Muslimische Vertreter rücken demonstrativ zusammen. Gemeinsam verurteilen sie den Terror von Paris aufs Schärfste. Sie betonen, dass die Radikalisierung nicht in Moscheen stattfindet, dennoch sehen sie sich ebenfalls in der Verantwortung, dieser Radikalisierung junger Mitbürger entgegenzuwirken.
Die großen islamischen Gemeinschaften in Deutschland wollen sich nach der Terrorserie von Paris stärker gegen eine Radikalisierung junger Muslime einsetzen. Schon vor den „niederträchtigen und barbarischen Anschlägen“ hätten die Moscheegemeinden dazu in mehreren Initiativen einen Beitrag geleistet, sagte Zekeriya Altuğ, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime (KRM), am Montag in Köln. Möglichst im Schulterschluss mit anderen gesellschaftlichen Gruppen solle das forciert weitergehen. Auch Schulen könnten mehr tun.
Der Anschlag gelte allen friedliebenden Menschen. Man müsse nun umso mehr zusammenzustehen: „Gesellschaftlicher Zusammenhalt jetzt erst recht.“ Für den Zentralrat der Muslime (ZMD) ergänzte Generalsekretärin Nurhan Soykan, der IS gehe es allein um Macht und territoriale Ansprüche. „Die Religion wird missbraucht als Rekrutierungsmittel.“ In ihrer gemeinsamen Erklärung appellieren die Organisationen, die Flüchtlinge in Deutschland, die vor dem IS-Terror geflohen seien, vor einer drohenden Stigmatisierung zu schützen.
Die Radikalisierung finde außerhalb der Moscheegemeinden statt, betonte Bekir Altaş, der als Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) für den Islamrat sprach. Man solle gemeinsam gegen Terror und Radikalisierung eintreten: „Dabei endet unsere Verantwortung nicht vor der Tür der Moschee.“ Die Radikalisierung von jungen Muslimen finde nämlich nicht in den Moscheen statt, zitiert der Deutschlandfunk den IGMG-Generalsekretär. Altaş weiter: „Wir müssen vielmehr auch die Jugendlichen außerhalb der Moscheen erreichen, die vor allem im Internet aktiv sind. „Dabei müsse auch die Unterstützung von Politik und Gesellschaft folgen. Man müsse sich inhaltlich und differenziert mit der Schwarz-Weiß-Propaganda im Netz auseinandersetzen.
Imame thematisierten das bereits in Gesprächskreisen mit Jugendlichen. Dem KRM zufolge hat beim Thema Prävention jede Gemeinschaft ihre eigenen Konzepte. Zentral seien „Identitätsbildung und solide religiöse Bildung“, da vor allem junge Menschen mit Identitätsproblemen anfällig für extremistisches Gedankengut seien. In Einigkeit gingen die islamischen Religionsgemeinschaften sowie weitere religiöse Organisationen erstmals gemeinsam an die Öffentlichkeit, um die Anschlagsserie scharf zu verurteilen. „Die Mörder von Paris irren, wenn sie glauben, sie seien die Vollstrecker eines göttlichen Willens“, betonte Altuğ. Die Gräueltaten mit mindestens 129 Toten und mehr als 350 Verletzten werden der Terrormiliz Islamischer Staats (IS) zugeordnet.
Die Erklärung wird getragen von den vier Dachorganisationen Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), Zentralrat der Muslime (ZMD), Verband der Islamische Kulturzentren (VIKZ) und Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), die im KRM zusammengeschlossen sind. Außerdem von den vier Organisationen Islamische Gemeinschaft der Schiiten (IGS), Zentralrat der Marokkaner (ZRMD), Islamische Gemeinschaft der Bosniaken (IGBD) und Ahmadiyya, die Teilnehmer der Deutschen Islam Konferenz in Berlin sind. (dpa, iQ)