Das österreichische Islamgesetz löste eine Debatte über ein vergleichbares Gesetz in Deutschland aus. Politiker, Religionsgemeinschaften und gesellschaftliche Akteure vertreten unterschiedliche Positionen. Ein Überblick.
Anfangs erschien das österreichische Islamgesetz als Vorbild. Mittlerweile mischen sich in die Debatten um einen ähnlichen Weg in Deutschland zunehmend kritische Töne. Dies vor allem auch unter den Betroffenen -den Muslimen.
Lob für das reformierte österreichische Islamgesetz kam von dem in Münster lehrenden islamischen Theologen Mouhanad Khorchide. „Wien ist ein Vorbild. Österreich hat mehr Erfahrung im Umgang mit dem Islam und ist bei der Integration von Muslimen weiter als Deutschland“, erklärte er jüngst in einem Interview.
Falsch für Deutschland hält es hingegen der evangelische Göttinger Staatskirchenrechtler Hans Michael Heinig, nun seinerseits zur Integration der Muslime einen Weg nach österreichischem Vorbild einzuschlagen. Das dortige Gesetz enthalte «irritierende Klauseln» und obrigkeitsstaatliches Denken, warnte er in einem Gastkommentar der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Zudem könne ein Parlamentsgesetz für eine einzelne Religion generell zu Misstrauen führen.
In den Parteien finden sich Befürworter und Gegner eines Islamgesetzes á la Österreich im Regierungs- wie im Oppositionslager. Einer der Landesminister, der ein derartiges Islamgesetz für entbehrlich hält, ist Guntram Schneider (SPD), für Integration in Nordrhein-Westfalen zuständig. Über die bestehenden Probleme müsse ein breiter Dialog mit den islamischen Religionsgemeinschaften geführt werden mit dem Ziel, „die Verfasstheit des Islam herbeizuführen“ ähnlich wie bei den Kirchen und den jüdischen Gemeinden.
Ein besonders sensibler Punkt in der Debatte unter den Muslimen ist vor allem die Frage der Finanzierung von Moscheegemeinden aus dem Ausland und deren mögliches Verbot. Hier macht auch Khorchide berechtigte Sorgen aus. Wenn, dann müsse ein solches Verbot „behutsam“ umgesetzt werden, denn die hiesigen Gemeinden könnten kaum von heute auf morgen komplett auf ausländische Gelder verzichten.
Schweres Geschütz gegen derartige Überlegungen für Deutschland -nicht zuletzt im finanziellen Kontext – führt die Türkische Union der Anstalt für Religion (DITIB) ins Feld. Dies wäre ein „verfassungswidriges Sondergesetz, das in die Lehre und Glaubenspraxis von religiösen Minderheiten eingreift“, warnt die Religionsgemeinschaft, die der türkischen Siyanet nahe steht. Die Diyanet entsendet und entlohnt die Imame für rund 900 (fast die Hälfte der) Moscheegemeinden in Deutschland. Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland lehnt ein deutsches Islamgesetz als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ ab.
Aiman A. Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), der allerdings nur 0,2 Prozent der etwa 4 Millionen Muslime in der Bundesrepublik repräsentiert, hatte zunächst ein solches Gesetz befürwortet. Es brauche eine solche Richtung, um wieder Normalität in der muslimischen Gemeinschaft herzustellen. Inzwischen plädiert der ZMD distanzierter für eine „sachliche Diskussion“. Das Vorhaben könnte sinnvoll sein, wenn es zur Gleichberechtigung des Islam mit den anderen Religionsgemeinschaften beitrage.
Für Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) passt ein Islamgesetz nach österreichischem Vorbild „nicht in unser Verfassungssystem“. In diese Richtung argumentiert auch der frühere Verfassungsrichter Udo di Fabio: Es sei geradezu das Konzept der „wohlwollenden Neutralität des Staates“, im Umgang mit allen Glaubensrichtungen die Hand möglichst weit auszustrecken. Diese Republik müsse einladen, verschiedene Alltagskulturen zu leben unter der Voraussetzung, dass jeder Eingeladene „die Bedingungen von Toleranz und Pluralität“ erfülle.
Wie andere auch moniert di Fabio zudem, ein solches Gesetz würde alle frommen Muslime hierzulande einem Generalverdacht aussetzen. Das aber könne nicht sein. So weit wollte Khorchide bei der Interpretation des österreichischen Modells nicht gehen.
Mehr oder weniger Konsens besteht bei den Befürwortern und Kritikern darüber, dass ein solches Gesetz wohl kaum ein Mittel im Kampf gegen den Extremismus sein könne. Die Radikalisierung junger Muslime finde weithin außerhalb der Moscheen und etablierten Gemeinschaften statt.(KNA/iQ)