Laut Religionsforscher der Universität Münster sind Rechtfertigungen für Gewalt weit entfernt von den traditionellen religiösen Auslegungen. Wichtig sei, die Mechanismen zu erkennen, die Gewalt produzieren und legitimieren, und diese kritisch zu analysieren.
Nach Einschätzung von Münsteraner Religionsforschern ist die Rechtfertigung von Gewalt kein Alleinstellungsmerkmal des Islam. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) mache aus dem Islam „in etwa das, was Pol Pot aus Karl Marx gemacht hat“, schreiben Gerd Althoff, Thomas Bauer und Perry Schmidt-Leukel in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montag). Die Autoren, ein Historiker, ein Islamwissenschaftler und ein Religionswissenschaftler, sind Mitglieder des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster.
Die Terroristen, so die Wissenschaftler, rechtfertigten ihre Gewalttaten zwar mit Argumenten der traditionellen Rechtsauslegung. „Sie erklären aber auch – gegen alle Tradition – alle Muslime, die nicht der eigenen Gruppe angehören, zu ‚Ungläubigen‘ und ignorieren die gewaltbegrenzenden Regeln des klassischen Kriegsrechts.“ Vom klassischen Islam seien die Terroristen damit genauso weit entfernt wie von jenem Islam, den die überwältigende Mehrheit der Muslime heute praktiziere.
Gewalt werde stets gerechtfertigt, wo sie zum Schutz religiöser Güter und damit zum Wohl des Menschen unvermeidlich erscheine, schreiben die Autoren weiter. Das gelte für die monotheistischen Religionen ebenso wie für den Buddhismus und den Hinduismus. „Nur zu gut“ könnten auch säkulare Ideologien „analoge Begründungsstrategien liefern“. Wichtig sei, die Mechanismen zu erkennen, die Gewalt produzieren und legitimieren, und diese kritisch zu analysieren. (KNA)