, das Versagen der Behörden aufzuarbeiten. Das Gerichtsverfahren gegen Beate Zschäpe und weitere mutmaßliche Unterstützer des NSU geht unterdessen weiter, wurde wegen einer Erkrankung der Hauptangeklagten heute jedoch ausgesetzt.