Wer kennt sie nicht, die kleine gelbe Familie aus Springfield? Die gelbe Familie wird bald 25 Jahre alt. Zeit um sich mal genauer anzuschauen, wie die Serie mit dem Thema Religion umgeht. Ein Beitrag von Michael Merten (KNA).
Es reicht – die Ordensschwester hat genug gehört. Barsch fordert sie ihren frechen Schüler Bart Simpson auf: „Streck deine Arme aus, wie unser Herr am Kreuz.“ Sie legt ihm dicke Lexika darauf und sagt: „Und nun stell dir vor, wie das wäre, wenn du Nägel in deinen Händen hättest.“ Keck antwortet Bart: „Die würden mir helfen, die Lexika hochzuhalten“, was ihm prompt eine Züchtigung mit dem Lineal einbringt.
Der zehnjährige Bart Simpson, seine Schwestern Lisa und Maggie, die Eltern Marge und Homer: Obwohl es lediglich Zeichentrickfiguren sind, zählen sie zu den berühmtesten amerikanischen Familien. Vor 25 Jahren, am 17. Dezember 1989, startete im US-Fernsehen die erste Staffel der „Simpsons“. Die Serie, ab 1991 auch in Deutschland ausgestrahlt, wurde rasch ein Welterfolg.
Sie sind gelb, sie sind schrill und überdreht – doch eine harmlose Kinderserie, das sind die Simpsons gewiss nicht. Vielmehr schuf der studierte Philosoph Matt Groening eine bissige Satire des konsumorientierten, westlichen Lebensstils. Allen voran Homer, der nur wenig mit seinem griechischen Namensvetter gemein hat: Ein fauler, sich durchmogelnder, bisweilen jähzorniger, aber dennoch grundsympathischer Biertrinker.
Wenn er nicht gerade bei der Arbeit als Sicherheitsbeauftragter im Springfielder „Nukularkraftwerk“ ein Nickerchen hält, legt er sich ganz gerne mit Gott und der Welt an. Mit Gott? Jawohl! Denn das Thema Religion zieht sich wie ein roter Faden durch die Welt der Simpsons.
In der vierten Staffel begegnet Homer seinem Schöpfer. An einem bitterkalten Sonntag weigert er sich, zur Kirche zu gehen, wo seine Familie mit der bibbernden Gemeinde ausharrt. Während der Pfarrer, Reverend Lovejoy, eine langatmige Messe feiert und seinen Schäfchen rät: „Konzentrieren wir uns auf die Klagelieder Jeremiae in der langen Fassung“, lümmelt sich Homer auf der heimischen Couch. Im Traum erscheint ihm ein verständnisvoller Allmächtiger, der bekennt:„Manchmal würde ich mir auch lieber ein Footballspiel anschauen.“
Gott als Footballfan? Das ist nicht jedermanns Humor. „Es gibt sicher Gläubige, die sich durch diese Art der Darstellung angegriffen fühlen“, weiß Johannes Heger. Der Freiburger Religionspädagoge und Simpsons-Fan hat zu der Fernsehserie geforscht. Er betont, dass es jedoch nicht die Religion an sich sei, über die sich die Macher lustig machen. Gott etwa werde respektvoll in einem Lichterglanz dargestellt; sein Gesicht sei nie zu sehen.
„Was karikiert wird, ist eher der Umgang der Charaktere mit der Religion“, erklärt Heger. Er verweist auf fromme, aber doch sehr schräge Typen – etwa den streng bibeltreuen Nachbarn Ned Flanders, der felsenfest an eine kreationistische Entstehung der Welt glaubt – „so sicher wie ich weiß, dass Jesus Hiphop hasst“. Außer den erst in jüngeren Folgen auftauchenden Muslimen hat fast jede Weltreligion einen etablierten Charakter in der Serie, vom jüdischen Clown Crusty bis zum Buddhismus, mit dem Barts Schwester Lisa liebäugelt.
Der Rest der Familie Simpson gehört einer protestantischen Gemeinde an, die „der westlichen Auslegung des amerikanischen Reformpresyblutheranismus“ folgt, wie Lovejoy erklärt. Die gibt es in der Realität nicht wirklich. Heger betont: „Die Darstellung von Kirchen- und Gemeindeleben zielt weniger auf konfessionelle Zuordnung, sondern darauf, das Christentum der westlichen Postmoderne zu spiegeln.“
Und die Simpsons-Macher spielen mit Rollenbildern und Klischees. Stichwort Fleisch(-eslust) – Marge stellt fest: „Katholiken sind ’ne zum Teil seltsame Bande. Keine Geburtenkontrolle, freitags kein Fleisch essen.“ Vielesser Homer sucht daraufhin das Gespräch mit einem katholischen Geistlichen und fragt ihn: „Ist es wahr… Ihr Priester dürft nie – ehm, Sie wissen schon?“
Als ihm der Seelsorger antwortet: „Ich gebe zu, das Zölibat ist eine unserer ernsteren Herausforderungen“, wundert sich Homer: „Das Zölibat? Ich hab die Fleisch-am-Freitag-Nummer gemeint.“ Stichwort Geschlechterrollen – Bart erklärt Marge: „Tut mir leid, Mum. Dies ist eine katholische Kirche. Bräute haben hier gar nichts zu sagen.“ So ziehen sich Glaubensthemen durch die bislang 26 Staffeln.
Die Folgen enden zwar meist versöhnlich. Doch ein kleiner Seitenhieb ist immer drin. Etwa, wenn Protestant Ned Flanders friedlich auf die Katholiken zugeht: „Können wir uns nicht vereinen“, um dann kämpferisch zu ergänzen: „und auf unsere wahren Feinde konzentrieren- monogame Schwule und Stammzellen?“ (KNA)