Das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft kritisiert das neue Islamgesetz als verfassungswidrig und diskriminierend. Es fordert die Neuverhandlung des Gesetzes unter Einbeziehung verschiedener muslimischer Gruppen im Land.
Das „Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft“ (NMZ) übt scharfe Kritik an dem neuen Islamgesetz, das im österreichischen Parlament heute verabschiedet werden soll. Mit dem Entwurf der rot-schwarzen Regierung soll der Umgang mit Muslimen im Land umfassend geregelt werden. Unter anderem wird Muslimen erstmals das Recht auf religiöse Betreuung etwa in Krankenhäusern eingeräumt.
Imame dürfen jedoch nicht mehr aus dem Ausland finanziert werden. Sie sollen stattdessen in der Alpenrepublik ausgebildet werden und Deutsch sprechen können. Außerdem wird der Vorrang staatlichen Rechts gegenüber religiösem Recht festgeschrieben. Die große Koalition erhofft sich dadurch unter anderem eine bessere Integration der rund 600 000 Muslime im Land. Kritiker, darunter auch das „Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft“, sprechen hingegen von Diskriminierung.
Der Gesetzesentwurf sei „durchzogen von sicherheitspolitischen Elementen, manifestiert einen Generalverdacht gegen Musliminnen und Muslime und steht in keinem Verhältnis zu den Rechten und Pflichten anderer Religionsgemeinschaften in Österreich, sondern besteht in einer Verfassungswidrigkeit sowie mangelnder Konformität mit internationalen Standards,“ heißt es in einer Pressemitteilung des Netzwerkes. Diverse politische und verfassungsrechtliche Experten bestätigten die Fragwürdigkeit des Gesetzes. Kritische Elemente seien beispielsweise das Verbot von Auslandsfinanzierungen sowie die Beschränkung von „Lehre, Einrichtungen und Gebräuche“, so das NMZ weiter.
Demokratiepolitische Bedenken äußerte das Netzwerk insbesondere im Hinblick auf die Verhandlungen um das Gesetz, die ohne Berücksichtigung kritischer Stimmen innerhalb der muslimischen Basis erfolgte. Die Zwangseingliederung sämtlicher islamischer Vereine und Gemeinden unter eine islamische Religionsgemeinschaft widerspräche der Vielfalt der muslimischen Community in Österreich und begünstige eine „Verkirchlichung“ des Islams, die nicht im Sinne einer islamischen Tradition stünde. Außerdem fördere der sicherheitspolitische Charakter des Gesetzes antimuslimische Ressentiments und Rhetorik, auch in der politischen Kommunikation.
Daher fordert das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft eine Neuverhandlung des Islamgesetz mit transparenten und partizipativen Optionen, die der muslimischen Vielfalt im Land gerecht wird und einen Gesetzesentwurf, der ausschließlich religionspolitisch verhandelt wird, ohne die Implikation sicherheitspolitischer Interessen.
Das „Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft“ versteht sich als loser Zusammenschluss, in dem „MuslimInnen und Muslime verschiedenster Denkschulen und Hintergründe eine gemeinsame muslimische Basis bilden und als solche auftreten. Wir agieren unabhängig von religiösen sowie politischen Verbänden und Institutionen.“(dpa/iQ)