Nach den Anschlägen

Moscheekontrollen sind abzulehnen

Der Vorsitzende der Ahmadiyya Gemeinde in Deutschland fordert im Kontext der Terrorbekämpfung die Kontrolle von Moscheen. Vertreter der großen islamischen Religionsgemeinschaften lehnen dies ab – und warnen vor pauschalisierenden Urteilen.

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2015
Moschee, Schließung, Gebetsräume
Symbolbild: Gebetsräume, Moschee © by Beryl Mc Millan auf Flickr (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz der islamischen Religionsgemeinschaften in Köln haben sich letzte Woche muslimische Vertreter gemeinsam von den Anschlägen in Paris distanziert. Neben den vier islamischen Gemeinschaften DITIB, IRD, VIKZ und ZMD, die in dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) organisiert sind, war unter anderem auch die Ahmadiyya-Gemeinde vertreten. Unter dem Motto „Zusammenhalt – jetzt erst recht“ wurde der Terror in Paris aufs schärfste verurteilt.

Kurze Zeit darauf sprach sich der Bundesvorsitzende der Ahmadiyya in Deutschland, Abdullah Wagishauser, für eine Kontrolle der Moscheen aus. Dadurch solle Extremismus und Radikalisierung unter Jugendlichen bekämpft werden: „Es ist die Aufgabe der Regierungen, in Erfahrung zu bringen, was in den Moscheen vor Ort geschieht“, so Wagishauser gegenüber DIE WELT. Die Ahmadiyya Gemeinde ist eine Gemeinschaft, die auf den Gründer Mirza Gulam Ahmad zurückgeht. Die Ahmadiyya betrachtet diesen als Messias. Sie versteht sich selbst als islamische Reformgemeinde. Das Islamverständnis der Organisation steht jedoch laut KRM im Widerspruch zum allgemeinen Konsens unter Muslimen.

Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, bewertet diese Aussage als „kontraproduktiv und irreführend“ und betont, dass man sensibler mit dieser Thematik umgehen sollte. „Solche Aussagen erwecken einen falschen Eindruck in der Mehrheitsgesellschaft und schaden den jeweiligen Moscheegemeinden, die jahrelang gute Integrationsarbeit leisten und reibungslos mit den Behörden zusammenarbeiten“, so Kesici gegenüber IslamiQ.

Der aktuelle Fall um eine Moschee in Berlin zeigt, welchen Schaden Kesici meinen könnte. Dort wurde am Donnerstag die Seituna Moschee der ZMD nach Sprengstoff und Waffen durchsucht. Der ZMD mahnt zur Verhältnismäßigkeit. „Wir fahnden nach Terroristen und Kriminellen, nicht nach Muslimen“, sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek am Freitag in Berlin. Verdächtige Gegenstände wurden dabei nach Polizeiangaben nicht gefunden.

Die Moschee in Charlottenburg tue sich seit Jahren „durch vorbildliche Gemeinde- und Integrationsarbeit“ hervor, erklärte der ZMD. Die Polizei habe sich für die Durchsuchung entschuldigt. Politik, Sicherheitsbehörden und Medien müssten „jeden Eindruck des gefährlich wieder anwachsenden Generalverdachtes und Misstrauensdiskurses gegen Muslime“ vermeiden, forderte Mazyek.

Auch DITIB-Vertreter und aktueller KRM-Sprecher Zekeriya Altuğ empfindet Wagishausers Aussage als undifferenziert. Moscheen seien Orte des religiösen und spirituellen Lebens und „offen für Jedermann“, eine Kontrolle der islamischen Gotteshäuser sei schon „aus diesen Gründen abzulehnen“, so Altuğ gegenüber IslamiQ. Außerdem siehe er die Schlussfolgerung, dass Moscheen eine potenzielle Gefahr darstellen könnten als unrechtmäßig. „Dass diese Behauptung nicht zutrifft, zeigen nicht nur jüngste Untersuchungen, sondern auch Aussagen von Sicherheitsbehörden. Vielmehr bieten Moscheen eine religiöse Beheimatung und Festigung für hunderttausende junger Muslime, und somit den besten Schutz gegen Radikalisierungen.“

Leserkommentare

Trara sagt:
Leider ist die Aussage von Herrn Mazyek nicht richtig (Die Polizei habe sich für die Durchsuchung in der Berliner Moschee entschuldigt.) Richtig ist: Die Polizei hat lediglich die Beweggründe für den Einsatz erklärt. Leider gibt es Moscheen, in denen radikales Gedankengut gepredigt wird. Diese sind den Sicherheitsbehörden überwiegend auch bekannt. Warum sollten die Sicherheitsbehörden nicht das Recht haben eine Durchsuchung durchzuführen? Was ist die Antwort der Islamverbände auf den immer mehr zunehmenden religiösen Fanatismus? Schließlich missbrauchen diese Fanatiker die Religion von sehr vielen friedlichen Menschen. Die Verbände und die Moscheen selbst müssten eigentlich ein großes Interesse daran haben, dass der Staat genau hinguckt und bei Hinweisen auf eine Gefahr eingreift.
28.11.15
21:47
Ali sagt:
Das erinnert an die verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen in Niedersachsen. Damals hatten sich nach dem Freitagsgebet Polizeibeamte vor Moscheen gestellt und Passkontrollen durchgeführt, auf der Suche nach 'Extremisten'!? Jetzt stelle man sich mal vor, was die Nachbarn denken sollen, die das sehen. Da spielt es gar keine Rolle, dass nach etlichen Kontrollen nicht mehr als ein paar abgelaufene Pässe gefunden wurden. Der Landesinnenminister Schünemann musste die Aktion nach Protesten zähneknirschend einstellen. Wann haben Sie das letztemal von einer Durchsuchung vor oder gar in einer Kirche gehört? Unvorstellbar, oder?
29.11.15
0:43
Sak sagt:
Wenn du nichts zu verbergen hast solltest du nicht dagegen haben, im gegenteil, soll die polizei kommen mit presse und kamera, dann hat dir gott die möglichkeit gegebenein gutes benehmen und bespielhaftes gastfreundlichkeit zu zeigen und vorurteile ab zu bauen wie die Islamische Reform Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat umd Ahmadi Muslime es tun. Aber anscheinend gelingt es nur den Ahmadi Muslimen, da musst du nicht lange googlen.. Peace
29.11.15
7:31
Ali sagt:
Lieber Sak, in Deutschland gilt (immer noch), dass man unschuldig ist, solange die Schuld nicht bewiesen ist. Gerade das ist aber nicht mehr gewährleistet, wenn die Polizei 'einfach so' vor der Moschee aufkreuzt. Frei nach dem Motto: Terroristen sind Muslime, in Moscheen sind Muslime, also könnten dort auch Terroristen sein. Mit dieser Logik werden die bürgerlichen Freiheitsrechte ausgehöhlt, für die man in diesen Land lange gekämpft hat.
29.11.15
12:06
Wahaj sagt:
In der Frühzeit des Islam gab es unter den Medinern Heuchler, die eine Moschee erbauten, nicht für den Gottesdienst, sondern für ihre geheimen Zusammenkünfte, in denen sie sich gegen die wahrhaften Muslime verschworen. Der Anführer Abu Ãmir, hoffte, den römischen Kaiser auf seiner Seite zu bringen. Seine Ränke führten zu einem Krieg zwischen den Muslime und den Römern, bei welchem die Muslime den Sieg davontrugen: Hierzu sandte Allah dem Heiligen Propheten die folgenden Verse der Sura Al-Taubah, 107-110: "Und jene, die eine Moschee erbaut haben, um Unheil, Unglauben und Spaltung unter den Gläubigen anzustiften, und als einen Hinterhalt für den, der zuvor gegen Allah und Seinen Gesandten Krieg führte. Und sie werden sicherlich schwören: „Wir bezweckten nur Gutes“; doch Allah ist Zeuge, dass sie bloß Lügner sind. Stehe nie darin (zum Gebet). Eine Moschee, die auf Frömmigkeit gegründet ward vom allerersten Tag an, ist wahrlich würdiger, dass du darin stehen solltest. In ihr sind Leute, die sich gerne reinigen, und Allah liebt die sich Reinigenden. Ist nun dieser besser, der sein Gebäude auf Allahs Furcht und Wohlgefallen gegründet hat, oder jener, der sein Gebäude auf den Rand einer wankenden, unterspülten Sandbank gründete, die mit ihm in das Feuer der Hölle gestürzt ist? Und Allah weist nicht dem frevelhaften Volk den Weg. Ihr Gebäude, das sie sich errichtet, wird nicht aufhören, Zweifel in ihren Herzen zu erregen, bis ihre Herzen in Stücke gerissen sind. Und Allah ist allwissend, allweise." Wenn also Allah selbst im Heiligen Quran diese Thematik beleuchtet, wie kann man dann als Muslim sich dieser Sache entziehen???
29.11.15
12:17
Sheikh sagt:
Man siehe die mehrere Hunderte ausgereisten Jugendlichen die nun als ausgereifte zurück kehren. Sicherlich keine Manipulation allein via Medien. Bestimmte Predigt und eine Lenkung, dass man einen jungen Mann zum deformierten "Jihad" abwirbt. Sicherlich ein Vorteil der Gesellschaft sowie die der Muslime, wenn diese gefiltert werden und somit ihr guten Preis geben können.
29.11.15
22:44
Radikal_Freundlich sagt:
Die Jugendlichen werden nicht in den Moscheen radikalisiert, sondern in den sozialen Medien oder in den Freundeskreisen. Bis jetzt fand die effektivste Prävention in den Moscheegemeinden statt. Jugendliche, die in den Moscheegemeinden nicht sozialisiert sind, sind am meisten von der Radikalisierungsgefahr betroffen.
01.12.15
10:18
Manuel sagt:
Kontrollen vor und in allen Moscheen halte ich für überflüssig. Das käme einem Generalverdacht gegen alle Muslime gleich. Das kann man auch nicht damit abbügeln, dass man sagt, dass jeder, der nichts zu verbergen habe, solche Kontrollen eigentlich unterstützen müsste. Allerdings sollten Kontrollen dort durchgeführt werden, wo es einen konkreten Verdacht gibt. Aber auch nur dort und nur mit einem richterlichen Beschluss, nachdem der Richter hinreichend Beweismaterial vorgelegt bekommen hat. Das wäre ein rechtsstaatliches Vorgehen.
01.12.15
12:14
SoWas sagt:
@Alik: ... verdachtsunabhängige Kontrollen gab es in der Bundesrepublik schon immer... Zu RAF Zeiten wurden ganze Stadtviertel lahm gelegt. Bei jeder Ansammlung, ob Demonstration oder Versammlung oder Veranstaltung finden selbst heute verdachtsunabhängige Kontrollen statt. Interessant ist nur, dass der positive Aspekt nicht herausgestellt wird (Bei uns ist alles gut gelaufen), sondern die übliche Leier bezüglich die Polizei kontrolliert uns grundlos angestimmt wird.
01.12.15
16:04
Saskia sagt:
@Radikal_Freundlich: Dieser Tage wurden drei junge Männer zu Haftstrafen verurteilt, die sich dem IS angeschlossen hatten und sich dort gewundert haben, dass sie kämpfen sollen und dann wieder nach Deutschland zurückgekommen sind. Die drei wurden sehr wohl in einer Moschee radikalisiert und nicht etwa im Internet. Es ist also ein Märchen, dass die Jugendlichen nicht in den Moscheen radikalisiert werden. Wenn also in Moscheen kriminell agiert wird, ist es gut und richtig, dort auch Kontrollen und Durchsuchungen durchzuführen. Diejenigen Muslime, die am lautesten dagegen wettern, haben sicherlich etwas zu verbergen. @Ali: Die Unschuldsvermutung schließt nicht aus, dass Ermittlungen durchgeführt werden, wenn es Verdachtsmomente gibt. Solange Imame sich damit brüsten, dass sie keinen Bruder an die Polizei verraten (so z.B. in einer Freitagspredigt beim IIS e.V. in Frankfurt am Main), ist ein gewisses Misstrauen gegenüber den Moscheen durchaus angebracht.
08.12.15
16:05
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