Terror in Paris

Muslime: Zusammenhalt jetzt erst recht

Muslimische Vertreter rücken demonstrativ zusammen. Gemeinsam verurteilen sie den Terror von Paris aufs Schärfste. Sie betonen, dass die Radikalisierung nicht in Moscheen stattfindet, dennoch sehen sie sich ebenfalls in der Verantwortung, dieser Radikalisierung junger Mitbürger entgegenzuwirken.

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2015
Islamverbände gemeinsam gegen Terror: Zusammenhalt, jetzt erst recht. © DITIB

Die großen islamischen Gemeinschaften in Deutschland wollen sich nach der Terrorserie von Paris stärker gegen eine Radikalisierung junger Muslime einsetzen. Schon vor den „niederträchtigen und barbarischen Anschlägen“ hätten die Moscheegemeinden dazu in mehreren Initiativen einen Beitrag geleistet, sagte Zekeriya Altuğ, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime (KRM), am Montag in Köln. Möglichst im Schulterschluss mit anderen gesellschaftlichen Gruppen solle das forciert weitergehen. Auch Schulen könnten mehr tun.

Der Anschlag gelte allen friedliebenden Menschen. Man müsse nun umso mehr zusammenzustehen: „Gesellschaftlicher Zusammenhalt jetzt erst recht.“ Für den Zentralrat der Muslime (ZMD) ergänzte Generalsekretärin Nurhan Soykan, der IS gehe es allein um Macht und territoriale Ansprüche. „Die Religion wird missbraucht als Rekrutierungsmittel.“ In ihrer gemeinsamen Erklärung appellieren die Organisationen, die Flüchtlinge in Deutschland, die vor dem IS-Terror geflohen seien, vor einer drohenden Stigmatisierung zu schützen.

Die Radikalisierung finde außerhalb der Moscheegemeinden statt, betonte Bekir Altaş, der als Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) für den Islamrat sprach. Man solle gemeinsam gegen Terror und Radikalisierung eintreten: „Dabei endet unsere Verantwortung nicht vor der Tür der Moschee.“ Die Radikalisierung von jungen Muslimen finde nämlich nicht in den Moscheen statt, zitiert der Deutschlandfunk den IGMG-Generalsekretär. Altaş weiter: „Wir müssen vielmehr auch die Jugendlichen außerhalb der Moscheen erreichen, die vor allem im Internet aktiv sind. „Dabei müsse auch die Unterstützung von Politik und Gesellschaft folgen. Man müsse sich inhaltlich und differenziert mit der Schwarz-Weiß-Propaganda im Netz auseinandersetzen.

Imame thematisierten das bereits in Gesprächskreisen mit Jugendlichen. Dem KRM zufolge hat beim Thema Prävention jede Gemeinschaft ihre eigenen Konzepte. Zentral seien „Identitätsbildung und solide religiöse Bildung“, da vor allem junge Menschen mit Identitätsproblemen anfällig für extremistisches Gedankengut seien. In Einigkeit gingen die islamischen Religionsgemeinschaften sowie weitere religiöse Organisationen erstmals gemeinsam an die Öffentlichkeit, um die Anschlagsserie scharf zu verurteilen. „Die Mörder von Paris irren, wenn sie glauben, sie seien die Vollstrecker eines göttlichen Willens“, betonte Altuğ. Die Gräueltaten mit mindestens 129 Toten und mehr als 350 Verletzten werden der Terrormiliz Islamischer Staats (IS) zugeordnet.

Die Erklärung wird getragen von den vier Dachorganisationen Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), Zentralrat der Muslime (ZMD), Verband der Islamische Kulturzentren (VIKZ) und Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), die im KRM zusammengeschlossen sind. Außerdem von den vier Organisationen Islamische Gemeinschaft der Schiiten (IGS), Zentralrat der Marokkaner (ZRMD), Islamische Gemeinschaft der Bosniaken (IGBD) und Ahmadiyya, die Teilnehmer der Deutschen Islam Konferenz in Berlin sind. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Zehra sagt:
@Charley, Übrigens in den Zeiten der Sklaverei, waren auch sehr viele andere Völker daran beteiligt, das römische Reich welches brutale Vorgehensweisen hatte und noch viele andere kleinere Völker. Gäbe es den Islam nicht, wäre die Sklaverei womöglich für viele Menschen sehr schrecklich ergangen und sie wären wahrscheinlich nie aus der Sklaverei herausgekommen oder konnten sich freikaufen. Da möchte ich dich aber slebst bitten deine Recherche zu führen. Schließlich kann man euch nicht immer alles bereitstellen müssen, ihr müsst auch mal Sachverhalte hinterfragen und von einem breiten Spektrum aus betrachten, anstatt nur eine Gruppe anzugreifen und sie ohne jeglichen Verstand und Vorwissen als negativ abzustempeln. Seit mal etwas weltoffener! bezüglich deines Satzes mit der Substanz bitte ich dich auch da dich nächstes mal etwas besser auszudrücken! Denn in deinem Satz steht ("…dann hat er nicht viel Substanz!) Da steht schließlich ganz klar das Wort "nicht". Was auch immer! Das ist ja nun auch nicht das wesentliche Problem! Die Muslimin ist nicht eine Nicht Muslimin wenn sie kein Koptuch trägt, wer hat das gesagt außer ihr?? Ihr wollt doch das die Muslima sich nicht bedeckt und am besten gar aus der Religion hinaustretet. Ich bin Muslima und hier kennt mich keiner. Ich habe hier die Freiheit in diesem Kommentar annonym zu sagen was ich tatsächlich von dem Kopftuch halte. Und NEIN ich finde es nicht schrecklich, ich finde es sogar besser, dass ich das Kopftuch trage, und lasse mir nicht von irgendjemanden und erst recht nicht von einem Mann sagen wie ich mich zu kleiden haben soll! Das Ziel des Muslims ist es Frieden auf dieser Erde zu bringen, zu Gott beten, so viele gute Taten wie möglich zu machen und Armen zu helfen. Seine Eltern ehren und der Gesellschaft mit gutem Wissen voranzubringen! Das magst du natürlich nicht verstehen aber einfach mal etwas weltoffener sein und nicht beklemmt behaupten jaja der Islam ist dies und jenes und gut ist! Jetzt müssen wir sie alle umbringen. So wer ist jetzt der Terrorist?
19.11.15
11:06
Charley sagt:
@Suleiman: Ich habe diese Postings gelesen. Auf wen antwortest du? Wer sagt, dass er dir "vorschreiben will", wie du zu leben hast? Mit dem Beton-Basta-Argument deiner gottgegebenen Lebensweise weichst du meiner Frage aus. Tolles "für einen Diskurs zur Verfügung stehen". Ich habe nur (!) Fragen gestellt, für die ich leider keine Antworten bekomme. Hier noch eine für dich: Ein muslimischer Mann gibt in Hamburg einer fremden europäischen Frau nicht die Hand, weil er gerade damit aus seinem kulturellen Hintergrund Abstand, Abstand und Respekt und Höflichkeit ausdrücken will. Für die europäische Frau ist das Nicht-die-Hand-geben gerade despektierlich und verachtend. Wessen Empfinden hältst du für maßgeblich, um das Verhalten in der Situation zu entscheiden? Und warum? -
19.11.15
12:52
Charley sagt:
@Zehra: Du fragst: "Und was ist für dich modern? Das würde ich zu gerne wissen." Hier meine Antwort: Da ist an allererster Stelle das (selbst)kritische Bewusstsein zu nennen, das spätestens mit der Philosophie der Aufklärung (Kant, Lessing (!) und andere) die Grundlagen für eben die moderne Kultur begründet hat, wo niemand "die Wahrheit" hat, sondern diese vielleicht erst im inneren oder äußeren Dialog geschaffen wird. Dazu gehört eben auch die Meinungsfreiheit! Irgendeinen religiösen Absolutheitsanspruch kann seit der Religionskritik des 19.Jahrhunderts (Feuerbach und andere) niemand mehr haben! Die Qual von gottbessenen Fanatikern hat Europa mit der Inquisition hinter sich gelassen. Zum Toleranzgedanken gehört auch der Humor, denn wer nicht sehen kann, das er in allem Ernst immer noch lächerlich ist, ist schon fanatisch. Mit Witz und Spott kann nichts Heiliges entehrt werden, weil es davon gar nicht berührt wird. Humor ist etwas zutiefst Menschliches. Es ist Ausdruck der Freiheit der Person gegenüber auch "dem Heiligen". Und nur in Freiheit möchte ich mich solchem zuwenden. Wer sich als Marionette eines Gottes versteht, ist nicht ver-antwort-lich für sich und sein Tun ("Gott" hat ja die Verantwortung) und in seiner Gottbessenheit zugleich ein Fanatiker. - Humor: Alle totalitären Syteme haben den Witz über sich verfolgt: Die Nazis, die Sowjets, in der DDR, es war schon da lebensgefährlich, Witze über die "Obrigkeit" zu machen. Stehen die Moslems in dieser Reihe? - Ich hoffe, hiermit einige Stichpunkte zu deiner Frage gegeben zu haben. Bei Bedarf mehr! Ich füge hier noch ein Zitat von Lessing an: "„Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit, und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte, und spräche zu mir: wähle! Ich fiele ihm mit Demut in seine Linke, und sagte: Vater gib! die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!“" Diese Bescheidenheit (!) im Bewusstsein der eigenen Irrtumsfähigkeit schützt vor Fanatismus und macht erst gesprächsfähig.
19.11.15
14:11
Lurchi sagt:
@Suleiman: Man muss Suleiman klar entgegnen: Er spricht für sich, nicht für alle Muslime. "Unsere islamische Lebensweise" kann nur die von ihm selbst, für ihn persönlich gewählte, Lebensweise meinen. Andere verstehen ihre Beziehung zu Gott, ihre Kultur, ihre Traditionen anders. Suleiman neigt dazu, sein Verständnis absolut zu setzen. Das ist ebenfalls anmaßend und leider allzuoft ein Merkmal von konservativen Gläubigen, übrigens auch von konservativen Christen.
19.11.15
17:01
Charley sagt:
@Zehra: Es ist schon berührend, deinen Text zu lesen. Aber bitte keine Unterstellungen! a) was du als "Ziel des Muslim-Seins" beschreibt, nennt man Gutmenschentum.Nur ist das auch wieder ein "tue-dies-und-tue-das" und schiebt meine Frage -unbeatwortet- weiter hinaus. Welcher "Seins"-Zustand soll erreicht werden? Zum Vergleich: andere Religionen haben "Erleuchtung", "Karmafreiheit", " Auferstehungsleiblichkeit" u. s. w. als Ergebnis eines durchaus unegoistischen Weges. Das ist es das Ziel, aus welchem die einzelnen deutlich Schritte sich ableiten. Gerade der Buddhismus ist da sehr klar. (Beim Christentum ist es etwas schwieriger.) b) mir ist es komplett egal, ob jemand ein Kopftuch trägt, solange ich es nicht muss ( bin ein Mann). c) Ich habe jetzt verstanden, dass das Kopftuch nicht essentiell über das wahrhaftige Muslimsein entscheidet. Also schon mal ein potentieller "Zopf". Und genau hier entsteht meine Frage: Was ist essentiell notwendig für den islamischen Weg und was ist (s.o.) mehr oder weniger beliebige Folklore, die mehr einer "Gemeindeuniformität" als der spirituellen Entwicklung dient. (Dass Buddhismus, Christentum usw. auch ihre "Folklore" haben, ist klar!)
20.11.15
2:50
Charley sagt:
@Zahra bitte genau lesen, darum nochmal: nie habe ich gesagt, DASS der Islam keine Substanz hat. Ich sagte: "WENN er nur die Summe.... dann Folklore...." und gerade mein Fragen beweist, dass ich es durchaus für möglich halte, DASS er auch eine Substanz HAT.
20.11.15
2:55
Charley sagt:
@Zahra: Beeindruckend und sehr weltoffen empfinde ich, dass du von den 5 Säulen eigentlich nur 2 anführst.
20.11.15
3:23
Johannes Disch sagt:
@Kai / @Abdulkerim Frauen sind nach dem Koran nicht verpflichtet, sich zu verhüllen. Das Kopftuch ist eine postkoranische Konstruktion. Es geht um das Verb "Zakat", was "Schmuck" bedeutet. Ich führe das bei Gelegenheit gerne näher aus. Jetzt aber nur so viel: Das Kopftuch ist keine (religiöse) Pflicht. lg Johannes Disch
20.11.15
13:29
Johannes Disch sagt:
@Kopftuch Noch einmal kurz dazu: Es ist nicht entscheidend, was eine Muslima auf dem Kopf trägt, sondern was Sie im Kopf hat. Zudem sollten wir uns vor Kurzschlüssen hüten, nach dem Motto: Muslima mit Kopftuch = konservativ, Muslima ohne Kopftuch = progressiv. Das kann so sein, ist aber kein Automatismus. Ich hab schon Muslimas mit Kopftuch erlebt, die von ihren Einstellungen her wesentlich liberaler waren als mache ohne Kopftuch. lg Johannes Disch
20.11.15
13:49
Johannes Disch sagt:
@Die "5 Säulen" des Islam. Weil das jemand erwähnt hat: Dieses "5 Säulen" sind: -Das Glaubensbekenntnis -Die Gebete -Das Fasten (der Ramadan) -Das Almosen (Zakat) -Die Hadsch (Pilgerfahrt) nach Mekka Das ist die Essenz des islamischen Glaubens, die für alle Muslime verbindlich ist, egal, welcher Richtung (Sunniten, Schiiten, etc.) sie angehören. Alles andere ist Interpretationssache. Es ist unschwer zu sehen, dass diese "5 Säulen" problemlos mit einer Demokratie vereinbar sind. Ach, ich sehe grade, in einem anderen P ist mir ein Fehler unterlaufen. Die Vokabel wg. Kopftuch lautet nicht "Zakat", sondern "Zinat", was "Schmuck" bedeutet. Eine Kopftuchpflicht ist aus dem Koran nicht zwingend abzuleiten. lg Johannes Disch
20.11.15
14:19
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