Der Vorsitzende der Ahmadiyya Gemeinde in Deutschland fordert im Kontext der Terrorbekämpfung die Kontrolle von Moscheen. Vertreter der großen islamischen Religionsgemeinschaften lehnen dies ab – und warnen vor pauschalisierenden Urteilen.
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz der islamischen Religionsgemeinschaften in Köln haben sich letzte Woche muslimische Vertreter gemeinsam von den Anschlägen in Paris distanziert. Neben den vier islamischen Gemeinschaften DITIB, IRD, VIKZ und ZMD, die in dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) organisiert sind, war unter anderem auch die Ahmadiyya-Gemeinde vertreten. Unter dem Motto „Zusammenhalt – jetzt erst recht“ wurde der Terror in Paris aufs schärfste verurteilt.
Kurze Zeit darauf sprach sich der Bundesvorsitzende der Ahmadiyya in Deutschland, Abdullah Wagishauser, für eine Kontrolle der Moscheen aus. Dadurch solle Extremismus und Radikalisierung unter Jugendlichen bekämpft werden: „Es ist die Aufgabe der Regierungen, in Erfahrung zu bringen, was in den Moscheen vor Ort geschieht“, so Wagishauser gegenüber DIE WELT. Die Ahmadiyya Gemeinde ist eine Gemeinschaft, die auf den Gründer Mirza Gulam Ahmad zurückgeht. Die Ahmadiyya betrachtet diesen als Messias. Sie versteht sich selbst als islamische Reformgemeinde. Das Islamverständnis der Organisation steht jedoch laut KRM im Widerspruch zum allgemeinen Konsens unter Muslimen.
Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, bewertet diese Aussage als „kontraproduktiv und irreführend“ und betont, dass man sensibler mit dieser Thematik umgehen sollte. „Solche Aussagen erwecken einen falschen Eindruck in der Mehrheitsgesellschaft und schaden den jeweiligen Moscheegemeinden, die jahrelang gute Integrationsarbeit leisten und reibungslos mit den Behörden zusammenarbeiten“, so Kesici gegenüber IslamiQ.
Der aktuelle Fall um eine Moschee in Berlin zeigt, welchen Schaden Kesici meinen könnte. Dort wurde am Donnerstag die Seituna Moschee der ZMD nach Sprengstoff und Waffen durchsucht. Der ZMD mahnt zur Verhältnismäßigkeit. „Wir fahnden nach Terroristen und Kriminellen, nicht nach Muslimen“, sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek am Freitag in Berlin. Verdächtige Gegenstände wurden dabei nach Polizeiangaben nicht gefunden.
Die Moschee in Charlottenburg tue sich seit Jahren „durch vorbildliche Gemeinde- und Integrationsarbeit“ hervor, erklärte der ZMD. Die Polizei habe sich für die Durchsuchung entschuldigt. Politik, Sicherheitsbehörden und Medien müssten „jeden Eindruck des gefährlich wieder anwachsenden Generalverdachtes und Misstrauensdiskurses gegen Muslime“ vermeiden, forderte Mazyek.
Auch DITIB-Vertreter und aktueller KRM-Sprecher Zekeriya Altuğ empfindet Wagishausers Aussage als undifferenziert. Moscheen seien Orte des religiösen und spirituellen Lebens und „offen für Jedermann“, eine Kontrolle der islamischen Gotteshäuser sei schon „aus diesen Gründen abzulehnen“, so Altuğ gegenüber IslamiQ. Außerdem siehe er die Schlussfolgerung, dass Moscheen eine potenzielle Gefahr darstellen könnten als unrechtmäßig. „Dass diese Behauptung nicht zutrifft, zeigen nicht nur jüngste Untersuchungen, sondern auch Aussagen von Sicherheitsbehörden. Vielmehr bieten Moscheen eine religiöse Beheimatung und Festigung für hunderttausende junger Muslime, und somit den besten Schutz gegen Radikalisierungen.“