Seelsorge

Wenn Muslime am Telefon ihr Herz ausschütten

Tausende Male hat das Telefon schon geklingelt: In Berlin sitzt Deutschlands einzige muslimische Telefon-Seelsorge. Was bewegt Muslime in Deutschland? Die Seelsorger wissen es.

16
05
2015

Bevor überhaupt Selbstzweifel aufkommen konnten, klingelte das Telefon. Das war zwei Tage vor dem Start von Deutschlands einziger muslimischer Telefon-Seelsorge. Eine junge Frau meldete sich, weil sie vergewaltigt wurde, erinnert sich Geschäftsführer Imran Sagir. Er verstand den Anruf als „Zeichen Gottes, dass wir gebraucht werden“. Zehntausende Menschen haben seit sechs Jahren die Nummer gewählt und den Seelsorgern ihr Herz ausgeschüttet.

Aus allen Regionen Deutschlands kommen die Anrufe. Manchmal auch aus dem Ausland, erzählt Sagir. Alle Anrufer landen am Ende der Leitung in einem Hinterhof in Berlin, wo die Telefonapparate stehen. Rund um die Uhr nehmen zumeist Ehrenamtliche den Hörer ab. Seit zwei Jahren ist die Hotline für größere und kleinere Probleme 24 Stunden am Tag geschaltet, zuvor nur stundenweise. Fast 6000 Anrufe gab es im vergangenen Jahr. „Dieses Jahr rechnen wir mit deutlich mehr“, prognostiziert Sagir.

Zwei von drei Anrufern sind Frauen, ein Drittel Männer. „Männer wollen Probleme gern mit sich selbst ausmachen, aber wenn sie reden wollen, dann ungern mit ihrem Umfeld“, erklärt Sagir, der selbst als Seelsorger am Telefon sitzt. Er kennt Geschichten wie die der jungen Frau, die vergewaltigt wurde und ihrem Peiniger begegnet wäre, wenn sie zu ihren Eltern geflogen wäre. „Viele wollen nicht mit der Familie über Probleme reden“, weiß der Seelsorger. In dem Gespräch habe die junge Frau von ihrer Schwester erzählt, die Frauenärztin ist. „Wir haben die Schwester als ersten Ansprechpartner empfohlen.“

Ehrenamtliche leisten Seelsorge

73 Ehrenamtliche teilen sich die Dienste. Jeder verpflichtet sich, dreimal vier Stunden im Monat an der Hotline zu sitzen. Jedes Jahr werden etwa 20 Seelsorger ausgebildet. Im März schlossen zwölf den mehrmonatigen Lehrgang ab. „Wir hoffen, dass es im Herbst wieder 20 werden“, so der Geschäftsführer. Voraussetzung für den Seelsorge-Dienst sei der muslimische Glaube, „auch wenn Religion nur dann angesprochen wird, wenn es gewünscht wird“. Sagir zufolge rufen hin und wieder auch Menschen anderer Konfessionen an.

15 bis 20 Mal klingelt am Tag das Telefon. Laut der Statistik ruft jeder Zweite an, weil es Sorgen in der Familie gibt, sei es Trennung, Gewalt oder Streit. Andere haben mit der Spielsucht zu kämpfen oder finanzielle Sorgen. Ein fast 18-Jähriger rief die Seelsorger an, weil er Drogen nahm und ihn deswegen Schuldgefühle plagten. Eine Mutter, Mitte 30, kämpfte nach der Trennung mit dem Alleinsein, weil der Kontakt zu den gemeinsamen Kindern fast unmöglich war. Mit den Seelsorgern besprach sie, wie sie ihre Kinder wiedersehen könnte.

„90 Prozent der Anrufer sind 50 Jahre und jünger“, berichtet der Geschäftsführer. Bei den Hotlines anderer Konfessionen seien die Anrufer älter. Nach einer Aufstellung der evangelisch-katholischen Telefonseelsorge für 2013 waren 63 Prozent der Anrufenden 40 Jahre und älter. Im vergangenen Jahr gab es knapp 1,9 Millionen Anrufe, wie aus dem Jahresbericht hervorgeht.

Wie bei allen Hotlines werde auch bei dem muslimischen Seelsorge-Telefon, dessen Träger die muslimische Hilfsorganisation Islamic Relief Deutschland ist, die Anonymität gewahrt, betont Sagir. Vielleicht hätte sonst etwa eine junge Frau, die fest entschlossen war, sich das Leben zu nehmen, nicht zum Telefonhörer gegriffen. Sie konnte laut Sagir am Telefon dazu bewegt werden, ihre Tabletten in der Toilette zu entsorgen.

Leserkommentare

Erdem sagt:
Bin gebürtiger Berliner mit Türkischem Migrationshingergund. Habe die Mittlere reife grad mal so geschafft. 28 Jahre alt und Zuhause am Verrotten... seit mehreren Jahren kämpfe ich mit Depresionen.. Meine psysche ist hinüber.. Kindheit .. Bin der Elteste.. von 3 Kindern .. 1 Jüngeren bruder 26 und ne schwester 16. Meine Eltern sind geschieden.. Ich weis nicht wo ich anfangen soll .. Kindheit, in der schule gemobbt, Zuhause beschuldigt für jede kleinigkeit.. erniedrigt.. aus dir wird ein Penner .. mein Vaters rufe.. Habe mit dem kiffen angefangen .. trinken .. mit freunden feiern.. Eine Ältere Frau kennengelernt .. 10 jahre älter.. mit der ich alles vergessen wollte.. Sie hatt mich benutzt.. kriese... "feinne meal usri usran" .. habe mit dem Gebet angefangen.. fassten.. mir wurde der Hac 2013 zum nasib elhamdulillah.. .. die schönheit islams ist unbeschreiblich doch man muss aufpassen. Habe viele muslime kennengelern... War auf "heisshunger". Die umma ist gesplitten. Aus jedem mund kam was anderes.. hatte kein islamisches grundwissen.. wurde paranoit.. hatte mit der Schule wieder angefangen gehabt.. Fachabi.. hab das halbjahr nicht bestehen können ... statt zu lernen bin ich zur umra.. "heishunger". Nach umra wurde die paraneua häfftiger.. keine arbeit.. nach und nach asozialer.. keine gebete mehr, nichts. Nun sitze ich zuhause un wünsche mir jeden tag den tot. Wenn selbstmord nicht die hölle bedeuten würde hette ich mir die kugel bereits gegeben ..
07.04.18
4:58