In Luxemburg wurde eine Änderung des Religionsverfassungsrechts zugunsten der Trennung von Staat und Kirche verabschiedet. Muslime erhalten nun denselben Status als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft wie die christlichen Kirchen.
Im Großherzogtum Luxemburg wird das Verhältnis des Staates und der Religionsgemeinschaften auf eine neue Grundlage gestellt. Wie das katholische Erzbistum Luxemburg gestern (23.01.2015) mitteilte, unterzeichnen die Religionsgemeinschaften des Landes am Montag eine neue „Konvention“ mit der Regierung. Sie gilt für die Dauer von 20 Jahren. Erstmals unterschreibt neben den christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde auch die muslimische Gemeinschaft (Schura) des Landes – und wird damit eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft. Die Muslime stellen knapp drei Prozent der 550.000 Einwohner des Landes; etwa zwei Drittel der Bevölkerung sind katholisch.
Das neue Vertragswerk zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften ist ein heikler Schritt in der Neuregelung des Staat-Kirche-Verhältnisses in dem traditionell katholischen Land im Herzen Europas. Bei einer Abstimmung im luxemburgischen Parlament am Mittwoch stimmten nur die Abgeordneten der Regierungskoalition aus Liberalen, Sozialisten und Grünen für die neue Konvention. Die Fraktion der Christsozialen Volkspartei äußerte Bedenken, da wichtige verfassungsrechtliche Fragen noch nicht abschließend geregelt seien.
In den Tagen zuvor hatten die linksliberalen Regierungsparteien mit den Christsozialen allerdings einen grundsätzlichen Kompromiss über die künftige Stellung der Glaubensgemeinschaften mündlich vereinbart. Demnach soll in der neuen Verfassung ein Artikel über Staat und Kirchen enthalten sein, der für das staatliche Handeln die Prinzipien der Trennung, der Neutralität und der Unparteilichkeit» festschreibt. Ferner ermöglicht der künftige Verfassungsartikel, dass die Regierung mit den Religionsgemeinschaften besondere Vereinbarungen treffen kann, sofern die Mehrheit des Parlaments diesen zustimmt. Mit dieser Öffnungsklausel konnten die Regierungsparteien die für eine Verfassungsänderung benötigte Zustimmung der christsozialen Opposition absichern.
Der linksliberale Regierungschef des Landes, Ministerpräsident Xavier Bettel, sprach von einer historischen Stunde für sein Land. Er hatte eine Trennung von Staat und Kirche schon bald nach seinem Amtsantritt im Dezember 2013 angekündigt. Neben der Straffreiheit für Abtreibung und der Einführung der „Homo-Ehe“ zählt diese Trennung zu den Reformvorhaben seiner Regierung.
Bettel kündigte ferner eine drastische Reduzierung der staatlichen Zuwendungen an die Religionsgemeinschaften an. Sie sollen künftig nur noch knapp ein Viertel der bisher jährlich 23,2 Millionen Euro aus der Staatskasse erhalten. Der Rückgang betrifft vor allem die katholische Kirche. Zudem soll der bislang von der Kirche auf Staatskosten erteilte Religionsunterricht zugunsten eines staatlichen „Werteunterrichts“ weichen. Für die Religionslehrer will die Regierung eine Umschulung übernehmen und in einem Übergangszeitraum weiter ihre Gehälter bezahlen. Die Gehälter für die Geistlichen der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften sollen hingegen weiter vom Staat bezahlt werden.
Eine erhebliche Belastung könnte die künftige Regelung für die Instandhaltung der Kirchengebäude werden. Dafür kommt nach Willen der Regierung künftig nicht mehr der Staat auf, sondern die Kirchen. Wenn Kirchengemeinden ein Gotteshaus nicht mehr instandhalten können, sollen sie es demnach profanieren und für einen symbolischen Betrag an die Ortsgemeinde verkaufen, die sie dann als kulturelle Einrichtung nutzen kann.
Luxemburgs Erzbischof Jean-Claude Hollerich bezeichnete es in einer Rede an Mitarbeiter als „besonders schmerzlich“, dass der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen wegfalle. Positiv bewertete er, dass der neue, gemeinsame Werteunterricht auch Religionen thematisieren werde. Hollerich begrüßte die finanzielle Absicherung für die Geistlichen und betonte, dass die Kirche für ihre Gotteshäuser einen landesweiten Fonds einrichten werde. Zugleich kündigte der Erzbischof die Einberufung einer Diözesansynode an, um gemeinsam mit den Katholiken des Landes den Weg einer ärmeren, aber auch freieren Kirche in der und für die Gesellschaft festzulegen. (KNA)