Spanien

Katholische Kirche versucht muslimisches Erbe auszulöschen

Die Mezquita-Catedral de Córdoba (Moschee-Kathedrale von Cordoba) gehört zum Weltkulturerbe. Der Bau ist grandios und Zeitzeuge der Reconquista in Spanien. Jetzt versucht die Katholische Kirche das „muslimische“ an der Mezquita zu streichen.

06
12
2014

Versucht die Kirche das muslimische Erbe und die muslimische Vergangenheit in Cordoba auszulöschen? Dies wirft die andalusische Regionalregierung der Katholischen Kirche vor. Die Kirche versuche aus den Broschüren und Informationsschildern der einstigen Moschee und heutigen Kathedrale von Cordoba zu tilgen. Andalusiens Tourismusminister Rafael Rodriguez sprach laut spanischen Medienberichten vom Freitag von einem „fundamentalistischen Verhalten“ der Kirche, die ihren religiösen Glauben über die Geschichte und den gesunden Menschenverstand stelle.

Kommende Woche wolle die Regionalregierung dem Bischof von Cordoba ihre Sorge darüber bekunden, dass die Diözese die Bezeichnung „Moschee“ aus den offiziellen Informationsbroschüren entfernt habe, kündigte der Minister an. Das Gebäude sei als Kathedralen-Moschee zu Weltruhm gekommen und gerade als Symbol der Eintracht zwischen verschiedenen Religionen 1984 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt worden. „Den Moschee-Begriff zu streichen, ist unfassbar und schadet dem Tourismus“, so Rodriguez.

100.000 fordern: Katholischer Kirche die Aufsicht entziehen

Er äußerte sich nach einem Treffen mit Vertretern der Petitionsplattform Change.org, auf der sich fast 100.000 Personen dafür aussprachen, der katholischen Kirche die Aufsicht über das Gotteshaus im südspanischen Cordoba zu entziehen und sie unter staatliche Kontrolle zu stellen. Unter dem Motto „Kathedralen-Moschee von Cordoba: Das Erbe aller“ startete eine Gruppe von Geschichtsprofessoren, Juristen und Journalisten bereits Ende 2013 die Petitionsinitiative, um eine „juristische, wirtschaftliche und symbolische Vereinnahmung“ seitens der Kirche zu stoppen.

Die Gruppe wirft dem Bischof von Cordoba, Demetrio Fernandez Gonzalez, vor, nach und nach die muslimischen Symbole aus der Kathedrale entfernen zu lassen. Die Regionalregierung prüft seit einiger Zeit die Forderungen der Petitionsinitiative und die rechtlichen Ansprüche auf eine staatliche Kontrolle des Gebäudes.

Hintergrund

Das im Jahr 784 begonnene Bauwerk gehört mit rund 23.000 Quadratmetern zu den größten Sakralbauten der Welt und wurde von den muslimischen Emiren und Kalifen von Cordoba errichtet, die bis ins Hochmittelalter über große Teile Spaniens herrschten. Nach der Rückeroberung Spaniens durch die katholischen Könige 1492 (Reconquista) wurden die Muslime aus Andalusien vertrieben und ermordet. Die Hauptmoschee des Kalifenreiches wurde in eine katholische Kirche umgewandelt. Ihre Moschee-Struktur blieb erhalten, während einige christliche Bauelemente ergänzt wurden. (KNA)

Leserkommentare

Dr. phil. Milena Rampoldi sagt:
Interreligiöser Dialog sieht wohl anders aus. Und ein gemeinsames Vermächtnis der Religionen auch. Ich würde mir mal ein Beispiel an der Hagia Sofia in Istanbul nehmen und wohl nicht an der al-Aqsa... ProMosaik e.V. wünscht sich eine Welt ohne Religionskriege. Dankend Dr. phil. Milena Rampoldi von der Redaktion von ProMosaik e.V.
06.12.14
18:44
orhan esen sagt:
es könnte beld vorbei sein mit der hg sophia ...
12.12.14
2:15
Malte sagt:
Mir ist nicht klar, welches Beispiel man sich an der Hagia Sofia in Istanbul nehmen soll. Die wurde von Muslimen gestohlen und in eine Moschee umgewandelt. Statt sie den Christen zurückzugeben, wurde sie von Attatürk, gegen den Widerstand der Muslime, in ein Museum umgewandelt. Und es gibt immer wieder Rufe muslimischerseits, diese ehemalige Kirche wieder als Mosche zu nutzen. Den interreligiösen Dialog kann ich da auch nicht erkennen.
05.01.15
17:07
Amina sagt:
In Spanien geht es weit mehr als um die Benennung der Mezquita. Die Moschee gilt als Symbol der convivencia. Ein Gesellschaftsmodell in dem die drei monotheistischen Religionen mehr oder weniger nebeneinander und miteinander existieren konnten. Seit der Reconquista bzw. ihrem Ende 1942 versucht man das muslimische Erbe aus der Geschichte zu tilgen, es zu schmählern, ja sogar zu pervertieren. Der Spanier hat seine Identität mit dem alleinigen Bezug auf die katholische Kirche erst entwickelt. Als rigorose Abgrenzung zum Islam. Nach Francos Tod 1975 verlor die Kirche immer mehr an Macht. Die Spanier wollten aus ihrer Lethargie raus. Die Kirche galt ihnen als Bremse der Modernisierung. Das repressive System, welches die Kirche in den Anfangsjahren massiv und rückhaltlos unterstützte, hinterließ eine deutliche Lücke bei der Formierung einer neuen spanischen Identität. Die Kirche konnte die Gesellschaft nicht mehr zusammenhalten. Viele Spanier wendeten sich ernüchtert von ihr ab und suchten sich anderswo Identitätsbausteine. Seither ist die Kirche gegen alles was 'ihre' Spanier von ihr abdrängt. Kapitalismus, Sozialismus, alle Religionen und Glaubensrichtungen die eine potenzielle Gefahr für sie darstellen usw. Es geht also mal wieder um Macht. Da Muslime in Spanien nach der Vertreibung der letzten Ansässigen im Jahre 1609 seit den 80er Jahren quasi ein Revival erleben, angetrieben durch Immigration, Öffnung Spaniens usw. und viele Spanier seither zum Islam ,laut ihrer Darstellung, zurückgefunden haben eine potenzielle Gefahr im Kampf um die religiöse Deutungshohheit im Land darstellen werden sie auf anderen, oft politischen Wegen von dem System der Kirche unterdrückt. Sie werden entweder abgewertet oder es wird wie ehedem versucht die muslimische Herrschaftszeit als ein Fiasko erscheinen zu lassen. Es wird argumentiert dass der Spanier erst in Abgrenzung zum Islam seine Identität entwickelt hat. Dass die Zeit der convivencia garnicht so rosig war wie es allgemein in den Geschichtsbüchern dargestellt werde. Wie kann man auch ein Gesellschaftsmodell gutheißen, das unter muslimischer Herrschaft etabliert wurde, unter Nicht-Christen, den Antagonisten schlechthin. Sowas muss man umdeuten. Symbole sind dafür prädestiniert. Erst fängt man mit den scheinbar kleinen Dingen an, wie das Weglassen solcher Symbole die für die Blüte jener Zeit standen und heute bezeugen, dass Muslime keine Monster waren sondern im Gegenteil einen hohen Beitrag zum zivilisatorischen Fortschritt jener Zeit geleistet haben. Im nächsten Schritt bekämpft man aufs neue die Muslime oder allgemein die Minderheiten im Land um so die ehemaliger Vormachtstellung herzustellen. Sieht so die Entwicklung des rationalen Menschenverstandes aus?? P.S. Ich würde weder sagen dass die Haga Sofia noch die Mezquita von dem jeweils anderen gestohlen wurde. Warst du dabei und kannst du bezeugen dass es so war? Sicherlich nicht. Denk dran, die Geschichte wird immer aus der Sicht der Machthaber geschrieben. Auch heute noch!
07.01.15
18:01
Amina sagt:
Entschuldigung... Zahlendreher. Die Reconquista war dann endlich 1492 von offizieller Seite als beendet erklärt worden :-)
07.01.15
18:04
Micha sagt:
Das ist ja alles schön und gut, dass Spanien quase ein Paradies war, als die Muslime dort geherrscht haben. Man darf aber nicht vergessen, dass die Muslime als Eroberer gekommen sind und das Land unterworfen haben. Folglich war absehbar, dass sie irgendwann auch wieder vertrieben werden. Dass dies mit derartiger Härte geschehen ist, könnte auch ein Hinweis auf die Art der Herrschaft der Muslime sein. Offenbar waren nämlich zumindest die Christen dort mit der Unterwerfung unter den Islam nicht zufrieden. Und das war auch ihr gutes Recht. Wer möchte schon unter einer Fremdherrschaft leben.
08.01.15
16:05