Flüchtlingsmisshandlung

Islamische Religionsgemeinschaften fordern Bundespolizei zu Konsequenzen auf

Islamische Religionsgemeinschaften verurteilen die Misshandlung von Flüchtlingen durch deutsche Polizeibeamte als „menschenverachtend“. Sie verweisen auf zunehmende Islamfeindlichkeit und strukturellen Rassismus und fordern eine unmittelbare Aufklärung der Tat.

19
05
2015

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat die mögliche Misshandlung von Flüchtlingen in einer Zelle der Bundespolizei Hannover als „menschenverachtend“ verurteilt. Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek fordert den Präsidenten der Bundespolizei, Dieter Romann, auf, hart durchzugreifen. Er müsse sich bei den Opfern entschuldigen und sie entschädigen, damit nicht die Polizei insgesamt in Misskredit gerate.“

Auch der Islamrat der Bundesrepublik Deutschland verurteilt die Misshandlung von Flüchtlingen durch Polizeibeamte aufs Schärfste. „Die Misshandlungsvorwürfe gegen die beiden muslimischen Flüchtlinge sind ungeheuerlich“, so der Islamratsvorsitzende Burhan Kesici gegenüber IslamiQ. „Die Vorwürfe zeigen deutlich, dass notwendige Sensibilitäten im Umgang mit Menschen mit unterschiedlichen religiösen und kulturellen Hintergründen bei Polizeibehörden, um solch rassistische Vorfälle zu verhindern, nicht ausreichend fortgeschritten sind. Daher fordern wir eine unmittelbare Aufklärung der Taten und strikte Konsequenzen für die Täter!“, so Kesici weiter.

Überdies warnen die islamischen Religionsgemeinschaften vor einer Zunahme religiös motivierter Gewalttaten in Deutschland: „Wir erleben in letzter Zeit eine erschreckende Zunahme von Angriffen auf Muslime, die von Verachtung und tiefer Respektlosigkeit wegen ihres Glaubens gekennzeichnet ist“, äußert Mazyek seine Sorge.

Struktureller Rassismus?

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat ebenfalls Konsequenzen aus dem mutmaßlichen Fall der Misshandlung von Flüchtlingen im Polizeigewahrsam gefordert. Die Vorwürfe gegen die Bundespolizei seien „erschütternd“, sagte sie am Montag in Berlin. „Wenn es zutrifft, dass ein Beamter Flüchtlinge gequält, sich damit gebrüstet und die Misshandlungen sogar noch dokumentiert hat, muss die Bundespolizei über den Einzelfall hinaus Konsequenzen ziehen“, forderte Özoguz.

Nach den Worten des Geschäftsführers von Pro Asyl, Günter Burkhardt, zeigen die bisher bekanntgewordenen Vorfälle ein „entsetzliches Ausmaß an Rassismus und Menschenverachtung“. Er forderte eine Ausweitung der Ermittlungen auf die Mitwisser. „Der Skandal im Skandal ist die Tatenlosigkeit der Mitwisser in Polizeiuniform“, so Burkhardt. In einer hierarchischen Polizeiorganisation stelle sich auch die Frage, ob und inwieweit die Vorfälle Vorgesetzten bekannt gewesen seien.

Polizei verspricht Aufklärung

Bundespolizeipräsident Dieter Romann hat In der Affäre um die mutmaßliche Misshandlung von Flüchtlingen Konsequenzen angekündigt. „Sollten sich die zum Teil erheblichen Vorwürfe gegen den oder die Beamten einer bestimmten Dienstgruppe der Inspektion Hannover auch nur ansatzweise bestätigen, wird die Bundespolizei gegen den oder die betreffenden Beamten mit aller Konsequenz vorgehen», sagte Romann am Dienstag.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sprach dagegen von einem „Einzelfall“. „Es geht hier nicht um ein strukturelles Problem der Polizei, sondern um einzelne schwarze Schafe.“ Die Bundespolizei arbeite gerade im Umgang mit Flüchtlingen „ganz hervorragend“ und zeichne sich „durch ein hohes Maß an interkultureller Kompetenz aus.“ Allerdings brauche die Polizei mehr Raum und Personal, um gerade Konfliktsituationen in Gesprächen lösen zu können.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen einen 39-jährigen Bundespolizisten unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Er soll in mindestens zwei Fällen inhaftierte Männer aus Afghanistan und Marokko gedemütigt und geschlagen und damit im Kurznachrichtendienst WhatsApp geprahlt haben.(dpa,KNA,iQ)

Leserkommentare

Andreas sagt:
Es genügt nicht, lediglich den oder die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Es kann wohl kaum sein, dass Kollegen und Vorgesetzte nichts von den Vorgängen mitbekommen haben. Also sind auch diese Mitwisser zur Rechenschaft zu ziehen. In diesem Fall von einem Einzelfall zu sprechen stellt eine Beschönigung ohne Gleichen dar. Es mag sein, dass wir es nur mit einem oder einigen wenigen Tätern zu tun haben. Aber zu einem strukturellen Problem wird es, wenn die Kollegen bewußt wegschauen und schweigen. Auch das zeigt fehlendes Unrechtsbewußtsein, wenn nicht gar Gutheissen der offenbar rassistischen Taten. Das läßt sich auch nicht mit der angeblich sonst hervorragenden Arbeit der Bundespolizei aufwiegen.
20.05.15
11:11