Religionsforscher

Rechtfertigung von Gewalt weit entfernt von traditionellen Rechtsauslegungen

Laut Religionsforscher der Universität Münster sind Rechtfertigungen für Gewalt weit entfernt von den traditionellen religiösen Auslegungen. Wichtig sei, die Mechanismen zu erkennen, die Gewalt produzieren und legitimieren, und diese kritisch zu analysieren.

17
02
2015

Nach Einschätzung von Münsteraner Religionsforschern ist die Rechtfertigung von Gewalt kein Alleinstellungsmerkmal des Islam. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) mache aus dem Islam „in etwa das, was Pol Pot aus Karl Marx gemacht hat“, schreiben Gerd Althoff, Thomas Bauer und Perry Schmidt-Leukel in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montag). Die Autoren, ein Historiker, ein Islamwissenschaftler und ein Religionswissenschaftler, sind Mitglieder des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster.

Die Terroristen, so die Wissenschaftler, rechtfertigten ihre Gewalttaten zwar mit Argumenten der traditionellen Rechtsauslegung. „Sie erklären aber auch – gegen alle Tradition – alle Muslime, die nicht der eigenen Gruppe angehören, zu ‚Ungläubigen‘ und ignorieren die gewaltbegrenzenden Regeln des klassischen Kriegsrechts.“ Vom klassischen Islam seien die Terroristen damit genauso weit entfernt wie von jenem Islam, den die überwältigende Mehrheit der Muslime heute praktiziere.

Gewalt werde stets gerechtfertigt, wo sie zum Schutz religiöser Güter und damit zum Wohl des Menschen unvermeidlich erscheine, schreiben die Autoren weiter. Das gelte für die monotheistischen Religionen ebenso wie für den Buddhismus und den Hinduismus. „Nur zu gut“ könnten auch säkulare Ideologien „analoge Begründungsstrategien liefern“. Wichtig sei, die Mechanismen zu erkennen, die Gewalt produzieren und legitimieren, und diese kritisch zu analysieren. (KNA)

Leserkommentare

Markus sagt:
Das ist alles schön und gut. In Kopenhagen haben aber dennoch junge Muslime an der Stelle, an der der Terrorist von der Polizei erschossen wurde, Blumen abgelegt. Begründung: Der Terrorist habe seinen Glauben verteidigt! Es scheint also durchaus Sympathie unter den Muslimen für die Islamisten zu geben, weil die doch immerhin den Glauben verteidigen und es den Ungläubigen mal zeigen. Solange die Muslime so tun, als gäbe es dieses Phänomen nicht, wird das Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber dem Islam sicherlich nicht merklich abnehmen. Es macht die Muslime ja auch nicht gerade glaubwürdig, wenn sie ein Phänomen leugnen, das für alle offensichtlich ist.
17.02.15
13:40
Peter sagt:
Ich habe nichts davon gehört, dass junge Muslime Blumen in Kopenhagen an der Stelle abgelkegt haben solen, an der der mutmaßliche Attentäter erschossen wurde. Das waren doch Nicht-Muslime, die das getan haben. Die jungen Muslime haben die Blumen wieder weggeräumt. Dass die allerdings mit dem mutmaßlichen Attentäter sympathisieren sollen, habe ich auch gehört. Einer hat tatsächlich gesagt, dass der mutmaßliche Attentäter doch nur seinen Glauben verteidigen wollte. Andere haben gesagt, er sei einer von ihnen gewesen.
18.02.15
10:42