Österreich

Neues Islamgesetz: Integration oder Diskriminierung?

Österreich bekommt ein neues Islamgesetz. Es soll einen Islam „österreichischer Prägung“ ermöglichen und die Integration erleichtern. Doch Kritiker sehen einen Generalverdacht gegen Muslime.

23
02
2015

Am Mittwoch (25. Februar) soll ein neues Islamgesetz der rot-schwarzen Regierung in Wien das Parlament passieren. Darin soll muslimisches Leben in der Alpenrepublik umfassend geregelt werden. Kritiker sprechen jedoch von Diskriminierung.

Österreich wolle einen Islam „österreichischer Prägung“, sagt Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Nach Angaben des Ministeriums leben in Österreich rund 600 000 Muslime. Ihre Integration solle erleichtert werden. Das bisherige Islamgesetz in der Alpenrepublik stamme aus dem Jahre 1912 und sei nicht mehr zeitgemäß, hieß es.

Lehrstuhl für Theologie soll in Wien eingerichtet werden

Um die Integration zu verbessern, soll laut Gesetzestext die Finanzierung muslimischer Vereine und Moscheen aus dem Ausland untersagt werden. Bislang beziehen laut Kurz viele Imame in Österreich ihr Geld etwa aus der Türkei und bekämen Anweisungen aus Ankara. „Es ist uns wichtig, dass wir in Zukunft mehr und mehr Imame haben, die in Österreich aufgewachsen sind, die die Sprache können und somit auch ordentliche Vorbilder für junge Musliminnen und Muslime sein können“, sagt Kurz. Das Gesetz sieht ein eigenes Theologiestudium vor. 2016 solle in Wien ein Lehrstuhl für Islamische Theologie eingerichtet werden – eine Maßnahme, wie sie Deutschland schon kennt. Das politische Klima gegenüber Muslimen in der Alpenrepublik war in den vergangenen Jahren nicht immer unbelastet. „Daham statt Islam“ plakatierte etwa die rechte FPÖ in Wien. Bei Parlamentswahlen erreichte die Partei mit Parolen wie diesen regelmäßig etwa 20 Prozent der Wähler. Ob das Islamgesetz da zu einer Verbesserung beiträgt, scheint offen.

Kritiker sagen: Gesetz schürt Misstrauen gegenüber Muslimen

Drei Jahre lange diskutierte Österreich über das Gesetz. Die Opposition lehnt die Regelungen ab. In dem Gesetz wird unter anderem der Vorrang des staatlichen Rechts vor religiösem Recht festgeschrieben. Lehre und Gebräuche dürften nicht im Widerspruch zu gesetzlichen Regelungen in Österreich stehen. Die Grünen-Abgeordnete Alev Korun spricht von einem „Generalverdacht gegenüber Muslimen“. Mit dem Gesetz werde Misstrauen geschürt, sagt sie.

Das neue Islamgesetz werde auf die mögliche Radikalisierung von Muslimen jedoch keinen Einfluss haben, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger. Denn die islamische Gemeinschaft in Österreich, für die die neuen Bestimmungen nun gelten, habe auch bisher keinen Einfluss auf diese Gruppen gehabt. Zur De-Radikalisierung seien vielmehr konkrete Programme nötig. Beim Familienministerium gibt es etwa seit Ende 2014 eine Extremismus-Beratungsstelle.
„Das Gesetz produziert lediglich eine Ungleichbehandlung von Muslimen“, sagt Schmidinger. Denn die russisch-orthodoxe Kirche etwa dürfe weiterhin aus dem Ausland finanziert werden.

Leserkommentare

Markus sagt:
Es sind aber auch eher kein russisch-orthodoxen Christen, die in Europa Terroranschläge verübern, sondern Muslime. Und das Misstrauen gegenüber Muslimen schüren keine Gesetze, sondern Terroranschläge von Islamisten und strenge Auslegungen der Sunna, die Frauen dazu zwinegn Kopftücher zu tragen, wenn sie nicht in der Hölle landen wollen. Es sind also Muslime, die für ein schlechtes Immage der Muslime sorgen.
24.02.15
14:10
bouazza sagt:
Und diese Muslime sind deutsche bzw. europaische Kinder, die hier gewachsen sind, die keine originale muslimische Ursprug haben.
25.02.15
10:48
Bernd sagt:
Es ist doch egal, wo die jungen Muslime aufgewachsen sind, sie sind trotzdem Muslime. Das kann man nicht damit wegdiskutieren, dass man einfach sagt, es seien europäische Kinder ohne original muslimischen Ursprung. Oder gibt es innerhalb der muslimischen Gemeinschaft eine Werteskala, nach der in Europa geborene und aufgewachsene Muslime weniger gelten?
26.02.15
14:58
Johannes Disch sagt:
@Bernd Es ist ist keineswegs egal, wo diese Menschen aufgewachsen sind. Im Gegenteil: Es ist wesentlich, wo man sozialisiert wurde. Es sind trotzdem Muslime, sagen Sie?? Damit legen Sie die Identität dieser Menschen religiös fest. Warum sehen viele diese Menschen immer zuerst als Muslime?? Es sind belgische und französische Staatesbürger muslimischen Glaubens. Diese Radikalen sind aber ein Produkt unserer europäischen Gesellschaften und schuld an der Entwicklung ist nicht die Religion. Schuld daran ist nicht ein religiöser Fundamentalismus. Schuld daran ist ein französischer Staat, der sich jahrzehntelang einen feuchten Kehricht um die Integration der Migranten gekümmert hat und sie in Banlieus abgeschoben hat. Dasselbe gilt für Belgien. Es geht um Inklusion. Um gesellschaftliche Teilhabe. Ein Deutscher, der sozial durch den Rost fällt, landet bei der NPD oder der NSU. Ein sozial gescheiterter muslimischer Jugendlicher landet wohl beim IS. Es geht um politisch-soziale Probleme und nicht um Religion. lg Johannes Disch
25.12.15
20:00