Merkel

Bald Entscheidung zu Familiennachzug

Die mögliche Einschränkung des Familiennachzugs für syrische Flüchtlinge sorgt weiter für Diskussionen. Muslime warnen vor sozialen Spannungen, die durch das fehlende familiäre Umfeld entstehen könnten.

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2015
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In einem Interview mit der Passauer Neuen Presse erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die EU sei keine Sozialunion. Kritiker aus verschiedenen Lagern werfen der Bundeskanzlerin seitdem vor, rechtspopulistische Ressentiments aufzugreifen und selbst zu schüren. Schließlich hatten die rechtsextreme NPD ("Wir sind nicht das Sozialamt der Welt.") und die als rechtspopulistisch geltende AfD ("Wir sind nicht das Weltsozialamt.") ähnliche Slogans im Wahlkampf benutzt. Nun hat sich auch der Vorsitzende des Interkulturellen Rates, Jürgen Micksch, kritisch zu den Äußerungen der Bundeskanzlerin zu Wort gemeldet. Micksch bezeichnete es als "Wahlhilfe für Rechtspopulisten", wenn die Bundeskanzlerin sage: "Wir wollen Hartz IV nicht für EU-Bürger zahlen, die sich allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten". Merkel verschweige, dass eine angebliche Zuwanderung in die Sozialsysteme kaum stattfinde. Frieden wird gefährdet "Europaweit greifen Regierungen die Argumentationen von Rechtspopulisten auf, deren gemeinsamer Kern rassistische Einstellungen sind. Das stärkt den Rassismus in der Bevölkerung. Der Frieden in unserer Gesellschaft und in den europäischen Ländern wird dadurch gefährdet. Aufgabe verantwortlicher Politik ist die kritische Auseinandersetzung mit rassistischer Stimmungsmache", so Jürgen Micksch. Nach den Wahlen werde es eine der wichtigsten Herausforderungen für das Europäische Parlament sein, europäische und nationale Programme gegen Rassismus und Rechtsextremismus auf den Weg zu bringen. Dankbar sei der Interkulturelle Rat dem Bundespräsidenten, der die Einwanderung befürworte und dazu anrege, nicht mehr von "wir und denen" zu reden. CSU macht Wahlkampf gegen Türken Unterdessen ist die CDU-Schwesterpartei CSU, die bereits mit dem Slogan "Wer betrügt, fliegt." für Schlagzeilen gesorgt hatte, mit einer neuen Aktion auffällig geworden. Die CSU beklebt derzeit ihre Europaplakate mit gelben Bannern, auf denen draufsteht: "Türkei-Beitritt verhindern!". Damit übernimmt die CSU weitere Slogans und Positionen von rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien.
CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel © Foto: Alexander Kurz, Lizenz: CC-BY-SA-3.0, bearbeitet IslamiQ

Laut Medienberichten kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an, die Innenminister würden bald über die Frage diskutieren. Sie hoffe auf eine einvernehmliche Lösung: „Es muss Beschleunigung einerseits und Ordnung andererseits der Asylverfahren gewährleistet werden.“ Zur Diskussion steht ein niedrigerer Schutzstatus für Flüchtlinge aus Syrien.

Dies würde eine Beschränkung des Familiennachzugs ermöglichen. Die SPD steht dem Vorhaben bislang ablehnend gegenüber. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich irritiert über die Forderung. Der im Grundgesetz garantierte Schutz der Familie sei nicht auf deutsche Familien begrenzt, betonte Schwesig am Dienstag im Deutschlandfunk. Demgegenüber erklärte der CDU-Politiker Jens Spahn, es gebe einen grundsätzlichen Konsens zwischen Union und SPD, „dass wir den Familiennachzug begrenzen müssen“. Die Botschaft sei hart, aber ehrlich, sagte er bei n-tv. Nun gehe es darum, diesen „Grundkonsens“ konkreter auszugestalten. Vertreter von Opposition, Religionsgemeinschaften und Hilfsorganisationen übten zum Teil scharfe Kritik.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, warf der Union einen widersprüchlichen Kurs vor. Eine Partei, die die Werte der Familie hochhalte, wolle die Familie zerreißen. „Das ist absurd“, sagte die Politikerin im ZDF-Morgenmagazin. Der katholische Sozialbischof Franz-Josef Overbeck sprach von einer Pflicht zur Aufnahme syrischer oder irakischer Flüchtlinge. Für die an Leib und Leben bedrohten Menschen aus diesen Ländern dürfe es weder Quoten oder Kontingente noch Grenzen und Mauern geben, sagte er in Mülheim.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, warnte, ein solcher Schritt sei „Gift für eine schnellere Integration“. Das Fehlen eines familiären Umfeldes trage zudem zu soziale Spannungen bei, so Mazyek in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. (KNA, iQ)