In diesem Beitrag der IslamiQ-Artikelserie “Muslimische Entdeckungen und Erfindungen” geht es um Landwirtschaft und Handel. Der Handel zwischen den drei Kontinenten Afrika, Asien und Europa trug dazu bei, dass die islamische Welt 1200 Jahre lang als Wissens-, Macht- und Forschungszentrum galt.
Vor 1200 Jahren erlebte Bagdad, die Hauptstadt des damaligen muslimischen Gebietes, seine Blütezeit. Bagdad wurde zur Zeit der abessinischen Kalifen Raschid, Ma’mun, Mu’tadid und Muktafi zu einem Bildungs-, und Kulturzentrum. Sie war die reichste und – nach Konstantinopel – bevölkerungsreichste Stadt im Gebiet des Islams. Mit der Gründung das Bajt al-Hikma wurde Bagdad auch zu einem Zentrum der Wissenschaft.
Das Bayt al-Hikma wurde zu einem Zentrum, in dem neben den Geisteswissenschaften auch die Bereiche Mathematik, Astronomie, Medizin, Chemie, Physik und Geographie erforscht wurden. Dass das Bayt al-Hikma und damit Bagdad den höchsten Rang in der Wissenschaft erreichten, war darauf zurückzuführen, dass die oben aufgeführten Kalifen der Bildung große Bedeutung beimaßen. Der Großvater des Kalifen Harun Raschid, Muhammad al-Mahdi, sammelte Handschriften, da er sich dafür interessierte. Diese Tradition führten sein Sohn und sein Enkel Harun Raschid weiter. Harun Raschid bewahrte die zusammengetragenen Handschriften in einem Gebäude, das er als Bayt al-Hikma bezeichnete, auf.
Der in den Jahren 813-833 regierende Kalif Ma’mun wandelte das Bayt al-Hikma in eine Akademie um und ließ neue Abteilungen für weitere Wissensbereiche errichten. In seiner Regierungszeit wurde das Bajt al-Hikma (Haus der Weisheit) umbenannt in Dâr al-Hikma (Ort der Weisheit).
Im Gebäude des Bayt al-Hikma ließ Harun Raschid zudem eine Bibliothek, den Hazinat al-Hikma (Schatzkammer/Hort der Weisheit) errichten. In dieser Bibliothek wurden zahlreiche wissenschaftliche Bücher aufbewahrt. Dadurch erhielt das Bajt al-Hikma immer mehr die Form einer Akademie.
Im Bayt al-Hikma versammelten sich zahlreiche bekannte Wissenschaftler. Einer dieser Wissenschaftler, Kindî, der in den Bereichen Physik, Astronomie, Chemie, Mathematik, Geometrie, Philosophie und Logik forschte und lehrte, wurde vom Kalifen Ma’mun damit beauftragt, die Werke des Aristoteles zu übersetzen. Diese Übersetzungen trugen dazu bei, dass die Werke Aristoteles überall in der Welt bekannt wurden. Im Bayt al-Hikma wurden zehn unterschiedliche Sprachen gesprochen und übersetzt.
Nach Vereinbarung mit dem Herrscher Siziliens erreichte der Kalif Ma’mun, dass von allen Büchern der Bibliothek Siziliens eine Kopie angefertigt wurde. Des Weiteren entsandte Ma’mun Wissenschaftler nach Byzanz, um bedeutende Bücher aus dem Römischen zu übersetzen. Historikern zufolge ließ der Kalif Ma’mun Handschriften auf hunderten Kamelen aus dem Iran bringen. Zudem ließ er ein Astronomiezentrum unter dem Namen „Ma’mun Madras al-Falaki“ errichten. Ma’mun ließ die Karten des Geographen Ptolemäus und weiterer römischer Wissenschaftler weiterentwickeln und eine Weltkarte anfertigen. Er setzte sich nicht nur für die Weiterentwicklung des Bajt al-Hikma ein, er nahm persönlich an den wissenschaftlichen Vorträgen und Diskursen teil. Einige arabische Historiker bezeichneten den Kalifen aufgrund seines kulturellen und wissenschaftlichen Erbes als den „Herren der arabischen Kultur“. Das Bayt al-Hikma, das als eine Übersetzungsstätte und als Bibliothek gegründet wurde, wurde so zum Treffpunkt vieler Künstler, Schriftsteller, Dichter und Wissenschaftler.
Zu den berühmten Persönlichkeiten, die im Bayt al-Hikma forschten und arbeiteten, zählen Harazmî, Kindî und der Physiker und Übersetzer Ibn al-Bitrik al-Turdschumân. Über die wissenschaftlichen Arbeiten dieser Persönlichkeiten soll jedoch in einem anderen Artikel ausführlich berichtet werden.
Das Bayt al-Hikma trug entscheidend dazu bei, dass Bagdad nahezu 500 Jahre ein Bildungs- und Kulturzentrum blieb und kulturelle und wissenschaftliche Arbeiten vorantrieb. Dieser Ort der Weisheit wurde bei einem Angriff der Mongolen auf Bagdad zerstört.
Vor 1000 Jahren erfüllte die Moschee die Funktion der Schule. Es gab keine Trennung zwischen Religion und Wissenschaft, so waren die Moscheen sowohl Orte des Gottesdienstes als auch Orte der Bildung und Erziehung. In muslimischen Ländern gab es eine Koexistenz von Wissenschaft und Religion. Die Errichtung einer Moschee ging mit dem Aufbau der örtlichen Grundstruktur einher. Der Gesandte Gottes etablierte die Moschee zu einem Erziehungs- und Bildungszentrum. Er unterrichtete in den Moscheen und leitete sie. Er entsandte Koranlehrer in verschiedene Stämme und erreichte infolgedessen die Verbreitung des Wissens. Zu Lebzeiten des Gesandten gab es sieben Moscheen in Medina.
653 entstand die erste Schule in Medina und die Idee der Schule verbreitete sich in andere Länder. In Damaskus entstand 744 eine Schule, in Cordoba im 8. Jahrhundert und im 9. Jahrhundert in Spanien, wobei sich diese Schulen in den Moscheekomplexen befanden. Zudem entstanden Primarschulen für Mädchen und Jungen. Kinder, die Privatunterricht erhielten ausgeschlossen, besuchten alle Kinder mit sechs Jahren die Schule. Bildung war entweder kostenlos, also für jeden zugänglich, oder wurde gegen ein geringes Entgelt angeboten. Neben islamischer Grundbildung und Koranunterrichtet erhielten Kinder Unterricht in Arithmetik.
Im 10. Jahrhundert wurde Bildung zuerst im Iran von Moscheen in „Lehrerhäuser“ verlagert, was die schrittweise Entwicklung der Schulen zu Folge hatte. Überlieferungen zufolge hatte der Geograph, Forscher und Kaufmann Ibni Hawkalin 300 Lehrer in Palermo.
Die im Jahre 1066 von den türkischen Seldschuken errichtete Nizamiye Madrasa war das erste Schulgebäude. In den muslimischen Ländern verfügte die Regierung bzw. der Kalif Mitspracherecht im Bildungsbereich, so wurde für die Einstellung eines Lehrers die Erlaubnis des Kalifen benötigt. Das Schulsystem bestand aus vier Stufen: In den Primarschulen wurde den Schülern Grundlagenwissen vermittelt, anschließend suchten die Schüler die Mittelschulen auf und daraufhin die sogenannten „Leserschulen“. Dem folgte der Übergang in die “Hadîth-Schulen”, die das Niveau einer Hochschule hatten. Die Absolventen dieser Schule wurden in den Moscheen als Freitagsprediger eingesetzt.
Die erste medizinische Fakultät wurde im Jahre 1231 in Damaskus gegründet. Davor fand die medizinische Ausbildung in Krankenhäusern statt. Bis zu der Regierungszeit des osmanischen Herrschers Sultan Süleyman war die Anzahl der vorhandenen Medizin-Schulen gering, doch während seiner Regierungszeit stieg ihre Zahl stetig.
Die Osmanen entwickelten im 15. Jahrhundert die sogenannte Külliye, d.h. einen Gesamtkomplex, in dem sich Moscheen, Schulen, Bibliotheken, Krankenhäuser und Speisesäle befanden. Mit der kostenlosen Bereitstellung von Nahrungsmitteln und Gesundheitsdiensten wurde Bildung an die breite Masse herangetragen. In Bursa und Edirne entstanden große Gesamtkomplexe, in Istanbul befanden sich allein in der Fatih-Külliye 16 verschiedene Schulen. Das Lehrerentgelt, die Speisekosten, die Schülerstipendien und ähnliche Ausgaben wurden von Stiftungen, die vom Volk oder anderen Organisationen gegründet wurden, finanziert. Jede auf den Islam angelehnte Stiftung konnte eine Schule gründen. Die Bedeutung, die der Bildung beigemessen wurde, führte zur Verbreitung und Weiterentwicklung von Wissen.