Migrationsforscher

Nur der angepasste Islam wird akzeptiert

Der Migrationsforscher und Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Werner Schiffauer geht davon aus, dass die Debatten um den Islam und die Muslime von vermeidbarem Stress geprägt sind. Nur der angepasste Islam sei erwünscht und werde akzeptiert.

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01
2016
Symbolfoto: interreligiöses Weltfriedenstreffen, Kirchen, Moscheen, Synagogen © by murdelta auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ
Symbolfoto: interreligiöses Weltfriedenstreffen, Kirchen, Moscheen, Synagogen © by murdelta auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Die Haltung der Mehrheitsgesellschaft gegenüber muslimischen Einwanderern sei sehr häufig von Stress bestimmt, schreibt Prof. Dr. Werner Schiffauer in einem Gastkommentar für den Mediendienst Integration. Zu dem Stress gehöre auch Anspannung, Gefühle der Überforderung, häufig auch Gereiztheit. Dieses selbsterzeugte Gefühl verbaue oft naheliegende Lösungen.

Stress erzeuge es etwa, wenn man im Umgang miteinander die Unterschiede statt die Gemeinsamkeiten zum Ausgangspunkt nehme. Gehe man von den Gemeinsamkeiten aus, erschienen Differenzen als ein Rest, mit dem man diplomatisch umgehen solle. Gehe man dagegen von den Unterschieden aus, erschiene alles in einem anderen Licht. Dann sei es vorprogrammiert, dass nicht nur Teilbereiche, sondern „Welten“ zusammenstoßen.

Gerne werd ein „europäischer“, „deutscher“ oder „liberaler“ Islam von der Mehrheitsgesellschaft als ideal markiert und Bewertungsmaßstäbe gesetzt. Das sei verletzend, weil damit eine systematische Abwertung verbunden sei. Man werde danach bewertet, wie weit man sich schon angepasst habe. Zudem seien Schreckens-Szenarios ein weiterer Faktor für Stress. Das mache die Auseinandersetzung um das Schulgebet deutlich. Schnell sei man davon ausgegangen, dass alle beten wollen würden und ein Schulbetrieb somit unmöglich werden würde. Dadurch versetze man sich vorzeitig in Stress, statt Entwicklungen abzuwarten.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Im österreichischen Fernsehen wurde kürzlich ein schwuler syrischer Flüchtling, der Ballettänzer ist, porträtiert, welcher von orthodox-religiösen muslimischen Landsleuten ständigen Diskriminierungen ausgestetzt war und ist. Beim Einfordern um Toleranz geht es nicht um einen Kulturkonflikt zwischen autochtoner Mehrheitsbevölkerung und Migranten. Bei Lektüre des Artikels von Prof. Dr. Werner Schiffauer gewinnt man den Eindruck, dass er einen illiberaleren Islam für offenbar für authentisch hält, eine liberalen Islam hingegen durch Assimilierungsdruck aufgezwungen und verfälscht.
28.01.16
8:41
Charley sagt:
Grundsätzlich ist es gut, von Gemeinsamkeiten auszugehen um Differenzen zu klären. Aber diese Gemeinsamkeiten müssen substanziell sein.Und ein dogmatischer Hardcore-Islam ist nun mal sektiererisch, weil er nicht im Geiste der Aufklärung sich selber anschauen kann. Damit muss er ein Fremdkörper in Europa bleiben. Im Bestehen auf schrulligen religiösen Folkloreelementen, im Zelebrieren von nicht hinterfragtem ist es geradezu aberwitzig sich zu beschweren dass andere nicht auf sie zugehen. Welche Gemeinsamkeiten mit der europäischen Kultur er- und bekennen denn solche Hardcoremoslems? 20 Jahre in Deutschland leben und kein Deutsch sprechen, das geht nur hinter Sektenmauern. Und ich habe keine Lust ständig befürchten zu müssen, jemandem auf seine muslimischen Hühneraugen zu treten, der nicht über seinen eigenen Tellerrand gucken kann.
28.01.16
20:26
Suleiman sagt:
Was authentisch ist und was nicht, entscheidet die Lehre und nicht das Verhalten oder das Fehlverhalten von Gruppen oder Individuen. Folgt man den Vertretern des liberalen Islam (z. B. khorchide, Mansour u.a.), so kommt man nicht umhin ein roten Faden festzustellen, der in Richtung eines säkularen Islam geht. Säkular bedeutet aber die Trennung bestimmter Fragen im Leben von Gott und das ist islamisch betreachtet nicht authentisch. Muslime versuchen nämlich grundsätzlich ihr Leben so auszurichten, wie es Gott von Ihnen möchte. Wenn es etwa darum geht, was gegessen werden darf. Oder um die Kleiderordnung usw. Natürlich gibt es Muslime, die das nicht so ausleben, aber der Maßstab für Authentizität ist nicht das Verhalten von Muslimen, sondern die Lehre.
29.01.16
12:05
Charley sagt:
@Suleiman: Authentisch ist die Übereinstimmung von Wesen und Erscheinung. Würde sich das auf den Koran selber beziehen, so müsste nachgewiesen werden, dass Allah sich wirklich im Koran ausdrückt. Dazu müsste man eine unmittelbare Wahrnehmung der sich daran ausdrücken in aller haben. Da kann man da nur sagen: na dann mach mal und freu Dich schon als größter Ketzer des Islam angefeindet zu werden. - Das ist doch gerade das Kennzeichen des Islam, dass er in einer Buchstabenklauberei herum krampft ohne zum Beispiel nachweisen zu können dass jemand wirklich gottähnlich Herbert wenn er ein Kopftuch trägt. - insofern ist die Frage der Authentizität doch auf Menschen anzuwenden Punkt wer lebt das Wesen des Islam tatsächlich Punkt und damit müsste der Islam endlich von x ethisch normativen Regeln zum Wesentlichen kommen. Um von Authentizität sprechen zu können müsste der Islam ein Menschenbild haben, das von Menschen ausgeht und nicht eine unbekannte X=Gott voraussetzt. Wer Schuhe anzieht die nicht passen soll sich nicht wundern daß es klemmt.
29.01.16
22:35
Charley sagt:
Sorry, Google Sprachdiktat: es soll heißen: ...Dazu müsste man eine unmittelbare Wahrnehmung ded sich darin ausdrückenden Allah haben....... ....ohne zum Beispiel nachweisen zu können dass jemand wirklich gottähnlicher wird, wenn er ein Kopftuch trägt. ...
29.01.16
22:39
Suleiman sagt:
Ich kann mit Begriffen wie dogmatischen Hardcoreislam nicht so viel anfangen. Möglicherweise meinen Sie damit Muslime, die ihre Religion unhinterfragt Leben und damit sich selbst und Ihrer Umgebung Schaden zufügen. Aber dann möchte ich vielleicht auch über dogmatische Hardcore-Kapitalisten, dogmatischen Hardcore-Atheisten, dogmatischen Hardcore-Aufklärern usw. reden. Dogmatisch heißt ja, dass man an etwas festhält, ohne es zu hinterfragen. Es gilt einfach so. Es mag sie vielleicht gerade etwas schockieren, weil es in Deutschland und sonst wo eine öffentliche Meinung über Religionen gibt, die per se Dogmatismus unterstellen. Aber was die islamische Lehre betrifft, ist diese alles andere als dogmatisch. Schließlich existiert in ihr rein gar nichts, was nicht hinterfragt werden darf. Existiert Gott (Allah)? Ist der Koran das Wort von Gott? Sind im Islam völlig legitime Fragen, nein, sogar noch mehr, erforderliche Fragen, um eine Überzeugung herzustellen, und nicht einfach einen dogmatischen Glauben. Denn das Glaubensbekenntnis beinhaltet ja wörtlich ein Bezeugen, und man kann nichts bezeugen, von dem man nicht restlos überzeugt ist. Fortsetzung folgt, ich kann mich an diese schriftliche Art zu diskutieren nicht gewöhnen... P.S. Bitte sagen Sie jetzt nicht was mit Leuten passiert, die in Saudi-Arabien oder Iran diese Fragen stellen, ich denke wir können hier auf einem bestimmten Niveau über Islam diskutieren und nicht über durchgeknallte Diktaturen, die ausser dem Namen den sie tragen wenig islamisch sind.
30.01.16
10:14
Suleiman sagt:
Ich habe Schwierigkeiten damit zu verstehen, warum Islam mit einem aufklärerischen Blick betrachtet werden sollte. Die Aufklärung ist eine sehr spezielle europäische Reaktion gewesen auf ein sehr spezielles europäisches Problem. Eine Übertragung von Problemlösungen auf eine wesensfremde Realität ist meiner Ansicht nach nicht so ohne Weiteres zulässig. Ich kann mir gerade auch nicht so viel unter schrulligen religiösen Praktiken vorstellen. Ich denke auch, dass Kulturen für ein friedliches Zusammenleben nicht unbedingt Gemeinsamkeiten haben müssen. Ich will nicht bestreiten, dass das hilfreich sein kann, aber warum kann nicht jeder einfach seine Überzeugungen haben, auch ohne Gemeinsamkeiten mit der Mehrheitskultur? Solange alle sich an die bestehenden Gesetze halten, sollte es keine Schwierigkeiten geben. Also Gesetzestreue statt erzwungenem Gemeinsamkeiten und Bekenntiswahn. Außerdem wäre es sehr hilfreich, wenn die Politik die eingefordert Integration endlich mal definieren würde. Ich habe das Gefühl, dass man sich einfach nicht festlegen möchte, um ihn als Kampfbegriff weiter beibehalten zu können. Also ganz konkret, wann genau gelte ich als integriert? Wenn ich die deutsche Sprache beherrsche
30.01.16
10:40
Suleiman sagt:
Ups...Weiter geht's... Wenn ich die deutsche Sprache beherrsche plus ich Gesetzestreue bin und von mir aus einen Job habe? Das scheint vielen nicht auszuweichen...Siehe Artikelthema: Nur der angepasste Islam wir akzeptiert. Fortsetzung folgt...
30.01.16
10:43
Suleiman sagt:
Ich habe mir jetzt keine großen Gedanken gemacht über den Begriff der Authentizität. Mir ging es nur darum zu zeigen, wann etwas islamisch ist und wann nicht. Islamisch ist einfach ausgedrückt das, was auf die islamischen Rechtsstellung zurückgeführt werden kann, also auf die islamische Lehre. Was Menschen daraus machen, kann natürlich auch diskutiert werden, beantwortet aber nicht die Frage, ob etwas islamisch (authentisch) ist oder nicht. Weiter: Ja, völlig korrekt, der göttliche Ursprung des Koran muss bewiesen werden, ansonsten ist er (Der Koran) wertlos, da er ansonsten menschlichen Ursprungs sein muss (es gibt ja nur diese Beiden Möglichkeiten). Ihre weiteren Ausführungen kann ich nicht verstehen, da scheinen einige Wörter durcheinander gekommen zu sein. Vielleicht meinen Sie, dass man eine Sache erst direkt wahrnehmen muss, um von ihrer Existenz überzeugt zu sein? Das widerspricht der Realität, wir wissen in unserer Umwelt von vielen Dingen
30.01.16
15:31
Suleiman sagt:
, die wir nicht direkt wahrnehmen können aber ihre Existenz nicht absprechen. Z.B. Atemluft oder die Spur im Sand
30.01.16
15:33
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