17 christliche und muslimische Geistliche nehmen an einer Tagung in Hamburg über Religionen und Gerechtigkeit in der Gesellschaft teil. Dabei wird klar: Das interreligiöse Gespräch ist ein Schlüssel zum Zusammenleben.
Nach den Anschlägen von Brüssel hat der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke von islamischen Religionsführern einen deutlicheren Protest gegen den Terror gefordert. „Die Religionsführer dürfen nicht schweigen“, sagte Jaschke bei einer christlich-muslimischen Konferenz der Nordkirche zum Thema interreligiöser Dialog am Dienstagabend in der Universität Hamburg. „Wir brauchen unüberhörbare Signale auf der ganzen Welt. Die Stimmen müssen lauter werden.“
Der Imam Ramazan Ucar von der Centrum Moschee in Hamburg verwies darauf, dass muslimische Verbände und ihre Vertreter in den Medien oft nicht durchkämen. „Wir haben schon so viele Pressemitteilungen zum Thema Terror geschrieben, aber trotzdem wird uns ständig vorgehalten: Von euch hört man ja gar nichts“, sagte er bei der Podiumsdiskussion vor rund 200 Zuhörern. Er wünsche sich da mehr Objektivität der Medien.
Ähnlich äußerte sich Ajatollah Reza Ramezani, Direktor des Islamischen Zentrums Hamburg. „Im letzten Jahr wurden den Religionen Dinge zugewiesen, die nichts mit deren Kern zu tun haben“, sagte er. „Die Religionen sind gekommen, um den Menschen Gnade und Barmherzigkeit zu bringen.“ Die Medien sollten die Gemeinsamkeiten der drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam hervorheben, so Ramezani, der auch Mitglied des Expertenrates in der islamischen Republik Iran ist.
Auch Weihbischof Jaschke betonte die Bedeutung des gegenseitigen Respekts für ein Gelingen des interreligiösen Dialogs. „Wir sind da in Hamburg auf einem guten Weg“, so der katholische Bischof. Es gehe bei diesem Dialog um „gegenseitiges Kennenlernen und Wertschätzen“. Die nicht zu leugnenden Unterschiede zwischen den Religionen sollten nicht als Grenzen, sondern als Herausforderung und Bereicherung verstanden werden.
Hamburgs evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs sprach vom interreligiösen Dialog als „kostbaren Schatz“, der aber zugleich eine „enorme Herausforderung“ darstelle. Ein stückweit könne dieser Dialog zu mehr Frieden in der Stadt beitragen. Dafür brauche es Räume, in denen über das geredet werden könne, was vor allem die abrahamitischen Religionen miteinander verbinde, so die Bischöfin. Das könne etwa interreligiöser Unterricht an den Schulen sein.
Auch Hamburgs erste Islam-Professorin Katajun Amirpur hob die Bedeutung der Bildung für den interreligiösen Dialog hervor. Sie sei froh, dass im vergangenen Jahr an der Universität der erste Studiengang für die Ausbildung von Religionslehrern für alevitische und islamische Religion eingerichtet worden sei, so die an der Akademie der Weltreligionen lehrende Wissenschaftlerin. Aufklärung sei wichtig, um radikalen muslimischen Fraktionen wie der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) das Rekrutieren von Nachwuchs zu erschweren.
Die Diskussion war Teil einer Studienwoche der Uni Hamburg mit 17 muslimischen und christlichen Geistlichen aus neun Ländern, darunter Nigeria, Palästina, die USA, Indien und die Niederlande. Sie wollen mit deutschen Kollegen über die Gerechtigkeit als „hermeneutischen Schlüssel für die Auslegung von Bibel und Koran“ diskutieren. Organisiert wird die bis Freitag dauernde Studienwoche von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) in Zusammenarbeit mit der Akademie der Weltreligionen und der Missionsakademie an der Uni Hamburg.
Im Kern gehe es bei den großen Religionen um Gerechtigkeit, sagte der der Islambeauftragte der Nordkirche, Axel Matyba, als Koordinator der Tagung. Es sei die Aufgabe der Kirche, das immer wieder deutlich zu machen. „Viele machen den Islam für den Terror verantwortlich“, so der Pastor. Da fehle es an Wissen über die Grundlagen. Ein gemeinsames Streben von Christentum und Islam für mehr Gerechtigkeit und Frieden sei heute unerlässlich. (KNA, iQ)