Sie kümmert sich um traumatisierte Flüchtlinge, die von schrecklichen Erinnerungen heimgesucht werden. Eine muslimische Psychologin aus dem Rhein-Main-Gebiet wünscht sich, dass diese Menschen schneller Hilfe erhalten – auch, damit Integration besser funktioniert.
Die junge Frau aus dem Irak erinnert sich immer wieder an die Bombenanschläge und ihre niedergemetzelten Nachbarn. Sie selber wird bedroht und entschließt sich schließlich zur Flucht.
Irgendwann landet sie in Deutschland – und steht vor der Tür von Malika Laabdallaoui. Die 50-Jährige ist Diplompsychologin. In ihrer Praxis im hessischen Rüsselsheim behandelt sie einige traumatisierte Flüchtlinge, darunter die junge Irakerin.
Darüber hinaus ist die in Mainz lebende Laabdallaoui seit Anfang Juli die erste Frau an der Spitze eines Landesverbandes im Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), in diesem Fall von Rheinland-Pfalz.
Mit Blick auf die psycho-therapeutische Versorgung von Schutzsuchenden kritisiert Laabdallaoui: „Genug wird da nicht getan.“ In Deutschland gebe es generell lange Wartelisten. Flüchtlinge hätten darüber hinaus oft keinen Anspruch auf solche Behandlungen. Im Rhein-Main-Gebiet sei sie selber möglicherweise die einzige Anlaufstelle, sagt die gebürtige Marokkanerin. „Ich therapiere auch auf Arabisch.“
Flüchtlinge würden auch von ehrenamtlichen Helfern oder von Mitarbeitern kirchlicher und städtischer Beratungsstellen in ihre Praxis gebracht. „Da sind richtige Dramen“, erzählt Laabdallaoui. Die Trennung von Familien; Frauen, die nicht wissen, wo oder ob ihre Ehemänner leben; schreiende Kinder mit Schlafstörungen; die junge Irakerin, die noch immer von den Bomben träumt.
„In der Therapie weiß ich manchmal gar nicht, wo ich ansetzen soll“, sagt Laabdallaoui. Flüchtlinge als Patienten seien oftmals nicht zugänglich. Es fehle eine soziale Stabilität, sie seien isoliert und mitunter psychisch nicht in der Lage, Beziehungen aufzubauen oder den Alltag zu meistern. Das könne in depressive Erkrankungen münden.
Die Therapeutin, die als Zwölfjährige mit ihrer Familie in den Frankfurter Raum kam, wünscht sich eine schnellere Anerkennung von Flüchtlingen – je länger sie in Unsicherheit lebten, desto stärker könnten psychische Symptome werden. Um zu gesunden, seien Sicherheit und soziale Stabilität unerlässlich. „Sonst haben wir laute kranke Menschen, die zu nichts zu gebrauchen sind.“ Dabei gehe es doch darum, Flüchtlinge gut in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.
Mehr Miteinander ist auch ein Anliegen Laabdallaouis als Vertreterin des Zentralrates. „Mir ist ganz wichtig, dass wir Muslime in normalen Vereinen integriert werden.“ Sie denkt dabei vor allem an Jugendliche und Frauen in Ehrenämtern, bei der Flüchtlingshilfe, in Umweltschutz- und Tierschutzgruppen – „irgendwann einfach dazugehören“.
Abgrenzungstendenzen seien sowohl bei Deutschen mit als auch ohne Migrationshintergrund zu beobachten. „Da haben wir noch auf beiden Seiten einiges zu lernen.“
Dass sie als erste Frau einem ZMD-Landesverband vorsteht, spiele für sie keine große Rolle, sagt die verheiratete Mutter von zwei Kindern. „Jeder sollte das einbringen, was er leisten kann, egal ob Mann oder Frau.“ Da in Deutschland Frauen in hohen Ämtern unterrepräsentiert seien, sei ihre Wahl aber ein wichtiges Zeichen nach außen.
Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek sagt, er sei stolz darauf. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.“ Laabdallaoui sei zwar die erste Frau an der Spitze eines Landesverbandes. „Der Zentralrat hat aber schon immer starke Frauen gehabt.“ Er verwies auf den Bundesvorstand mit zwei weiblichen Mitgliedern: darunter die Generalsekretärin Nurhan Soykan, die auch amtierende Sprecherin des Koordinationsrates der Muslime sei. Oder der Berliner ZMD-Landesverband, der zur Hälfte aus Frauen bestehe – „was es so auch nicht gab“.
Laabdallaoui will muslimische Vereine vernetzen, damit diese mit „einer einheitlichen Stimme“ sprechen. Der Landesverband soll so ein starker Ansprechpartner für Landes- und Bundesregierung sowie für gesellschaftliche und kirchliche Institutionen sein. (KNA, iQ)