Beim „Tag der Religionen“ in Osnabrück hat sich der „Runde Tisch der Religionen in Deutschland“ für ein verstärktes friedliches Miteinander ausgesprochen. Muslime beklagten, es sei hierzulande nicht leicht, sich mit Aufrufen zum friedfertigen Miteinander die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Der „Runde Tisch der Religionen in Deutschland“ hat zu einem friedlichen Miteinander der Glaubensgemeinschaften in Deutschland und weltweit aufgerufen. Es müsse gelingen, „das friedfertige Potenzial der Religion“ wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen, sagte der evangelische Bischof von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, am Donnerstag (06.11.2014) beim bundesweiten „Tag der Religionen“ in Osnabrück. Leider habe sich das Klima in den vergangenen Monaten auch angesichts des extremistischen Terrors zum Schlechten verändert. Mit Religion verbänden sich in der Gesellschaft zurzeit auch wieder „bestimmte Facetten der Gewalt“.
Burhan Kesici vom Islamrat für die Bundesrepublik erklärte, es sei für die Muslime hierzulande nicht immer leicht, sich mit Aufrufen zu einem friedfertigen Miteinander die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Die Aufrufe kommen nicht so an, wie wir uns das wünschen.“ Zugleich kritisierte er, dass Koranzitate aus dem Zusammenhang gegriffen werden. Aus dem Koran könne niemand Gewalt ableiten. Rafet Öztürk von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) warb für gemeinsame Aktionen von Christen und Muslimen in den Gemeinden etwa für Kinder und Jugendliche. Beispiele zeigten, dass mit ihnen eine Radikalisierung vermieden werden könne.
Der katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke rief die Muslime in Deutschland auf, sich noch deutlicher und lauter von Gewalt im Namen des Islam zu distanzieren. Er würdigte in diesem Zusammenhang Veranstaltungen der Muslime gegen den Missbrauch von Religionen als Begründung für Hass, Gewalt und Krieg wie etwa die „Feier für den Frieden“ im September in Frankfurt. Genauso notwendig sei es aber, dass „Christen auf die Straße gehen“, wenn irgendwo wieder eine Moschee angegriffen werde. Notwendig sei jetzt eine „große Koalition“ der Religionen in Deutschland.
Mit Blick auf die Salafistenszene in Deutschland mahnte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei der zentralen Veranstaltung in Osnabrück als Hauptredner eine differenzierte Sichtweise auf den Islam an. Es gehe darum, „den Extremisten nicht die Deutungshoheit zu überlassen“ über die gesamte Glaubensgemeinschaft der Muslime. Die Taten der Terrorgruppe IS täten denen Unrecht, die einfach ihren Glauben lebten.
Pistorius rief dazu auf, die Grenzen deutlich zu ziehen. Salafisten missbrauchten die Religion, um ihre fehlgeleiteten Vorstellungen vom Islam durchzusetzen. Dafür dürfe nicht der Islam in Haft genommen werden. Zugleich kündigte Pistorius an, das Land Niedersachsen werde alles daran setzen, um die für den 15. November geplante Anti-Islamismus-Demonstration von Hooligans in Hannover zu verhindern. „Wir werden versuchen, diese Veranstaltung nicht zu genehmigen.“ Sollte das nicht gelingen, werde Niedersachsen zum einen durch seine Polizei, zum anderen durch möglichst große Gegendemonstrationen zeigen, dass in der Landeshauptstadt kein Platz für rechte Rassisten und Feinde der demokratischen Grundordnung sei.
Den „Runden Tisch der Religionen in Deutschland“ würdigte Pistorius als Beispiel für ein gutes Miteinander der Kulturen und Religionen hierzulande. Die Mitglieder klammerten kritische Themen nicht aus und trügen so gerade zu mehr Toleranz untereinander bei. Der Staat schütze die Religionsausübung und fördere etwa den Religionsunterricht an Schulen, weil die Religionen entscheidend zum gesellschaftlichen Frieden beitrügen und viel Gutes in ihrem Namen geschehe. Religionsfreiheit aber könne es nur geben, wenn alle Religionen ihre Grenzen akzeptierten. Die lägen jeweils dort, wo die Freiheit der anderen eingeschränkt werde, so der frühere Bürgermeister von Osnabrück.
Dem 1998 gegründeten „Runden Tisch der Religionen in Deutschland“ gehören Vertreter der Kirchen, der islamischen Religionsgemeinschaften, der jüdischen Religionsgemeinschaft, der Baha’i und der Buddhisten an. Er kommt zweimal im Jahr zusammen. Er dient der Information über Aktivitäten und formuliert Stellungnahmen der Religionsgemeinschaften zu gesellschaftlichen Fragen. Zudem initiierte er vor zwölf Jahren den bundesweiten „Tag der Religionen“, der jährlich in verschiedenen deutschen Städten stattfindet. (KNA/iQ)