Der Versuch einer Berliner Grundschulleiterin, das Kopftuchverbot für Schülerinnen an ihrer Schule durchzusetzen, wurde vom zuständigen Schulamt gerügt. Antidiskriminierungsstellen fordern nun weitere Fälle aufzudecken und zu überprüfen.
Der Streit zwischen einer muslimischen Schülerin und einer Schulleiterin einer Grundschule in Berlin Wilmersdorf ist vorerst beendet. In einem Schreiben gab die Senatsverwaltung für Bildung nun der Schülerin Recht. Die Schulleiterin hatte sie unter Druck gesetzt, ihr Kopftuch abzulegen.
In dem Schreiben des Schulamtes heißt es: „Grundsätzlich ist die freie Religionsausübung ein Verfassungsrecht und gilt selbstverständlich auch in Schulen. Kopftuchverbote und Kopfbedeckungsverbote im Kontext von Religionsausübung sind streng rechtswidrig.“ Das Vorhaben der Schulleiterin bei einer Schulkonferenz jegliche Kopfbedeckungen, einschließlich religiöser Kopftücher zu verbieten, sei daher nicht legitim. Der Senat wies die Leiterin auf Ihre Pflicht hin, die Religionsfreiheit an der Schule zu garantieren.
Zuvor hatten die Eltern der Schülerin mit Unterstützung des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin (ADNB) und des Netzwerks gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit Inssan e.V., das Gespräch mit der Schulleiterin gesucht. Diese habe die Forderung der Schülerin jedoch nach dem Recht auf das Tragen eines Kopftuches, vehement abgelehnt. In anderen Berliner Schulen sei es schließlich auch gängige Praxis, das Tragen von Kopftüchern zu verbieten.
Inssan-Projektleiterin Aliyeh Yegane kritisiert, dass solche Fälle das mangelnde Bewusstsein und die mangelnden Kenntnisse über das Grundrecht der Religionsfreiheit und die Anwendung von Religionsrecht für Schüler demonstrieren. „Das Berliner Neutralitätsgesetz hat leider diese Haltung bei einem Teil der Lehrer und Schulen bestärkt und dazu geführt, dass das Tragen von Kopftüchern sowie andere Formen der Religionsausübung durch Schüler grundsätzlich als verboten betrachtet und abgelehnt werden“, bemängelt Yegane weiter.
„Trotz klarer Gesetzeslage, die Schülerinnen Religionsfreiheit garantiert, kommt es immer wieder zu Diskriminierungen von Kopftuch tragenden Schülerinnen. Wenn es tatsächlich noch andere Schulen in Berlin gibt, die ein solches Kopfbedeckungsverbot führen, ist das ein Skandal“, ergänzt Eva Maria Andrades, Projektleiterin des ADNB. „Wir erwarten jetzt von der Senatsverwaltung für Bildung, dass sie dem Hinweis auf rechtswidrige Kopfbedeckungsverbote nachgeht und alle Schulen anweist die Religionsfreiheit zu gewährleisten“, so Andrades weiter.
Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) lehnt diese Forderung jedoch ab. Ein solches Schreiben an alle Schulleiter sei nicht notwendig, da die Rechtslage eindeutig sei und keinen Interpretationsspielraum zulasse, so ihr offizieller Sprecher.
Insgesamt reagierten Berliner Politiker unterschiedlich auf diesen Vorfall. Die designierte Bürgermeisterin Neuköllns Franziska Giffey (SPD), begrüßt die Weigerung der Bildungssenatorin ein Rundschreiben an alle Schulleiter zu verfassen. Denn grundsätzlich sei es zu begrüßen, dass Schulleiter von Grundschulen darauf hinwirken, muslimische Grundschülerinnen vom Kopftuchtragen abzuhalten. Grundschulkinder sollen sich schließlich frei entfalten und bewegen können, so die zukünftige Bürgermeisterin.
Ganz anders bewertet die Piratenpartei diesen Sachverhalt. Sie unterstützt die Forderung des TBB. „Da ist ein klares Statement der politischen Spitze notwendig. Die Glaubensausübung einzuschränken geht gar nicht“, kritisiert der Bildungspolitiker der Piraten Martin Delius.