Köln

„Neue Dimensionen des Hasses“ gegenüber Muslimen

Muslime beklagen nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht eine zunehmende Hetze und Islamfeindlichkeit. Am Samstag wurden in der Kölner Innenstadt gezielt Ausländer angegriffen. Die Polizei ermittelt ob es einen Zusammenhang zu den Geschehnissen an Silvester gibt.

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2016
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Köln - Silvesternacht © by Marco Verch auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Islamische Religionsgemeinschaften beklagen nach den Silvester-Übergriffen von Köln eine zunehmende Feindseligkeit gegenüber Muslimen. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger (Montag): „Wir erleben eine neue Dimension des Hasses.“ Seit Jahresbeginn habe die Zahl der Anfeindungen und Drohungen gegen Muslime zugenommen.

Auch der Vorsitzende des Islamrats Burhan Kesici berichtet von ähnlichen Entwicklungen: „Nach den Silvester-Übergriffen von Köln registrieren wir eine erhöhte Stimmung der Ablehnung und des Hasses, so wie wir es nach jedem negativen Ereignis erleben.“

Allein am vergangenen Donnerstag, als bekannt geworden war, dass unter den mutmaßlichen Tätern auch Asylbewerber aus muslimischen Ländern waren, seien in der Geschäftsstelle des ZMD 50 Drohanrufe sowie Hunderte Hassmails und -briefe eingegangen – so viele wie sonst in zwei Wochen. Dazu gebe es Hetze im Internet. Inzwischen habe man die Telefonanlage abstellen müssen.

„Der braune Mob tobt in den sozialen Medien, sieht seine Vorurteile bestätigt und endlich die Chance, seinen Hass auf Muslime, Ausländer, Andersaussehende und Andersdenkende freien Lauf zu lassen“, sagte Mazyek.

Rassistische und antimuslimische Haltungen nähmen bereits seit einer ganzen Weile zu. „Solche Ereignisse wie in Köln fachen dann die Islamfeindlichkeit nochmals weiter an, weil Muslime dann unter Generalverdacht gestellt werden“, sagte Mazyek. Kesici fügt außerdem noch hinzu: „Was uns besonders beunruhigt ist, dass in unserer Gesellschaft sehr undifferenziert mit dem Thema umgegangen wird. Die Tatsache, dass der Islam und auch die Muslime die Ereignisse von der Silvesternacht in Köln ablehnen, kommt kaum in der Diskussion auf.“

Unbekannte verletzten mehrere Ausländer

Am Samstag haben unbekannte Täter in Gruppen in der Kölner Innenstadt mehrere Ausländer angegriffen und verletzt. Zwei Pakistaner mussten nach den Attacken am Sonntagabend ins Krankenhaus gebracht werden, ein Syrer wurde leicht verletzt, wie die Polizei mitteilte. Ermittelt wird wegen schwerer Körperverletzung. Ob die Angriffe einen fremdenfeindlichen Hintergrund hatten und direkt mit den Geschehnissen der Silvesternacht in Köln zusammenhängen, wird laut einem Polizeisprecher noch geprüft. (KNA, iQ, dpa)

Leserkommentare

Torben sagt:
Es wundert mich nicht, dass die Menschen nicht gerade ein Liebesverhältnis zu Muslimen entwickeln, wenn junge muslimische Männer in der Silvesternacht rumrandalieren und Frauen nicht nur berauben, sondern auch sexuell belästigen bzw. vergewaltigen und den muslimischen Verbänden kurz nach dem Bekanntwerden nichts besseres einfällt, als zu relativieren und zu beklagen, dass die Opfer die Täter als Araber benennen, wo das doch die Ressentiments gegen Muslime befeuere. Da sind dann die Opfer (also die Frauen) und diejenigen, die sich auf deren Seite stellen plötzlich islamfeindliche Täter. Die Täter hingegen (also die arabischen jungen Männer) werden praktisch in Schutz genommen. Und jeder, der nicht mit den muslimischen Vertretern übereinstimmt, wird zum braune Mob gerechnet und sieht sich plötzlich kriminalisiert. Das die Tatsache, dass Muslime die Ereignisse von der Silvesternach ablehnen, in der Diskussion kaum aufkommt, könnte daran liegen, dass Muslime schönzureden versuchen, dass die Täter Muslime waren. Zwar waren sicherlich nicht alle Flüchtlinge, aber Araber waren sie trotzdem. Und die Wahrscheinlichkeit, dass diese Araber keine Muslime sind, ist sehr gering. Wenn dann also die Muslime versuchen, das kleinzureden und beleidigt sind (wie z.B. Ayman Mazyek in einer Stellungnahme auf Islam.de), wenn man das benennt, dann kann kein Vertrauen zu Muslimen aufgebaut werden und dann ist klar, dass die Menschen Angst vor den Muslimen haben und alle Muslime unter Generalverdacht stellen.
11.01.16
14:47
Abdullah sagt:
Sorry Torben, aber wenn ich Deine Argumentation anwende, dann sind alle Skins die Ausländer jagen oder Flüchtlingsheime anzünden ja auch Deutsche und dementsprechend ja dann auch alle Deutschen Nazis, richtig?
12.01.16
0:07
Torben sagt:
@Abdullah: Wie vielen Skins wurde denn schon nachgewiesen, dass sie Ausländer jagen und Flüchtlingsheime anzünden? Es wird doch immer nur behauptet, es seien Rechtsextreme gewesen. Dagegen gibt es für die Silvesternacht konkrete Täterbeschreibungen. Das ist ein ziemlicher Unterschied. Mir ist auch nicht klar, worauf du hinaus willst mit deinem unsinnigen Vergleich. Dass Rechtsextreme in Deutschland Deutsche sind, wird keiner bestreiten. Ob damit alle Deutschen Nazis sind, sei einmal dahingestellt. Ich selbst bin kein Deutscher, sondern Norweger, weswegen mir ein Urteil nicht zusteht. Ich habe aber auch nicht gesagt, dass alle Muslime Verbrecher oder Terroristen oder was auch immer sind.
12.01.16
13:55
Charley sagt:
Anstatt in die übliche Opfermentalität der Muslime zu verfallen, wäre ein sehr aufgeräumtes Selbst- und Frauenverständnis von Nöten. Diese scharfen Begriffe finde ich nicht, schon gar nicht von den sich respräsentativ nennenden Muslimverbänden. Da wird zwischen einer islam-folkloristischen Frauenrolle (siehe "Kopftuch-Kult") und einer "eigentlich-sind-wir-doch-gern-modern"-Denke hin und her geeiert. "Scharfe Begriffe" wären dann also ein aufgeräumtes Menschenbild: Wo sind Männer anders als Frauen (ich rede nicht von höher-. oder minderwertig!!!) und wo sind sie gleich, auch spirituell, geistig! Und dann bitte deutlichst sich abgrenzen von allen möglichen frauendiskriminierenden Scharia-Interpretationsmöglichkeiten! Und ggf. auch das überholte, zeitbedingte der Frauenrolle beim Namen nennen. Und die gelebte Frauendiskriminierung in Saudi-Arabien usw. deutlich als falsch verstandenen Islam verurteilen (selbst auf die Gefahr, dass da "Geldquellen" versiegen). Das bräuchte Mut und hätte Niveau! - Es ist doch auffällig, dass ein bestimmtes Frauenbild seit Jahrhunderten locker zumindest auf der Heckwelle des Islam mitsegelt in sog. islamischen Ländern! Und dann zu sagen, das hat nichts mit dem "wahren" Islam zu tun, glaubt niemand! Natürlich hat es mit dem Islam zu tun, allein schon wenn es so leicht in dessen Schatten überleben kann, während es in der aufgeklärten Welt als no-go gilt!
13.01.16
15:50
Johannes Disch sagt:
@Torben Man muss kein Liebesverhältnis zu Muslimen entwickeln. Aber Sie anzugreifen geht nun mal nicht. Was ist denn das für eine Logik: Weil einige Muslime Silvester 2015 und 2016 Mist gebaut haben, sind alle anderen Muslime, die mit den Geschehnissen gar nichts zu tun hatten, Freiwild??? Und was die Distanzierung von den Geschehnissen Silvester 2015 und 2016 betrifft: Davon haben sich sehr viele Muslime und auch die institutionellen Islamvertreter wiederholt deutlich distanziert. Dass die Übergriffe vor allem von Rechtsextremen auf Flüchtlinge signifikant zugenommen haben, das ist nicht nur eine Behauptung, sondern eine bewiesene Behauptung. Die Kriminalstatistik spricht da eine deutliche Sprache.
11.01.17
18:53
portago sagt:
Ist das nicht eine Umkehr-Verdrehung der Vorfälle? Wem der Muslime wurde denn etwas getan? Und sind die Jammervorträger hier nicht speziell die, die auch letztes Silvester in die Domstadt loszogen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass der brave Ford-Werker, der sein Leben lang fleißig war und zufällig als Moslem geboren wurde, hier in Deutschland angegangen wird. Es sollten vielleicht ein paar Befindlichkeiten mal sortiert werden. Und unter Anderem die Frage beantwortet werden, wieso sich derart viele Solo-Männer jüngeren Alters und muslimischen Glaubens hier herumdrücken, von unserem Staat schmarotzen und die Kölner Domplatte terrorisieren - anstatt in ihrem Heimatland dafür zu kämpfen, was sie wollen. Ja - man kann dabei auch sterben. Ist Hunderttausenden Deutschen in 2 Weltkriegen so geschehen.
28.03.17
22:28