In Moscheen sollte laut Bundestagspräsident Lammert künftig Deutsch gesprochen werden. Ein Vorschlag, den Politiker und der türkische Verband Ditib in Baden-Württemberg begrüßt haben. Doch eine prominente Ausnahme gibt es.
Imame sollten in Deutschland nach Einschätzung des islamischen Landesverbands Ditib in Baden-Württemberg auch auf Deutsch predigen. Das sagte der Sprecher der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), Erdinç Altuntaş, am Montag in Heilbronn. Gerade weil immer mehr Muslime im Südwesten nicht türkisch sprechen könnten, stimme er dem Vorschlag von Bundestagspräsident Norbert Lammert zu. „Die Forderung ist völlig legitim“, sagte Altuntaş.
Lammert hatte der „Welt“ am Samstag gesagt: „Dass jemand, der in Deutschland tätig ist, auch Deutsch spricht, halte ich für eine schiere Selbstverständlichkeit.“ Das sollte auch für Imame gelten. Er erinnerte daran, dass auch Priester, die aus dem Ausland kommen, in der Regel die deutsche Sprache erlernten, um die ihnen übertragenen Aufgaben wahrnehmen zu können.
Das von Österreich soeben verabschiedete Islam-Gesetz ist aus Lammerts Sicht „ein interessanter Versuch, Klärungen herbeizuführen, für die es auch in Deutschland Bedarf gibt“. Ob dies per Gesetz erfolgen müsse, sei eine andere Frage. Mit der umstrittenen Neuregelung wird in Österreich unter anderem die Finanzierung muslimischer Vereine und Moscheen aus dem Ausland verboten. Einen großen Posten nehmen hierbei die Gehälter von Imamen ein, die aus dem Ausland finanziert werden.
Würde man eine deutsche Adaptierung des österreichischen Islamgesetzes veranlassen, stünden die Moscheen vor einem finanziellen Problem. Sie können Mithilfe von Spendengeldern gerade so den laufenden Betrieb aufrechterhalten und die Miete bezahlen. Auch sonst sind sie auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen. Müssten sie in Zukunft für die Bezahlung der Imame aufkommen müssen, könnte das die Schließung zur Folge haben.
Derzeit predigen in Baden-Württemberg rund 450 Imame. Altuntaş schätzt, dass davon nur etwa 30 Prozent in den Moscheen Deutsch sprechen. Da jedoch nur die Hälfte der etwa 650 000 Muslime im Südwesten Türkisch spricht, sucht die Ditib nach Möglichkeiten, die Sprachbarriere zu überbrücken. So werden laut Altuntaş die Predigten in vielen Moscheen bereits durch deutsche Untertitel begleitet. „Langfristig wünschen wir uns aber, dass die Imame in den Moscheen Deutsch sprechen“, sagte der Ditib-Sprecher.“
Daniel Lede Abal, integrationspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, fände es gut, Imame künftig auf Deutsch predigen würden, sieht aber von einer gesetzlichen Regelung ab: „Deutsch als einheitliche Sprache wäre vielleicht die Chance für Muslime, zu einer größeren Gemeinschaft zu finden. Allerdings wäre ein Gesetz ein zu großer Eingriff in die Freiheit der Gemeinden.“
Muslimische Gemeinden laden nach Angaben von Bilkay Öney Imame aus der Heimat ein, damit diese in der jeweiligen Muttersprache – sei es Arabisch, Türkisch oder auch Bosnisch – predigen können. Seit mehr als zwei Jahren übersetzten zudem die Ditib-Moscheen die Freitagspredigt auch ins Deutsche. „Mir wurde berichtet, dass insbesondere in salafistischen Moscheen in Deutsch gepredigt wird, um die Konvertiten zu erreichen oder aber auch um zu missionieren. Ob das in unserem Interesse ist, wage ich zu bezweifeln“, sagte Öney. „Daher bitte ich, die zwei Seiten einer Medaille zu sehen.“(dpa)