Parteiübergreifende Kritik am Vorstoß der rheinland-pfälzischen CDU-Chefin Julia Klöckner für ein Burka-Verbot. Die Forderung sei „völlig überflüssig“ und „populistisch“. Probleme gibt es auch von Rechtswegen.
Der Vorstoß von CDU-Vizechefin Julia Klöckner für ein Verbot von Ganzkörperschleiern in Deutschland ist parteiübergreifend auf Ablehnung gestoßen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Dienstag der Bild-Zeitung: „Die Burka ist sicher kein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz, sondern steht eher für die Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen.“
Ein Verbot wäre jedoch laut Herrmann „nicht verhältnismäßig“ und sei damit auch kein „politischer Handlungsschwerpunkt“, weil „Burkas in Bayern – von gelegentlichen Touristen aus Arabien abgesehen – praktisch nicht vorkommen“ würden. Allerdings müsse der Staat immer und überall für Menschenwürde und Gleichberechtigung stehen. „Deshalb hätte eine vollständige Verschleierung an Behörden oder Schulen überhaupt keinen Platz.“
Als erstes Mitglied der CDU-Bundesführung hatte sich die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner für ein Burka-Verbot in der Öffentlichkeit ausgesprochen. Die rheinland-pfälzische Fraktions- und Parteichefin sagte im Interview mit der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post (Montagausgabe): „Die Burka-Vollverschleierung steht für mich nicht für religiöse Vielfalt, sondern für ein abwertendes Frauenbild.“
Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) und der Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration, Miguel Vicente, übten ebenfalls scharfe Kritik an den Forderungen von Klöckner. Die Verbots-Diskussion sei „völlig überflüssig“. Solche „populistischen Forderungen“ würden einzelne Bevölkerungsgruppen oder Religionsgemeinschaften in ein schlechtes Licht rücken und Vorurteile schüren.
Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour lehnt ebenfalls ein Burka-Verbot ab: „Das Problem sind nicht die Frauen, die sie tragen, sondern die Männer dahinter, die sie dazu zwingen. Ein Verbot würde nur dazu führen, dass diese Männer ihre Frauen nicht mehr auf die Straße lassen. Und damit ist keinem geholfen.“
Bedenken überwiegen auch bei der evangelischen Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber: „Es sollten gravierende Gründe vorliegen, um ein generelles Kleiderverbot zu verhängen. Ich kann das Unbehagen im Blick auf die Vollverschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit nachvollziehen, dennoch muss es nicht gleich in einer Gesetzesänderung münden.“ Die Zahl der betroffenen Frauen sei zudem verschwindend gering. „Hier sollte deshalb besonnen und mit Augenmaß agiert werden.“
Aiman Mazyek, Chef des Zentralrats der Muslime (ZMD), sagte der Zeitung: „Die Burka ist unser geringstes Problem. Solange bestens qualifizierte Migrantinnen keinen Job finden, nur wegen ihres fremden Namens oder Aussehens, sollten wir die Integrationsprobleme in der richtigen Reihenfolge anpacken: Erst weg mit Diskriminierungen, dann löst sich das Thema Burka, das ohnehin ein Randthema ist, von selber.“
Auch rechtlich scheint ein von Klöckner gewünschtes Burka-Verbot nicht machbar zu sein. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hatte, wie die Grünen in Rheinland-Pfalz bemerkten, bereits im März 2010 darauf hingewiesen, dass das Tragen einer Burka im öffentlichen Raum nicht verboten werden könne. Klöckner, die damals mit im Bundestag saß, scheint das nicht mitbekommen zu haben. (KNA/iQ)