Muslime helfen Flüchtlingen. Zum einen aus religiöser Pflicht und zum anderen aus menschlicher Selbstverständlichkeit. Wir berichten über die vielen hoffnungsvollen Geschichten. Was muslimische Bescheidenheit mit der Wahrnehmung des muslimischen Engagements zu tun hat, schreibt DITIB-Pressesprecherin Ayşe Aydın
Gemeinsam mit der Flüchtlingswelle kam die Hilfswelle – und was machen die Muslime? Ein Facebook-Kommentar erklärt dies sehr eindringlich: „und was machen die Muslime…
…helfen, wie alle anderen auch! Man müsste es eigentlich gar nicht erwähnen, wäre da nicht immer wieder die unterschwellige Frage nach dem Engagement der Muslime in der Stadtgesellschaft. Viele Moscheegemeinden haben sich organisiert. Zum Teil in schnell gegründeten Helferkreisen, die in straff organisierten Schichtplänen in den Hallen geholfen haben; immer im Kontakt mit den örtlichen Einsatzleitungen. Die Kommunikation untereinander erfolgte über facebook und Whatsapp, manchmal im Sekundentakt. Hunderte von Willkommenspaketen wurden organisiert, Dolmetscher für Arabisch, Farsi und anderen Sprachen aus den eigenen Reihen aktiviert. (…) Also bitte, wer jetzt immer noch nach dem Engagement unser Muslime fragt, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Muslime und der Islam gehören untrennbar zu unserer Stadtgesellschaft.“
Die spontane Hilfe vor Ort zeugt von großem ehrenamtlichem Engagement. Die Moscheen vor Ort sind vernetzt und bringen ihre ehrenamtliche Hilfe direkt vor Ort ein – mehr oder weniger beachtet von der Öffentlichkeit. So ist das Engagement in den Gemeinden nicht getragen von dem öffentlichkeitswirksamen Prinzip „Tu Gutes und sprich darüber“, sondern nach dem islamischen Gebot der Bescheidenheit: „Was die eine Hand spendet, soll die andere Hand nicht mitbekommen“.
Der Vorsitzende der DITIB-Moschee in Sachsenheim, Ismet Harbi, sagt daraus folgernd: „Wir machen das nicht plakativ, sondern sehr zurückhaltend. Für die Person, die etwas braucht, muss es unauffällig sein.“ Dies spiegelt auch die muslimische Haltung wieder, dass Hilfe an Bedürftige möglichst unauffällig geschieht, um den Bedürftigen nicht zum Bittsteller zu machen oder sich selbst dadurch zu profilieren.
So sammeln fast alle Moscheen Kleider- und Sachspenden. Darüber hinaus gibt es längst Moschee-Gemeinden, die trotz eigener beengter Raumsituation Flüchtlinge aufgenommen haben – sofern geeignete Räumlichkeiten vorhanden sind, beispielsweise in der DITIB-Gemeinde Würzburger Aumühle. Auch gibt es Gemeindemitglieder, die sich darum bemühen, den Status von Pflegeeltern zu erlangen, um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu betreuen. Diesbezüglich gibt es entsprechende Fachkompetenzen bei der DITIB, die über die DITIB-Hotline und in Präsenzen der sozialen Medien entsprechend informieren und ermutigen.
Auch Jugend- und Sportvereine im DITIB-Verband haben bereits im Rahmen ihrer Möglichkeiten spezielle Angebote für Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge entwickelt und bieten diese regelmäßig an, um ein Stück Normalität für diese zu ermöglichen. Der DSK Köln beispielsweise wurde für dieses seit 2014 bestehendes Angebot unlängst ausgezeichnet und hatte vom Stadtsportbund Köln finanzielle Hilfe für dieses Angebot erhalten.
Dass die Grundvoraussetzungen der muslimischen Glaubensgemeinschaft nicht den Wohlfahrtsverbänden vergleichbar sind und allein auf Ehrenamt basieren, sei hier nochmals betont. Doch neben diesen spontanen, kurzfristigen Arbeiten vor Ort, gibt es ebenfalls geplante mittel- und langfristige Arbeiten und Projekte, um in der Flüchtlingshilfe als Religionsgemeinschaft stärker aktiv zu sein und damit auch religiösen Prinzipien der Nächstenhilfe umzusetzen.
Eigens dafür ist nunmehr auch eine Internetplattform in Arbeit, um das muslimische Ehrenamt stärker zu vernetzen, Synergien zu schaffen und Verantwortlichkeiten zu bündeln.
In Kürze wird eine weit getragene Opferfest-Kampagne starten, in der das Teilen als zentraler Moment in der muslimischen Religionspraxis zum Opferfest (23.-27.09.2015) eine Vitalisierung erfährt. Vergleichbar dem gemeinschaftlichen Fastenbrechen, zu dem alle Menschen in die Moscheen eingeladen waren, wird das Fleisch der Opfertiere mit den Bedürftigen und Nachbarn geteilt.
Mit der Ersthilfe allein ist es aber nicht getan. Die Flüchtlinge brauchen mittel- und langfristig Unterstützung. Dafür und für alle Flüchtlinge, egal welchen Glaubens, setzen sich die Moscheegemeinden motiviert durch ihren Glauben bedingungslos ein. In diesem Sinne sagen wir: „Möge Gott das Bemühen annehmen! Vielen Dank an alle Engagierten! – Und weiter so!“