Die AfD hat viele Mandate abgeräumt. Als Koalitionspartner kommt sie jedoch für keine der etablierten Parteien infrage. Was bedeutet dieser Erfolg jetzt für die politische Landschaft Deutschlands?
Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) konnte bei den gestrigen Landtagswahlen gute Ergebnisse erzielen. Was bedeutet das für die Partei, deren stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch der „Süddeutschen Zeitung“ sagte: „Der Islam wird als ein zentrales Thema im neuen Programm Eingang finden“. Jetzt wird die AfD noch stärker im Fokus der Öffentlichkeit stehen und es ergeben sich Fragen.
Verschwindet die AfD wieder, wenn keine Flüchtlinge mehr kommen?
Eine deutliche Reduzierung der Zahl der Neuankömmlinge würde die Wählermobilisierung für die AfD sicher erschweren. Denn die Umfragewerte der vergangenen Monate haben gezeigt, dass es vor allem die Flüchtlingskrise war, die diese im Sommer 2015 schon totgesagte Partei aus dem Umfragetief geholt hat. Sollten aber in naher Zukunft Flüchtlinge und illegale Migranten in größerer Zahl über neue Routen nach Deutschland kommen, könnte dies hingegen zur Steilvorlage für den Bundestagswahlkampf der AfD werden.
Wird die AfD 2017 in den Bundestag einziehen?
Ihre Chancen stehen derzeit gut. Dass die Partei ein zweites Mal an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, ist eher nicht zu erwarten. Es sei denn, die „europäische Lösung“ der Flüchtlingskrise kommt überraschend doch noch, und die AfD-Führungsriege trägt ihre Machtkämpfe auf dem Parteitag Ende April öffentlich aus. Dass der Streit bald wieder eskaliert, ist aber eher unwahrscheinlich, denn für einige AfD-ler steht viel auf dem Spiel – auch beruflich.
Was bedeutet der Wahlerfolg der AfD für die NPD?
Die AfD hat auch viele Menschen vom rechten Rand aufgesammelt, die nicht zur Neonazi-Szene gehören. Damit hat sie mancherorts die Rolle übernommen, die dort früher der rechte Flügel der CDU hatte. Die NPD hat in allen drei Bundesländern weniger Stimmen erhalten als zuvor. Hans-Olaf Henkel, der die AfD im vergangenen Jahr wegen rechtsnationaler Äußerungen einiger Parteimitglieder verlassen hatte, sagt: „AfD-Vize Alexander Gauland geht nach dem Staubsaugerprinzip vor. Jeden Dreck saugt er auf, Hauptsache der Beutel ist voll.“
Wird sich die AfD doch noch selbst entzaubern, wie einige hoffen?
Ja und Nein. Einige der jetzt schon in den Landtagen von Brandenburg, Bremen, Hamburg, Sachsen und Thüringen vertretenen AfD-Abgeordneten glänzen nicht unbedingt durch Sachkenntnis. Das schadet der Partei aber insgesamt bislang noch nicht, wie die aktuellen Wahlergebnisse zeigen. Interessant dürfte es vor allem in Sachsen-Anhalt und in Baden-Württemberg werden. Denn hier hat die Partei Resultate eingefahren, die selbst die kühnsten Hoffnungen ihres Spitzenpersonals übersteigen. Dort kommen nun auch Listenkandidaten zu Mandaten, die man ursprünglich eher als Platzhalter angesehen hatte.
Was ist die erfolgversprechendste Strategie gegen die AfD?
Was auf jeden Fall nicht funktioniert, sind Ausgrenzung, pauschale Ablehnung, zerschnittene Autoreifen und Tortenattacken. Denn nach Einschätzung von Politikwissenschaftlern treiben Angriffe, die als unfair gewertet werden, eher noch mehr Wähler in die Arme der AfD. Erfolgreicher ist Kritik an einzelnen Positionen und Personen der Partei.
Warum hat die AfD jetzt besser abgeschnitten als in den Umfragen?
Die AfD hat relativ viele Unentschlossene und Nichtwähler mobilisieren können. Außerdem kennt die Meinungsforschung den Effekt der „sozialen Erwünschtheit“. Das bedeutet, dass einige Menschen in Umfragen ihre tatsächlichen Ansichten oder Absichten verbergen, wenn sie denken, diese seien gesellschaftlich nicht akzeptiert. Dieser Faktor dürfte bei derAfD diesmal größer gewesen sein als bei anderen Parteien, da die Politiker der Partei in der Öffentlichkeit vielfach als „Nazis in Nadelstreifen“ bezeichnet worden waren.
Was erhoffen sich die „Protestwähler“ von ihrem Votum für die AfD?
Sie wollen den etablierten Parteien einen „Denkzettel“ erteilen, weil sie sich in einigen Fragen übergangen fühlen – von der Eurorettung bis zur Flüchtlingspolitik. Sie wollen, dass in den Parlamenten auch Ansichten vertreten werden, die zuletzt vor allem in sozialen Netzwerken und auf rechten Protestdemonstrationen zu lesen und zu hören gewesen waren. (dpa, iQ)