Eine Moschee in Solingen beschäftigt eine Frau als Seelsorgerin und Religionsbeauftragte der Gemeinde. Bis auf die Leitung des Gebetes übernimmt sie nahezu alle Aufgaben eines Imams.
In einer Moschee der islamischen Religionsgemeinschaft Ditib in Solingen arbeitet seit Mitte 2015 eine Frau als Seelsorgerin und Religionsbeauftragte. Bis auf die Leitung des Gemeinschaftsgebetes übernimmt die Theologin und fünffache Mutter Saadet Bulut alle Aufgaben eines Imams und genießt auch großes Vertrauen durch die Gemeinde.
Sie erteilt Islamkunde und Koranunterricht, vollzieht Krankenbesuche, betreibt Seelsorge, führt Einzelgespräche und betreibt Familienberatung. Die 51-jährige Religionsbeauftragte stammt aus der Türkei, wo sie auch das Studium der islamischen Theologie absolvierte. In Deutschland arbeitete sie zuvor für zwei andere Moscheen in Herzberg und Witten, bevor sie nach Solingen wechselte.
In Solingen widmet sich Bulut insbesondere der Jugend- und Bildungsarbeit. Neben klassischem Koran- und Islamunterricht, führt sie auch verschiedene Projekte und Freizeitaktivitäten mit den Jugendlichen durch. Besonders für die Mädchen der Gemeinde ist sie zu einer wichtigen Vertrauensperson geworden. Das ist der Moscheegemeinde ein besonderes Anliegen.
Vor Bulut beschäftigte die Moschee bereits eine weibliche Religionsbeauftragte, die jedoch keine ausgebildete Theologin war. „Frauen und Mädchen brauchen eine Vertrauensperson, mit der man im Gespräch Ängste abbauen kann“, begründet die stellvertretende Vorsitzende Keziban Altay die Stelle durch eine Frau. Zwar sei auch der Imam Abdulselam Özdere für diese Angelegenheiten zuständig. „Aber eine Frau kann bei Familien mehr erreichen“, so Altay weiter. „Frauen öffnen sich bei einer Frau anders als bei einem Mann“, findet auch Ayse Borlucaoglu, die Dialogbeauftragte der Gemeinde.
Anders als Imame in den Moscheen der islamischen Religionsgemeinschaft Ditib, die als Beamte des türkischen Staates bezahlt werden, wird die Stelle von Saadet Bulut von der Gemeinde selbst, etwa durch Mitgliedsbeiträge finanziert.
Die Solinger Moscheegemeinde plant für die Zukunft auch Absolventen der islamischen Theologie aus den Universitäten Münster und Osnabrück als Imame oder Religionsbeauftragte zu beschäftigen, um zu gewährleisten, dass diese deutsch sprechen und die Lebensrealität der Jugendlichen kennen und nachvollziehen können.