Keinerlei Ausgrenzung

Liberale Politiker machen Kippa-Test

Der Zentralrat der Juden empfiehlt, in Problemvierteln, in denen viele Muslime leben, keine Kippa zu tragen. Sowohl Politiker, als auch Juden selbst reagieren mit Unverständnis.

02
03
2015

Zentralratspräsident Schuster hat vergangene Woche Juden in Deutschland geraten, nicht mehr überall eine Kippa oder eine Halskette mit Davidsstern zu tragen. Immer wieder würden Juden, die dies täten, in Vierteln mit einem hohen muslimischen Anteil angespuckt oder angepöbelt. Stimmen aus jüdischen und nicht-jüdischen Kreisen reagieren mit Unverständnis und Unmut.

Die FDP in Bayern reagierte mit einem Feldversuch. Am Samstag unternahmen zehn nicht-jüdische Mitglieder der Liberalen einen Spaziergang durchs multikulturelle Münchner Bahnhofsviertel und trugen dabei die traditionelle jüdische Kopfbedeckung Kippa. FDP Landeschef Albert Duin stellte im Anschluss fest, dass die Spaziergänger keinerlei Anfeindungen ausgesetzt gewesen seien. „Im Gegenteil, wir haben viele freundliche Gespräche mit den Leuten hier geführt.“ So müsse es auch sein.

Dieser Ansicht ist auch Armin Langer, ein angehender Rabbiner der in Berlin-Neukölln lebt. Er sei von den Äußerungen des Präsidenten „enttäuscht“ und wirft ihm im Interview mit der TAZ vor, mit solchen Aussagen nur weitere „Vorurteile zu schüren“. Außerdem bestätigt Langer, der die muslimisch-jüdische Initiative Salaam-Schalom in seinem Wohnort koordiniert, dass Juden in Berlin-Neukölln sorglos ihre religiöse Identität nach außen tragen können. Denn der Alltag in diesem Viertel sei „von Freundschaften und friedlichem Zusammenleben geprägt“. Er lädt den Zentralratspräsidenten Schuster zu einem Spaziergang nach Berlin-Neukölln ein.

Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, Daniel Botmann besteht indes darauf, dass die muslimischen Verbände in Deutschland sich zu größerem Engagement gegen Antisemitismus verbinden. Botmann bezeichnete das Verhältnis der jüdischen Seite zur muslimischen Community in Deutschland als „schwierig“. So sei es notwendig, in Moscheen das Problem des Judenhasses anzugehen. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Thorsten sagt:
Vermutlich hat Herr Schuster Deutschland mit Frankreich, Berlin mit Paris verwechselt. In Frankreich gibt es das von ihm benannte Problem weitaus deutlicher, als hierzulande. Sicher ist es so, dass einige gar nicht so wenige Muslime in Deutschland antisemitisch eingestellt sind, weil sie die Juden mit Israel identifizieren. No go areas gibt es aber wohl in Deutschland für Juden derzeit noch nicht. dennoch sind die muslimischen Organisationen gut beraten, den Antisemitismus unter ihren Gläubigen nicht zu leugnen und zu ignorieren, sondern gegen ihn anzugehen.
03.03.15
10:38
grege sagt:
Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, heißt es so schön. Daniel Bax hat Herrn Langner auch also "Kronzeuge" in seinem "Meisterwerk" zitiert. Wenn demnächst einzelne Menschen mit offenkundig nichtdeutscher Abstammung durch Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Pirna gefahrlos spazieren können, kann auch nicht Existenz des zunehmenden Rechtsradikalismus insbesondere in den neuen Bundesländern negiert werden.
20.05.18
2:28