In diesem Beitrag der IslamiQ-Artikelserie “Muslimische Entdeckungen und Erfindungen” geht es um Landwirtschaft und Handel. Der Handel zwischen den drei Kontinenten Afrika, Asien und Europa trug dazu bei, dass die islamische Welt 1200 Jahre lang als Wissens-, Macht- und Forschungszentrum galt.
Muslime nutzten zur Produktion ihrer Waren die neuesten Technologien ihrer Zeit. Sie stellten Produkte in den Bereichen der chemischen Industrie bis zur Textilindustrie her und beschäftigten viele Menschen. Landwirtschaftliche Systeme und Techniken wurden mit Hilfe von Forschungen und fortgeschrittenen Bewässerungstechniken vorangetrieben. Auf diese Weise stieg die Lebensqualität der Menschen. Zu den Entdeckungen der Muslime im landwirtschaftlichen Bereich zählt die Entdeckung, dass unter Einsatz von Taubendünger der Ertrag gesteigert werden kann. So gibt es im Iran Felder, die mit Taubenkäfigen umzäunt sind.
Mit der Verbreitung dieser Methoden und Techniken gelangen auch Münzen und andere Zahlungsmittel nach Europa. Zu dieser Zeit war Kairo das wichtigste Handelszentrum der islamischen Welt.
Heute können wir im Vergleich zu früher ohne großen Aufwand die unterschiedlichsten Obst- und Gemüsesorten kaufen. Im Vergleich zu früher beschäftigen sich auch viel weniger Menschen mit Landwirtschaft. Um an Obst und Gemüse zu gelangen. ist es ausreichend in den nächsten Supermarkt zu gehen, wo wir Früchte aus den entferntesten Winkeln der Welt kaufen können. Um eine Mango aus Pakistan zu kaufen oder Erdbeeren aus Amerika, reicht es aus zum nächsten Regal zu laufen. Zudem sind wir in der Lage Früchte unabhängig von der Saison zu kaufen. Gewächshäuser sind im Grunde keine neue Erfindung. Neu ist, dass wir diese Früchte ohne großen Aufwand im nächsten Supermarkt finden können.
Im 9. Jahrhundert machten die muslimischen Bauern Entdeckungen, innovative Erfindungen, entwickelten neue Bewässerungssysteme, passten globale Erkenntnisse an ihren regionalen Bedingungen an und trugen so zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft bei. Ihrem Erfolg in der Landwirtschaft liegt harte Arbeit zugrunde. Ihre Liebe zur Landwirtschaft kannte keine Grenzen. So teilten sie Berge und bauten Tunnel, gruben Wassergräben, ebneten die felsigen Abhänge in Spanien mit größter Geduld und aufwendiger Arbeit.
Muslime, eine Gemeinschaft, deren erste Anhänger nomadischer Herkunft waren, strebten überall, wo sie sich niederließen nach Wissen und Bildung. Von den Steppen Asiens bis hin zu den Felsengebieten Spaniens nutzten sie jede Entdeckung für ihre landwirtschaftlichen Zwecke. Der amerikanische Historiker S.P. Scott bemerkte 1904 über die muslimische Kultur: „Der Nahe Osten ist eine Kulturgemeinschaft von Marokko und Andalusien, die vergangenes und zukünftiges Wissen miteinander vereint.“
Aufgrund des hohen Wissensstands und der geographischen Verbreitung, züchteten die Muslime die besten Pferde und Schafe, die schönsten Orchideen und Blumengärten. Sie wussten wie sie gegen Schädlinge vorgehen mussten und wie sie durch den Einsatz von Düngemitteln den Ernteertrag steigern konnten.
Im 20. Jahrhundert schrieb der Orientalist Guy Le Strange: „Die Impfung von Zuckerrohr, wurde von den Kirgisen an die Iraner weitergegeben… die Kunst der Zuckerraffinerie wurden von den Arabern entdeckt. Unter muslimischer Herrschaft verbreitete sich die die Züchtung von Zuckerrohr von Indien bis Marokko und erreichte Spanien und somit Europa.“
Im Mittelmeerraum wurden ehemals nur Winterfrüchte angebaut und es konnte nur alle zwei Jahre eine Ernte eingefahren werden. Durch bestimmte Techniken und den neuen Sorten, die die Muslime meist aus Indien mitbrachten, änderte sich dieser Zustand. Die mitgebrachten Obst- und Gemüsesorten konnten nur unter langen, heißen Klimabedingungen gezüchtet werden. Die Sommermonate erfüllten zwar diese Bedingungen, es regnete jedoch zu selten. Die von den Muslimen entwickelten Bewässerungssysteme behoben dieses Problem, so dass pro Feld viermal im Jahr eine Ernte eingefahren werden konnte.
Tropische Früchte wie Bananen wurden in den Küstenregionen Andalusiens angebaut. Unter den neuen Produkten, die die Muslime mitbrachten, waren Reis, Zitrusfrüchte, Pfirsiche, Auberginen, Aprikosen, Pflaumen, Baumwolle, Seide, Artischocken, Safran und Zuckerrohr. Insbesondere der Import von Zucker nach Spanien fand großen Anklang. Die Muslime transportierten auch nach Äthiopien Zucker und bald wurde die afrikanische Insel Sansibar für ihren qualitativen Zucker berühmt.
Die Seidenproduktion wurde weiter entwickelt, Leinen wurden gewonnen und Produkte daraus angefertigt und exportiert. Der Historiker al-Masudi schrieb im 10. Jahrhundert, dass um 912 die Orangen- und Zitronenbäume aus Indien zuerst in Oman gepflanzt wurden und sie später auch nach Basra, Irak, Syrien, Palästina, Ägypten und Tarsus gelangten.
Der wichtigste Grund für die Verbreitung dieser Früchte von einem Land ins andere war häufig der persönliche Antrieb einzelner Händler oder sonstiger Personen. Ein Syrier namens Abdullah ließ beispielsweise die Vegetation Syriens nach Andalusien bringen, damit er sich dort heimisch fühlen konnte. So wurden in Andalusien Palmen und Dattelbäume gepflanzt. Der höchste Richter von Cordoba, Muâwiya bin Sâlih, ließ verschiedene Granatapfelbäume importieren. Ein jordanischer Soldat pflanzte Feigenbäume. Diese Früchte verteilten sich später im ganzen Land.
Die neuen Sorten konnten erfolgreich gezüchtet werden, denn die muslimischen Bauern wussten für welche Frucht welche Erde gebraucht wurde und sie waren Experten in der Impfung von Bäumen. Ferner hatten die Landwirtschaftler Zugriff auf alte Schriften sowie auf traditionelle Anbautraditionen. Infolge dieser Entwicklungen und dem Austausch zwischen den Experten füllten sich die Bibliotheken in den großen Städten mit Werken zur Landwirtschaft.
Wie zuvor erwähnt benötigten Produkte wie Zuckerrohr und Reis mehr Wasser als vorhanden war. Dem Historiker Ibni Basal zufolge musste Flachs bis zum August alle zwei Wochen gewässert werden. Die daraus hergestellten Leinen reichten den andalusischen Muslimen für den Eigenbedarf, den Rest exportierten sie nach Algerien und in andere afrikanische Länder. Orangen und andere Zitrusfrüchte mussten auch regelmäßig gewässert werden.
Für die Bewässerung dieser Produkte wurden ähnlich wie heute viele Systeme genutzt. Doch Anstelle der elektrischen Pumpen und der Plastikrohre wurden Geräte verwendet, die Produkte hoher menschlicher Kreativität waren. Neben dem ihnen gut bekannten Sprenger-System, nutzten sie Pumpen oder Wasserschöpfräder (Norias), um den fortwährenden Wasserzufluss zu gewährleisten. Allein in Valencia bauten die Muslime für den Reisanbau 8000 Wasserschöpfräder. Um die Räder anzutreiben wurden Zugtiere oder Wasserkraft als Energiequelle genutzt. Zur richtigen Bewässerung der Felder bedurfte es zudem mathematischer Berechnungen. Aufgrund ihrer fortgeschrittenen mathematischen Kenntnisse führten die Muslime derartige Berechnungen mit Erfolg durch. Neben der Mathematik machten sie auch Gebrauch von Astronomie. Astronomie- Tabellen wurden beispielsweise dazu verwendet, die Erntezeit festzulegen. S.P. Scott schrieb in einem seiner Werke: „Das landwirtschaftliche System der spanischen Muslime ist das chaotischste, wissenschaftlichste und das perfekteste System, das von Menschen geschaffen wurde.“