Berliner Grundschulen

Schulamt bestätigt Rechtswidrigkeit von Kopftuchverboten

Der Versuch einer Berliner Grundschulleiterin, das Kopftuchverbot für Schülerinnen an ihrer Schule durchzusetzen, wurde vom zuständigen Schulamt gerügt. Antidiskriminierungsstellen fordern nun weitere Fälle aufzudecken und zu überprüfen.

05
02
2015

Der Streit zwischen einer muslimischen Schülerin und einer Schulleiterin einer Grundschule in Berlin Wilmersdorf ist vorerst beendet. In einem Schreiben gab die Senatsverwaltung für Bildung nun der Schülerin Recht. Die Schulleiterin hatte sie unter Druck gesetzt, ihr Kopftuch abzulegen.

In dem Schreiben des Schulamtes heißt es: „Grundsätzlich ist die freie Religionsausübung ein Verfassungsrecht und gilt selbstverständlich auch in Schulen. Kopftuchverbote und Kopfbedeckungsverbote im Kontext von Religionsausübung sind streng rechtswidrig.“ Das Vorhaben der Schulleiterin bei einer Schulkonferenz jegliche Kopfbedeckungen, einschließlich religiöser Kopftücher zu verbieten, sei daher nicht legitim. Der Senat wies die Leiterin auf Ihre Pflicht hin, die Religionsfreiheit an der Schule zu garantieren.

Zuvor hatten die Eltern der Schülerin mit Unterstützung des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin (ADNB) und des Netzwerks gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit Inssan e.V., das Gespräch mit der Schulleiterin gesucht. Diese habe die Forderung der Schülerin jedoch nach dem Recht auf das Tragen eines Kopftuches, vehement abgelehnt. In anderen Berliner Schulen sei es schließlich auch gängige Praxis, das Tragen von Kopftüchern zu verbieten.

Kein Einzelfall in Berlin

Inssan-Projektleiterin Aliyeh Yegane kritisiert, dass solche Fälle das mangelnde Bewusstsein und die mangelnden Kenntnisse über das Grundrecht der Religionsfreiheit und die Anwendung von Religionsrecht für Schüler demonstrieren. „Das Berliner Neutralitätsgesetz hat leider diese Haltung bei einem Teil der Lehrer und Schulen bestärkt und dazu geführt, dass das Tragen von Kopftüchern sowie andere Formen der Religionsausübung durch Schüler grundsätzlich als verboten betrachtet und abgelehnt werden“, bemängelt Yegane weiter.

„Trotz klarer Gesetzeslage, die Schülerinnen Religionsfreiheit garantiert, kommt es immer wieder zu Diskriminierungen von Kopftuch tragenden Schülerinnen. Wenn es tatsächlich noch andere Schulen in Berlin gibt, die ein solches Kopfbedeckungsverbot führen, ist das ein Skandal“, ergänzt Eva Maria Andrades, Projektleiterin des ADNB. „Wir erwarten jetzt von der Senatsverwaltung für Bildung, dass sie dem Hinweis auf rechtswidrige Kopfbedeckungsverbote nachgeht und alle Schulen anweist die Religionsfreiheit zu gewährleisten“, so Andrades weiter.

Zwiespalt bei Berliner Politikern

Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) lehnt diese Forderung jedoch ab. Ein solches Schreiben an alle Schulleiter sei nicht notwendig, da die Rechtslage eindeutig sei und keinen Interpretationsspielraum zulasse, so ihr offizieller Sprecher.

Insgesamt reagierten Berliner Politiker unterschiedlich auf diesen Vorfall. Die designierte Bürgermeisterin Neuköllns Franziska Giffey (SPD), begrüßt die Weigerung der Bildungssenatorin ein Rundschreiben an alle Schulleiter zu verfassen. Denn grundsätzlich sei es zu begrüßen, dass Schulleiter von Grundschulen darauf hinwirken, muslimische Grundschülerinnen vom Kopftuchtragen abzuhalten. Grundschulkinder sollen sich schließlich frei entfalten und bewegen können, so die zukünftige Bürgermeisterin.

Ganz anders bewertet die Piratenpartei diesen Sachverhalt. Sie unterstützt die Forderung des TBB. „Da ist ein klares Statement der politischen Spitze notwendig. Die Glaubensausübung einzuschränken geht gar nicht“, kritisiert der Bildungspolitiker der Piraten Martin Delius.

Leserkommentare

Andreas sagt:
Wenn, wie von der berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres behauptet, die Rechtslage eindeutig ist und keinen Interpretationsspielraum zulässt, die Schulleiter jedoch entgegen dieser Rechtslage handeln, dann würde ich mal sagen, dass ein Rundschreiben, in dem auf die geltende Rechtslage hingewiesen wird, sehr wohl erforderlich ist. Umgekehrt müssen sich die Eltern natürlich fragen lassen, weshalb sie bereits Mädchen im Grundschulalter mit dem Kopftuch schmücken wollen. Letzlcih liegt das im übrigen auch in deren Erziehungsverantwortung und ich glaube nicht, dass das Kopftuch die Entfaltung und Bewegung der Mädchen verhindert.
06.02.15
13:23
Khadijah sagt:
Seit wir konvertiert sind bekommen wir sehr sehr viel Diskriminierungenen zu spüren. Es ist in Tübingen an der Grundschule und Geschwister Scholl Schule (Unesco Schule) das selbe. Verbot von Kopftüchern an der GSS. Muslime müssen bei Anmeldung unterzeichnen, dass ihre Töchter keine Kopfbedeckung in der Schule tragen werden. Wird dem nicht zugestimmt hat die Schule leider keinen geeigneten Platz frei. Ich beschwerte mich bei der UNESCO Organisation. Leider kam eine sehr unglückliche Antwort zurück. Sie hätten den Fall geprüft und KEINE Gesetzeswidrigkeit bzw. keine konträre zwischen dieser Schulpolitik und der UNESCO Politik festgestellt! Traurig! Die Kinder möchten aus religiöser Überzeugung im Grundschulalter ein Kopftuch tragen, zumindest ist das bei uns so. Jedoch hat meine Tochter große Angst vor der Schulleiterin die schön früher Schülerinnen in Kopftuch in den Boden stampfte mit Beleidigungen über das "schreckliche Aussehen" der Kinder! Was ist denn nun diskriminierender für eine Grundschülerin? Der Fakt, dass Sie das Kopftuch aus freien stücken tragen möchte oder so eine abwertende beleidigende Reaktion einer "Autoritätsperson"??? Viele Grüße einer Muslimah
06.10.15
8:08
Khadijah sagt:
Die Entfaltung und Bewegung soll das Kopftuch ganz und gar nicht verhindern. Im Gegenteil, wenn Du nur wüsstest wie viel innere Überzeugung und Kraft es kostet in Deutschland mit Kopfbedeckung herumzulaufen. Die Menschen nehmen keinerlei Rücksicht auf das Alter, sie beleidigen und bedrohen dich ganz offensiv. Aber unsere Überzeugung weshalb wir das Kopftuch tragen, nämlich die Hingabe was der Quran also Allah uns vorschreibt hat für uns mehr Gewicht als die Reaktion der Menschen darauf. Ergo Fazit: Muslimas müssen, wenn sie Standhaft sein wollen in Deutschland ganz viel Stärke und Charakter zeigen (Das lernen sie nur in einer intakten gesunden Familie). Wir sind nicht die unterdrückten Duckmäuser die man gerne in uns sieht, im Gegenteil auch wir lernen oder lernten Zähne zeigen wo es angebracht und nötig ist. Meine Tochter leidet keineswegs unter ihrem Kopftuch. Sie sieht aber sehr wohl die Unterschiede die die nicht Muslime zwischen den Muslimen machen, das verletzt sie und empfindet es als ungerecht. Und ich tue das auch. Diskriminierung in jeglicher Weise ist in meinen Augen abscheulich...
13.03.17
21:16