Die Religion ist das wichtigste Identitätsmerkmal, auf das sich viele der geflohenen Menschen stützen können. Sie spielt nach Ansicht des Luzerner Politikwissenschaftlers Antonius Liedhegener eine wichtige Rolle bei der Integration von Flüchtlingen in Deutschland.
Der Faktor Religion spielt nach Ansicht des Luzerner Politikwissenschaftlers Antonius Liedhegener eine wichtige Rolle bei der Integration von Flüchtlingen in Deutschland. „Die eigene Religionszugehörigkeit, sei es die muslimische, christliche oder jesidische, ist in der neuen, unvertrauten Umwelt Deutschlands wohl das wichtigste Identitätsmerkmal, auf das sich viele der geflohenen Menschen stützen können, auf das sie aber auch von der Öffentlichkeit vielfach festgelegt werden“, schreibt Liedhegener in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ (Donnerstag).
Zugleich zeige beispielsweise ein Blick auf die Geschichte der USA, „dass Integration nicht trotz oder gar gegen religiöse Identitäten gelingt, sondern durch sie“, so der Forscher, der im Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik (ZRWP) an der Universität Luzern tätig ist. Dafür wiederum müssten die Migranten lernen, Konflikte gewaltfrei auszutragen und sich „die Haltung aneignen, im neuen Umfeld mit religiöser und weltanschaulicher Pluralität friedlich zu leben“.
Dies könnten ihnen auch die bereits länger in Deutschland lebenden Glaubensbrüder und -schwestern vermitteln. Aber auch die Gesellschaft als Ganzes sei gefragt, betont der Forscher in seinem Gastbeitrag. „Um die Abschließung von ganzen Gruppen auf der Basis religiöser Identitäten zu vermeiden, müssen Formen der organisierten, politischen Kooperation gefunden werden, die die staatliche Politik, die Zivilgesellschaft und die neuen religiösen Gruppierungen in einen kontinuierlichen, dichten Austausch auf allen Ebenen bringen.“ Dazu, so Liedhegener, brauche es Sprecher der Zugewanderten. Aufgabe von Politik, islamischen Verbänden und der beiden Kirchen sei es, „hier weiterzudenken und institutionell Wege zu bereiten, die dann in Gemeinden, Kreisen, Bundesländern sowie in Deutschland insgesamt beschritten und erprobt werden können“. Er halte wenig von einer „Privatisierung aller Religion“, wie sie etwa sein Berliner Kolleg Herfried Münkler fordere, hält Liedhegener fest. „Die gewaltige Aufgabe der Integration, die sich für die Zugewanderten wie die deutsche Mehrheitsgesellschaft gleichermaßen stellt, wird umso besser gelingen, je stärker Religion als eine Quelle der Integration wirkt.“(KNA)