Die Kalaschnikow-Titelseite der Focus-Ausgabe mit dem provokanten Titel: „Das hat nichts mit dem Islam zu tun. Doch!“ wollte vor allem eins: verkaufen. Das haben sie geschafft, wie die nun vorliegenden Absatzzahlen zeigen. Ein Erfolg auf dem Rücken von Minderheiten.
Das umstrittene Islam-Kalaschnikow-Cover des Focus mit dem provokanten Titel: „Das hat nichts mit dem Islam zu tun. Doch!“ hat gut verkauft, wie die nun vorliegenden Verkaufszahlen zeigen. Das Heft ging im Einzelverkauf 120.248 Mal über die Theke. Der Durchschnittswert der letzten 12 Monate von 72.050 wurde damit um etwa 50 % übertroffen. Ein Grund mehr, den Inhalt der Ausgabe genauer unter die Lupe zu nehmen.
Schon auf den ersten Blick fällt auf: Der Focus liefert nicht nur auf der Titelseite gewagte und fragliche Aussagen, sondern auch im Innern. Im Artikel „Unsere Freiheit, unsere Feigheit“ etwa wird ein vermeintlich zufällig ausgesuchter Demonstrant zitiert mit den Worten: „Der Hass wohnt im Herzen des Koran.“ Solche Laien-Meinungen zementiert der Focus gekonnt mit Expertenmeinungen. Beispielsweise mit einer Stellungnahme der Islamwissenschaftler von dem Institut für Islamische Studien an der Goethe Universität. Sie hätten im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Paris unter anderem Folgendes gesagt: „Wie kann so etwas kein Problem für die Muslime sein oder nichts mit dem Islam zu tun haben, wie es so häufig heißt?“
Was der Focus jedoch nicht abbildet, ist der Gesamtkontext dieses Zitats. Denn die Wissenschaftler monieren im Original, dass der Terroranschlag das Leben der Muslime „fundamental betrifft“, da sie so immer stärker unter Generalverdacht gestellt werden. Insofern sei dieser Terrorakt selbstverständlich ein Problem für Muslime und hätten deshalb auch etwas mit dem Islam zu tun.
Auch sonst nimmt der Pariser Terroranschlag großen Raum in der Zeitschrift ein. Zwar habe in Deutschland bisher kein islamistisch motiviertes Attentat stattgefunden, doch werde „das (…) nicht immer so bleiben“, ist Focus überzeugt. Wer glaube, dass der gewaltgeprägte Islam nur außerhalb Deutschlands stattfinde, sei „rosig“.
Erst auf den letzten Seiten der Titelgeschichte schlägt Focus andere Töne an. Plötzlich wird ausgeführt, wie friedliebend der Prophet Muhammad war, der seinen Gefährten sogar verbot, sich zu wehren und erst zur Waffe griff, als er gewaltsam ins Exil gezwungen wurde. Selbst einen Vergleich mit dem Alten Testament gewinnt der Koran und bekommt das Siegel „vernünftig und human“. Schließlich beginne der Koran mit den Worten: „Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen“.
Warum also dieses Cover und die in Summe reißerische Titelgeschichte, wenn der Islam nicht das Problem ist? Ist es eine künstlich hergestellte Ausgewogenheit, um das Absatz-Kalkül zumindest ein Stückweit zu retuschieren? Oder ist es eine Wiedergutmachung des islamfeindlichen Covers, das den Menschen mit pegidösen Denkmustern in die Hände spielt?
Jedenfalls scheint der Verkaufserfolg dieser Ausgabe Appetit auf mehr gemacht zu haben. Die Schlagzeile des aktuellen Focus-Covers: „Passt der Islam zu Deutschland?“ ziert sich ebenfalls vor einem weißen Hintergrund und erinnert stark an die Ausgabe mit dem Kalaschnikow. Mal schauen ob der neue Grundsatz: „Islam-Bashing sells“ auch diesmal funktioniert.