Der Kopftuchstreit an Niedersachsens Schulen ist beendet. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht das Land Lehrerinnen künftig das Tragen von Kopftüchern. Der wesentliche Stolperstein für den Staatsvertrag mit den Muslimen ist damit aus dem Weg geräumt.
Niedersachsen ermöglicht Lehrerinnen künftig das Tragen von Kopftüchern und räumt damit einen Stolperstein für den lange geplanten Staatsvertrag mit den Muslimen aus dem Weg. Das bisher aus dem niedersächsischen Schulgesetz hergeleitete Kopftuchverbot wird abgeschafft. Wie das Kultusministerium in Hannover am Freitag mitteilte, können Lehrerinnen in öffentlichen Schulen künftig ein Kopftuch tragen, wenn sie sich dazu aus religiösen Gründen verpflichtet sehen.
Der Grund für den Kurswechsel ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom März, mit dem ein pauschales Verbot von Kopftüchern gekippt wurde. Ein Erlass soll den Schulen in Niedersachsen in Kürze die veränderte Gesetzesauslegung erläutern.
Islamische Religionsgemeinschaften hatten das in Niedersachsen praktizierte Kopftuchverbot in der Vergangenheit kritisiert und es als einen Hemmschuh für den angestrebten Staatsvertrag gesehen. Er soll die muslimische Glaubensgemeinschaft ähnlich fest in der Gesellschaft verankern wie bereits die christlichen Kirchen und das Judentum. Der Mangel an muslimischen Religionslehrerinnen hänge auch mit dem Kopftuchverbot zusammen, hatten die Religionsgemeinschaften erklärt. Mit der neuen Kopftuchregelung für Schulen sei der Knackpunkt zu einem Staatsvertrag aus dem Weg geräumt, sagte der Sprecher des Landesverbandes der Muslime, Firouz Vladi.
Wie Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag der dpa sagte, müssten in Bezug auf den Staatsvertrag noch einige kleinere Punkte geklärt werden. Er rechne mit einer Unterzeichnung des Vertrages im zweiten Halbjahr – wenn möglich zügig nach der Sommerpause. Eigentlich hatte der Vertrag schon viel früher in trockenen Tüchern sein sollen. Nun aber wollte Weil am Freitagabend beim Empfang der Landesregierung zum Abschluss des Fastenmonats Ramadan den bevorstehenden erfolgreichen Abschluss der Vertragsverhandlungen vermelden. Die neue Kopftuchregelung soll darin verankert werden.
Bereits vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatte Weil über Lockerungen beim Kopftuchverbot nachgedacht, was in der SPD auf kritische Stimmen stieß. Da das Schulgesetz über Kopftücher explizit nichts sagt, bedarf es nach Auffassung der Regierung auch keiner Gesetzesänderung mit parlamentarischer Debatte, sondern es reicht ein Erlass zur neuen Auslegung des Gesetzes.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hatte eine Grenze zum Recht auf das Tragen eines Kopftuches dort gezogen, wo dadurch der Schulfrieden gestört wird oder es zu einer konkreten Gefährdung kommt. „Da muss man die Praxis abwarten“, meinte Vladi. Offen bleibe, ab wann der Schulfrieden als gestört angesehen werde und ob dazu bereits der Protest von beispielsweise rechtsradikalen Eltern reiche.
Für wichtig hält der Landesverband der Muslime, dass der Staatsvertrag einschließlich der Kopftuchregelung durch den Landtag verabschiedet wird. Damit sei sichergestellt, dass eine künftige Landesregierung den Vertrag samt aller Regelungen für die Muslime nicht einfach so außer Kraft setzen könne. (dpa)