Muslimische Entdeckungen und Erfindungen

Bücher und Bibliotheken

In diesem Beitrag der IslamiQ-Artikelserie “Muslimische Entdeckungen und Erfindungen” geht es um die Liebe der Muslime zu Büchern und um renommierte Bibliotheken.

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02
2015
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Jeder kennt Edison, Einstein und Newton. Doch Ibn Dschazari, Ibn Haysam, Kindî und zahlreiche andere muslimische Wissenschaftler und ihre Entdeckungen sind nur den wenigsten bekannt. In dieser IslamiQ-Artikelserie sollen die Entdeckungen und Erfindungen muslimischer Gelehrter vorgestellt werden.

Die Leidenschaft der Muslime für Bücher

Muslimen lag das Sammeln von Büchern und die Erstellung von Bibliotheken am Herzen. Nicht nur die Bibliotheken in den Moscheen der größten Städte der islamischen Welt errangen große Aufmerksamkeit, sondern auch die Privatkollektionen einiger Muslime, die durch ihre Privatbibliotheken Ruhm erlangten. Die Handschriften, die das Interesse der gesamten islamischen Welt weckten, hatten die Größe der heutigen Bücher, waren beidseitig beschrieben und in dickes Leder eingebunden. Die staatlichen Bibliotheken waren so verbreitet, dass es unmöglich war, eine Moschee oder eine Lehranstalt zu finden, die nicht über eine Bibliothek verfügte.

Auch in den Berichten der Historiker fand die Begeisterung der Muslime für Bücher Erwähnung. So berichtet der Historiker Edward Gibbon, dass ein muslimischer Arzt eine Einladung des Sultans von Buhara ablehnte, weil er für den Transport seiner Bücher nach Buhara 400 Kamele benötigt hätte. Der muslimische Philosoph und Literat, Dschâhiz schrieb im 8. Jahrhundert 200 Bücher in 40 Jahren. Eins seiner Werke ist das siebenbändige „Buch der Tiere“, in dem er über die Staatenbildung der Ameisen, die Kommunikation zwischen den Tieren und Umwelteinflüsse berichtet. Weitere Bücher, die er schrieb, sind: „Die Kunst jemanden zum Schweigen zu bringen“ und „In Gegenwart von zivilen Angestellten“. Dschâhiz starb im Jahre 868 im Alter von 92 Jahren in seiner eigenen Bibliothek, nachdem ein Stapel Bücher auf ihn fiel.

Traditionell wurden die von Bücherliebhabern gesammelten Handschriften nach dem Tode des Besitzers an die Moschee- Bibliotheken gestiftet.

Der Historiker al-Dschabûri berichtet von einer türkischen Frau namens Nayla Hatun, die im Namen ihres Ehemannes, Murat Efendi, eine Moschee mit Bibliothek errichten ließ und dass ein Teil der Bücher von reisenden Gelehrten geschenkt wurden, die sich für die kostenlose Unterkunft und die Gastfreundschaft häufig mit einem Buch bedankten.

Renommierte Bibliotheken in muslimischen Städten

Vor der mongolischen Besetzung verfügte Bagdad über 36 Bibliotheken und mehr als 100 Buchhändler. In Kairo, Aleppo und den größeren Städten Irans, Mittelasiens und Mesopotamiens gab es ähnliche Bibliotheken wie in Bagdad. Sie stellten die Zentren wissenschaftlicher Arbeiten dar.

In der großen Umayyaden-Moschee der syrischen Stadt Aleppo, gab es die älteste Bibliothek, die „Sufiya“. Überlieferungen zufolge wurde ein Großteil der 10 000 vorhandenen Bücher von dem Prinzen Sayf ad-Dawla der Moschee gestiftet. Die Bibliothek im Zitouna-Moscheekomplex in Tunesien war die reichste der Bibliotheken in den muslimischen Ländern. Es wird berichtet, dass die abbassidischen Herrscher darin wetteiferten, diese Bibliothek, die Tausende von Büchern verfügte, zu bereichern und zu dessen Entwicklung beizutragen. So gab es dort zeitweilig mehr als 100 000 Bücher.

In der Bibliothek von Cordoba in Spanien, die den ummajjadischen Herrschern gehörte, gab es 600 000 Bücher. Die Äußerung des umayyadischen Kalifen, Hakem II., dass seine Leidenschaft für Bücher kostspieliger sei, als seine Staatsausgaben spricht Bände.

Die prächtige Form und Architektur der Bibliotheken rief ebenfalls Bewunderung hervor. Im 10. Jahrhundert beschreibt der Historiker Mukkaddasi die Bibliothek in der iranischen Stadt Schiraz folgendermaßen: „Die Gebäude waren von See- und Wasserstraßen umgeben. Sie hatten Kuppeln und verfügten über 3600 Zimmer im Unter- und Obergeschoss. In jeder Abteilung gab es über den Regalen ein Katalog, in dem die Bücher aufgelistet waren. Die Zimmer waren mit Teppichen belegt.“

Einige der Bibliotheken waren von den Moscheen getrennt, so auch in Schiraz, Kairo und Cordoba. Diese hatten Räume für verschiedene Verwendungszecke, darunter Leseräume, Räume zur Vervielfältigung von Büchern und für Literaturzirkel und verfügten über große Nutzungsflächen.

Ähnlich wie heute gab es in diesen vor 1 000 Jahren gegründeten staatlichen und privaten Bibliotheken ein Kategorisierungssystem, das den Lesern die Nutzung der Bibliothek erleichterte. Der Bibliothekar, hatte die Ermächtigung die Qualität der Quellen und ihre Anzahl zu prüfen.

Im Jahre 1950 umfasste der Bestand der Al-Azhar-Bibliothek in Kairo 120 000 Bücher in 60 verschiedenen Kategorien. Die Hakem-Bibliothek in Spanien verfügte über zahlreiche Bücher in 44 Kategorien.

Die Bücher konnten ähnlich wie heute ausgeliehen werden. Der muslimische Historiker Yakut berichtet, dass es möglich war 200 Bücher auszuleihen, ohne ein Pfand zu hinterlassen. Dies stellte wahrscheinlich eine Seltenheit dar, doch der Bericht veranschaulicht das Interesse der Menschen an Büchern. Bei der Bücherausleihe gab es einige Regeln, die beachtet werden mussten: Sorgsamer Umgang mit den Büchern, Vermeiden von Randnotizen oder Kommentaren, Einhalten der Abgabefrist, um nur einige zu nennen.

Der Berufsstand des Bibliothekars war angesehen und wurde von Menschen mit hohem Bildungsgrad, die befugt waren gegebenenfalls Strafen zu verhängen, ausgeübt. Zur Zeit der Herrschaft der muslimischen Berber in Nordafrika (Algerien und Marokko) im 12. und 13. Jahrhundert war der Posten des Bibliothekars einer der angesehensten Staatsränge. In all diesen Bibliotheken wurden wichtige Weisheiten und Bücher aufbewahrt. Der amerikanische Philosoph und Essayist Ralph Waldo Emerson sagte folgendes über Bibliotheken: „Bedenkt nur was sich selbst in den kleinen Bibliotheken befindet: Die Werke erfolgreicher, intelligenter Menschen, das Gedankengut aus 1000-jähriger Arbeit.“