Der Schurarat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), quasi das Parlament der Glaubensgemeinschaft, hat die Position des Obersten Rates der IGGiÖ in Bezug auf das Islamgesetz gestärkt. Das neue Islamgesetz wird in seiner jetzigen Form ausdrücklich abgelehnt.
Das neue Islamgesetz, dass nach dem Willen von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) bereits im Januar vom österreichischen Parlament beschlossen werden soll, wird auch vom Schurarat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiö) scharf kritisiert. Der Schurarat unterstützt dabei die generelle Kritik des Obersten Rates am Islamgesetz. In einer Erklärung, die am Montag (22.12.2014) verbreitet wurde, bekräftigte man erneut die wichtigsten Position gegenüber dem neuen Islamgesetz.
Die Regierungsvorlage wird darin ausdrücklich abgelehnt. Man betont, dass die Stellungnahme aus der Begutachtungsphase aufrecht bleibe. Als besonders wichtig werden zudem vier Punkte genannt. Die IGGiÖ will ein Islamgesetz, dass in der Tradition von 1912, ausschließlich die Glaubensgemeinschaft umfasst. Andere Religionsgemeinschaften sollten in einem eigenen Gesetz behandelt werden, fordert die IGGiÖ. Es gebe ja schließlich auch kein „Christengesetz“ für die verschiedenen christlichen Konfessionen.
Die IGGiÖ wendet sich auch dagegen, dass der Bundeskanzler laut derzeitigem Gesetzestext, die Möglichkeit erhalten soll, die Rechtspersönlichkeit einer islamischen Religionsgesellschaft aufzuheben. Sie fürchten, der Bundeskanzler könnte auch unbescholtene Gesellschaften aufgrund einer öffentlichen Stimmung gegenüber Muslimen auflösen. Auch die im Gesetz behandelte theologische Fakultät stößt auf Widerstand. Diese sei zu ungenau formuliert und öffne Tor für Unstimmigkeiten, so die IGGiÖ.
Und ebenfalls wird auf den Punkt des Auslandsfinanzierungsverbots eingegangen. „Die Bestimmungen hinsichtlich des Verbots von Auslandsfinanzierung bilden weiterhin eine deutliche Schlechterstellung gegenüber anderen anerkannten Religionsgesellschaften und gefährden den laufenden Betrieb anerkannter Vereine, die in ihrer Tätigkeit längst zunehmend ein selbständiges österreichisches Profil entwickeln“, sagt die IGGiÖ. Der derzeitige Verlauf des öffentlichen Diskurses zum Thema „Auslandsfinanzierung“, der die Maßnahme in den Bereich der Deradikalisierung rücke, wirke schon jetzt stark rufschädigend.
Tatsächlich wurde die generelle Kritik von Muslimen und Experten am Islamgesetz aus der Phase der Begutachtung nur in geringem Maße angenommen. Kritiker bemängeln zudem die Sprache im Gesetzesentwurf, die von einem „Generalverdacht“ gegenüber Muslimen geprägt sei. Die zuständigen Minister planen das Gesetz gegen den Willen der IGGiÖ zu beschließen. Minister Ostermayer sprach in einer ersten Reaktion auf die Stellungnahme des Schurarates der IGGiÖ sogar ein Vetorecht ab, obwohl das Gesetz diese direkt betrifft. Das er dabei demokratische Strukturen in der Glaubensgemeinschaft vor den Kopf stößt – der Schurarat der IGGiÖ ist quasi das Parlament der Glaubensgemeinschaft – scheint nicht weiter zu stören.
Es wäre dennoch ein Novum in der österreichischen Geschichte, wenn man über den Kopf der Glaubensgemeinschaft entscheiden würde. Laut Beobachtern würde das bereits angekratzte Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaft sogar womöglich irreparabel beschädigt werden. Die IGGiÖ kann jedenfalls vorerst nicht rechtlich gegen das Gesetz vorgehen. Allerdings kann und wird sie vermutlich, wie aus inneren Zirkeln zu hören ist, beim Verfassungsgericht Beschwerde einlegen, wenn das Gesetz in dieser Form in Kraft treten sollte. (as)