Köln

Gebetsteppiche im Kölner Dom

Vor 50 Jahren verrichteten muslimische Gastarbeiter im Fastenmonat Ramadan ihr Abendgebet im Kölner Dom, weil es keine islamischen Gebetshäuser gab. Muslime empfanden diesen Akt als Symbol für die christlich-muslimische Verbundenheit.

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01
2015

Vor dem Hintergrund der heutigen Pegida-Demonstrationen wirkt es wie ein besonderes Zeichen von Respekt und Toleranz: Vor 50 Jahren, am 3. Februar 1965, versammelten sich Hunderte von muslimischen Gastarbeitern im nördlichen Seitenschiff des Kölner Doms. Sie hatten selbst keine eigenen Gebetsräume und wandten sich in der christlichen Kathedrale Richtung Mekka, um den Ramadan nach ihren Regeln zu beenden. Dabei wurden auf den Steinfliesen auch Gebetsteppiche ausgerollt.

Die Aktion war aber schon damals „sehr umstritten“, berichtet der Hausherr der Kathedrale, Dompropst Norbert Feldhoff, der vor einigen Wochen noch Schlagzeilen machte, weil er aus Protest gegen die Kögida-Islamkritiker die Dom-Beleuchtung abschalten ließ.

„Köln steht Kopf“ titelte vor fünf Jahrzehnten die Wochenzeitung Die Zeit – und meinte nicht den Karneval, sondern das ungewöhnliche muslimische Gebet im Herzen des katholischen Köln. Und die Kölnische Rundschau sprach gar von einem „Tag, der Religionsgeschichte gemacht hat“. Es blieb aber nur ein einmaliges Ereignis – auch weil die Kirchenoberen und nicht zuletzt der Vatikan Bedenken anmeldeten.

Zwiespalt bei verantwortlichen Kirchenvertretern

Die Genehmigung für das muslimische Gebet der türkischen Gastarbeiter unter christlichem Dach hatte damals wohl ein einzelnes Mitglied des Domkapitels gegeben, wie Feldhoff unter Bezug auf mündliche Überlieferung erläutert. Hundertprozentig sicher sei das aber nicht. „Sicher ist aber, dass das Domkapitel nachträglich die Entscheidung mitgetragen hat“, betont der Dompropst, der wenige Tage nach dem Ereignis in der Kathedrale zum Priester geweiht wurde. Genauso sicher sei aber auch, dass der damalige Kölner Erzbischof, Kardinal Josef Frings, der Aktion nicht zugestimmt habe.

Dabei ist der Gedanke gar nicht so abwegig, dass die Kirche Muslimen Räume für das Gebet zur Verfügung stellt. Immerhin hatte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) das Verhältnis der katholischen Kirche zum Islam neu bestimmt und Respekt gegenüber der Religion bekundet, die mit den Christen den Glauben an einen Gott teilt.

Empfehlung für muslimische Gebetshäuser

In der Folge empfahl in den 1970er Jahren die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, den muslimischen Mitbürgern Räume zur Verfügung zu stellen. Das Erzbistum Köln griff die Überlegung auf. Im Einzelfall könnten geeignete Gebäude den Muslimen zum Gebet überlassen werden, teilte Feldhoff als damaliger Generalvikar 1977 den Gemeinden mit. Indes: Kirchen und Kapellen sollten nicht diesem Zweck dienen. Zur Begründung wurde auf technische, psychologische und soziologische Gründe verwiesen. Zudem sei zu „beachten, dass Kruzifixe, Bilder und Statuen für Moslems ein Ärgernis“ seien.

Die Muslime, die vor 50 Jahren wenige Meter entfernt vom Dreikönigsschrein immer wieder ihr „Allahu akbar“ (Gott ist groß) ausriefen, haben sich an den christlichen Symbolen offensichtlich nicht sehr gestört. Jedenfalls bedankten sich die türkischen Gastarbeiter am Ende der Feier, indem sie für den Wiederaufbau des Doms spendeten. Und der Imam – so wird berichtet – lobte das Domkapitel für die brüderliche Geste. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Andreas sagt:
So sollte es immer sein. Wenn Gläubige gerade keine eignen Räumlichkeiten verfügbar haben, sollten andere Gläubige es als ihre Pflicht ansehen, auszuhelfen. Leider hat die einmalige Entscheidung damals nicht Schule gemacht. Die Argumente dagegen halte ich für fadenscheinig. Wenn sich die Muslime an den religiösen Symbolen der katholischen Christen gestört hätten, hätten sie dankend ablehnen können. Haben sie aber offenbar nicht, also haben sie es zumindest hingenommen, dass in einer katholischen Kirche nun einmal Kreuze mit Jesus daran hängen. Heute, 50 Jahra danach, sollte es so sein, dass Muslime nicht mehr auf solche Gesten angewiesen sind. Leider gibt es aber immer noch zu viele Widerstände, wenn es darum geht, ob eine Moschee gebaut werden darf. Ein Minaret, von dem am Ende auch noch ein Muezzin zum Gebet rufen soll, sorgt für noch mehr Aufregung. Dabei sollte es eigentlich das normalste auf der Welt sein, dass Muslime die Moscheen bauen dürfen, die sie haben möchten. Tatsächlich sollte es sogar so sein, dass dabei die unabhängigen Moscheevereine, also jenseits von DITIB z.B., finanziell aus Steuergeldern unterstützt werden, um nicht auf Zuwendungen aus dem Ausland angewiesen zu sein.
28.01.15
17:13
Burak sagt:
In den frühen Jahren der Gastarbeitergeneration in Deutschland waren solche Gesten keine Seltenheit, wie unsere Väter und Großväter berichten. Es wäre höchst interessant, wenn dieses Phänomen mal genauer untersucht werden würde, bevor uns die Zeitzeugen ausgehen. Vor allem in Zeiten von florierender Islamophobie in Europa könnte man sich anhand dieser zeitlich nicht allzu weit weg liegenden Beispiele eines Besseren besinnen. Interreligiöser Kontakt ist - sofern die theologischen Grenzen der eigenen Religion nicht überschritten oder verwischt werden - für ein friedliches Zusammenleben von existenzieller Bedeutung.
28.01.15
23:47