Aus einer Umfrage der deutschen Presse Agentur (dpa) geht hervor, dass die Zahl der islam- und fremdenfeindlichen Übergriffe in Deutschland stark angestiegen ist. Das bedeute einen starken Zulauf für die rechte Szene in Deutschland.
Innenminister und Verfassungsschützer sind besorgt über die wachsende Zahl islam- und fremdenfeindlicher Übergriffe und Attacken in Deutschland. Vor allem in Sachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen ist ein starker Anstieg politisch motivierter Kriminalität aus fremdenfeindlichen Motiven festzustellen. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Ländern hervor.
Kaum betroffen von rechtsextremistischen Agitationen oder Aufmärschen ist der Norden. Dagegen gehen die Verfassungsschützer in Dresden von „einer sehr hohen Gefahrenlage“ und weiterem Zulauf für die Rechtsextremisten-Szene aus. Bislang sind ihnen schon 2500 Radikale bekannt.
Mit schärferen Strafen sei dem aber nicht beizukommen, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und rheinland-pfälzische Amtschef Roger Lewentz (SPD) der dpa in Mainz. Stattdessen sei das mögliche Strafmaß auszuschöpfen. Bürger, die an Demonstrationen des islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses teilnehmen, warnte er: „Diese Menschen müssen alle wissen, wen sie dort durch Anwesenheit unterstützen und im Zweifelsfall auch potenziell stark machen, nämlich Rechtsextreme.“
Nach Zahlen des Bundesinnenministeriums wurde dieses Jahr jeden Tag mindestens ein Mensch Opfer fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland. Bis einschließlich September wurden bereits 389 Gewalttaten aus fremdenfeindlichen Motiven mit 300 Verletzten registriert. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Taten fast verdoppelt. Flüchtlingsunterkünfte wurden bis Mitte Dezember mehr als viermal so häufig angegriffen wie im Vorjahr – bis zum 14. Dezember in 850 Fällen.
In Nordrhein-Westfalen hat sich die Zahl der Übergriffe gegen Flüchtlingsheime gegenüber dem Vorjahr sogar mehr als versechsfacht auf 187. Eine Entwicklung, die Innenminister Ralf Jäger (SPD) als „zutiefst beschämend“ empfindet. „Die Szene wird militanter“, stellt er fest. „Die Zahl der Veranstaltungen und Demonstrationen, die Hass und Wut auf Flüchtlinge schüren, hat deutlich zugenommen.“ Dabei habe sich der harte Kern des organisierten Rechtsextremismus in NRW nicht vergrößert. Sie versuchten aber verstärkt, die bürgerliche Gesellschaft mit ihren Parolen zu erreichen.
Nach Einschätzung des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), hat die Flüchtlingsdebatte die Hemmschwelle der Rechtsextremisten weiter herabgesetzt. Eine „schleichende Radikalisierung“ gebe es aber schon seit mehr als zehn Jahren. Die zeige sich nicht nur im rechten Lager, sondern auch bei Linksextremen sowie gewaltbereiten Fußballfans.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erkennt hingegen keine generelle Verrohung in der deutschen Gesellschaft. In Niedersachsen seien schlimme Vorfälle auch in diesem Jahr die Ausnahme geblieben. Allerdings seien die Sorgen der Bürger gewachsen. Darauf müsse die Bundesregierung mit einem klaren Kurs reagieren. „Es reicht nicht, nur zu sagen: „Wir schaffen das“, der Staat muss auch sagen, wie er das schafft.“ Sein Innenminister Boris Pistorius (SPD) warnte davor, beunruhigte Bürger abzustempeln. „Die allermeisten, die sich Sorgen machen, sind nicht rechts.“
Hamburg und Bremen verzeichnen kaum Probleme mit Extremismus. Minister und Verfassungsschützer weisen aber auf zunehmende Hetze im Internet, vor allem in den sozialen Netzwerken hin.
Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagt dazu: „Hetze im Internet nimmt an Schärfe zu, deshalb bauen wir unsere „Internetstreifen“ aus.“. Ansonsten gebe es in seinem Land weder Anzeichen für eine wachsende Radikalisierung noch steige die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlingsheime.
Schleswig-Holsteins Verfassungsschutzchef Dieter Büddefeld beobachtet in seinem Land nur einen moderaten Anstieg beim Rechtsextremismus, macht sich aber auf Schlimmeres gefasst: „Die Rechtsextremisten sind in Lauerstellung“, sagte er der dpa in Kiel. „Sie sagen sich: Das Thema Flüchtlingskrise treibt uns die Leute automatisch zu.“ (dpa, iQ)