Die Autorin und ehemalige Politikerin Ayaan Hirsi Ali hat vor Kurzem in Deutschland ihr neues Buch „Reformiert euch!“ vorgestellt. Dr. Milena Rampoldi schreibt über die Beweggründe der Autorin, die sich als Atheistin und Islamkritikerin definiert.
Im Gegensatz zu Pamela Geller ist die Autorin und ehemalige Politikerin somalischer Herkunft Ayaan Hirsi Ali, die sich als Atheistin und Islamkritikerin definiert, in den Reihen der islamophoben „Akademiker“ und „Politiker“ sehr wohl ernst zu nehmen. Nicht nur aufgrund ihrer ehemaligen Zusammenarbeit mit Geert Wilders und ihrer Erfindung des niederländischen Bildes des gefährlichen und imperialistischen Islam der Religion der Unterdrückung des Menschen, der Freiheit und vor allem der Frau ist.
Ayaan Hirsi Ali stammt aus einem der undurchschaubarsten und politisch unstabilsten Ländern der muslimisch-afrikanischen Welt, in denen Folklore und uralte Traditionen, Zwangsehe und Genitalmutilation und auch häusliche Gewalt gegen Mädchen und Frauen als „islamisch“ begründet werden. Daher ist es in ihrem Falle notwendig, ihre Lebensgeschichte zu erörtern, um dann ihre verdrehte Auffassung des Feminismus zwar zu verstehen, ohne ihn aber zu rechtfertigen. Denn ihr Leben und ihr Denken hätten eine vollkommen andere Wende nehmen können, wie z.B. die der Somalierin Waris Dirie, die nach ihrer Modelkarriere den Verein „Wüstenblume“ gründete, der sich bis heute für die muslimischen Frauen in Afrika einsetzt, um die Genitalverstümmelung als unislamische Praxis zu bekämpfen, „was inshallah auch eines Tages gelingen wird“, so Waris Dirie am Ende ihrer Autobiographie „Wüstenblume“. Sie ist für mich genau das positive Gegenbeispiel einer somalischen Kindheitsverarbeitung, dem man Ayaan Hirsi Alis Pseudofeminismus mit Sicherheit als islamfeindliche Paranoia entgegensetzen kann.
Warum diese Wende nie kam, lässt sich gerade dadurch erklären, dass Ayaan Hirsi Ali den Bürgerkrieg nicht erlebte, die Gewalt nicht sah und nie von islamistischen Familienmitgliedern umgeben war, sondern in Kenia friedlich lebte und zur Schule ging. Sie eignete sich einen falschen Namen an und baute sich ein islamophobes Kartenhaus, um ihre Karriere in den Niederlanden möglich zu machen. 2006 wurde ihr nach der Aufdeckung ihrer Lügenmärchen die Staatsbürgerschaft entzogen. Seitdem lebt sie in den USA.
Wenn man über Ayan Hirsi Ali redet, dann muss der Kurzfilm „Submission“, dessen Drehbuch sie geschrieben hat, erwähnt werden. Der Film, der zum erschütternden Tod des Regisseurs Theo Van Gogh führte, ist durchdrungen von negativen Bildern einer passiven, geschlagenen, unterdrückten und betrogenen, aber noch zynisch-betenden Frau. Allahs Worte im Koran sind ihr in die Haut tätowiert, sie liegt blutig von Peitschenhieben zerschlagen da und erklärt, wie der Koran und der Islam dies rechtfertigen würden und spielt zynisch auf Al-Rahman Al-Rahim (des Barmherzigen und Gnädiger) an. Dies geschieht alles in dem Kontext, dass sie völlig entblöst in einem durchsichtigen schwarzen Kleid das islamische Gebet vorführt. Ayaan Hirsi Ali verfolgt mit ihrem Pseudoengagement, wodrunter der Film fällt, für die unterdrückten Frau der muslimischen Welt das Ziel, die Frau vor dieser Todesreligion und dieser Gewaltinszenierung des Islam zu retten, wobei sie sich aber nur selbst auf den Fernsehbühnen der Welt inszenieren will.
Ihre politische Karriere in den Niederlanden war auch nur auf ein Ziel ausgerichtet: die Verbannung und Zerstörung der „grünen Pest“ im Lande für die Rettung der unterdrückten Frau. Wie sie sich im Film, vor der Bühne, im Parlament, in den Talk-Shows inszeniert, so schreibt sie auch und so inszeniert sie sich auch in ihren Büchern. Und wenn ihre Lügen auffliegen, lächelt sie einfach und gibt es zu, gelogen zu haben. Aber sie setzt ihre Narrative im Namen der Idealität fort: die Idealität in ihrem Leben ist der Krieg gegen den Islam als Todeskult, als Religion der Gewalt. Aber im Unterschied zu Wilders, interpretiert sie nicht die Gewalt in einen Islam hinein, der eigentlich friedlich ist, sondern sie zeichnet ihre Szenen selbst.
Sie führt die Frau tätowiert und entblößt, mit den Peitschenhieben in die Haut gezeichnet vor in einer irrealen Umgebung, die aber Menschen emotional anspricht, wenn sie nichts vom Islam wissen. Sie assoziiert nicht nur wie Pamela Geller oder Geert Wilders, sondern sie erzeugt Gleichungen und paradigmatische Übereinstimmungen, so z.B. die Gleichung „Mord an Van Gogh = islamische, rituelle Schlachtung“. In ihrem letzten Buch mit dem Titel „Heretic: Why Islam Needs a Reformation Now“, das in diesem Jahr erschien und auch schon in deutscher Sprache verfügbar ist, sagt der Titel schon alles über ihr Paradigma, da die Dialektik der Islamophobie überschreitet. Es geht ihr nicht mehr darum, den Islam einer Alternative gegenüberzustellen, sondern ihn nur noch mit Häresie gleichzustellen.
In diesem Sinne ist die Dialektik zwischen Islam und islamischer Folklore zum Beispiel im Sinne vieler Islamwissenschaftler völlig überholt, denn Ayaan Hirsi Ali geht einen Schritt weiter: in ihrem Weltbild gibt es keine Reform des Islam, sondern nur seine Zerstörung zwecks Überwindung der Dialektik zwischen dem Islam und dem Anderen. Viele Kritiker halten die somalische Autorin und „Menschenrechtlerin“ , eine „selbsthassende“ Islamfeindin. Dem stimme ich aber nicht zu, da ich sie eher als eine narzisstische „selbstinszenierte“ Islamfeindin bezeichnen würde, die die Reform des Islam mit seiner Zerstörung gleichstellt.
Denn wahre Argumente hat Ayaan Hirsi Ali nicht, denn sobald man den Unterschied zwischen Islam und muslimischer, pseudoislamischer Tradition erklärt, fällt ihr Kartenhaus in sich zusammen. Es überlebt die Dialektik zwischen dem wahren Islam und dem Missbrauch des Islam durch die Muslime und durch die Islamhasser, die sich beide gegen den Islam richten, keineswegs. Den Reformismus, den sie uns im Buch vorspielt, ist absolut unglaubwürdig: es sollten nämlich die aufgeklärten Muslime gegen die Fundamentalisten siegen. Warum ist sie dann selbst eine Apostatin und schließt sich nicht selbst dieser tollen und frauenfreundlichen muslimischen Reformbewegung an? Die Antwort findet sich für mich in ihrer Unfähigkeit zur Dialektik und in ihrer Besessenheit vom islamophoben Kampf, der für sie aus einem reinen Angriffsmanöver, ohne den Konflikt mit dem Anderen auszuleben, besteht.