Europaweiter Bericht zur Islamfeindlichkeit

Wissenschaftler gegen Europas liebstes Feindbild

Der erste europaweite Bericht über Islamfeindlichkeit wurde vor Kurzem im Europäischen Parlament vorgestellt. Journalist Fabian Köhler liefert einen Einblick in den Bericht und schreibt, warum er lückenhaft sein muss.

11
05
2016
Anti-muslimische Schmiererei © by Ralph Aichinger auf Flickr (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Als Thomas K. die mitgebrachten Schweineköpfe an den Zaun hängte, saßen die Mitglieder des islamischen Kulturzentrums gerade beim Fußball. Gegen 23 Uhr war es, als der Rechtsextremist das Minarett der Grazer Moschee mit Blut beschmierte. Auf Facebook hatte er zuvor zur Schlacht gegen „die Islamisierung“ aufgerufen: „Es ist soweit! Auf in den Kampf! Der Bürgerkrieg muss starten!“. Doch der Kampf des Thomas K. endete vorerst auf der örtlichen Polizeiwache.

Der Angriffs auf ein islamisches Kulturzentrum in Graz vom 5. Mai ist kein ungewöhnlicher: auch in Österreich häufen sich die Angriffe auf Muslime und ihre Institutionen. Und er ist doch ungewöhnlich: weil der polizeibekannte Täter dank eines aufmerksamen Passanten noch in der selben Nacht verhaftet werden konnte. Die Häufung von islamfeindlichen Übergriffen wie diesem und die geringe (sicherheits)politische Sensibilität für das Problem sind zwei der Gründe, warum Wissenschaftler nun den ersten europaweiten Bericht zum Thema Islamophobie herausgegeben haben.

Anfang des Monats wurde der „European Islamophobia Report“ vor dem Europäischen Parlament in Brüssel vorgestellt. 37 Wissenschaftler geben dort in 25 Länderberichten einen Einblick in das Ausmaß von Islamfeindlichkeit in Europa und Empfehlungen, wie Politik und Gesellschaft mit dem Problem umgehen sollten. Vor allem infolge der sogenannten Flüchtlingskrise und terroristischer Anschläge in Frankreich hätten Übergriffe auf und das Verbreiten von Stereotypen gegenüber Muslimen zugenommen, schreiben die Macher der Studie. So hätten sich infolge der Anschläge auf Charlie Hebdo islamfeindliche Angriffe in Frankreich verfünffacht. In vielen Ländern zeigten Meinungsumfragen, dass mittlerweile eine Mehrheit der Bevölkerung Muslimen feindlich gegenüber stünden.

Für Islamophobie braucht es keine Muslime

Aber nicht nur in Ländern mit großen muslimischen Minderheiten wie Frankreich sei Islamfeindlichkeit ein Problem. Auch in Ländern, in denen der Anteil der muslimischer Bevölkerung verschwindend gering ist, hätten islamfeindliche Gruppen und Parteien massiv Zulauf bekommen. So warnte in Ungarn der Anführer der rechtsradikalen Fidesz-Partei Antal Rogán vor einem „Vereinigten Europäischen Kalifat“ und der ehemalige Kulturstaatssekretär László L. Simon rief Christen auf, mehr Kinder zu bekommen, um der vermeintliche Überfremdung entgegenzuwirken. Ungarn hat einen muslimischen Bevölkerungsanteil von nicht einmal einem halben Prozent.

Auch in Länder wie Litauen, Polen oder Slowenien sei Islamfeindlichkeit ein „erfolgreiches Werkzeug, um Menschen zu mobilisieren“, stellen die Wissenschaftler fest. Dabei würden Muslime nicht nur krimineller und gewaltbereiter wahrgenommen werden als es der Realität entspricht, sondern ihre Zahl auch deutlich überschätzt. Eine der wichtigsten Feststellungen des Berichts lautet deshalb: Für antimuslimischen Rassismus bedarf es keiner Muslime. Vom Phänomen Islamophobie ließen sich weniger Rückschlüsse auf Muslime ziehen als auf Islamophobe, so der Bericht.

Islamfeindliche Straftaten werden nicht einmal erfasst

„Es gab in der Vergangenheit eine Reihe guter Berichte zu Islamophobie, jedoch nur sporadisch und wenige Länder betreffend“, sagt Farid Hafez. Zusammen mit seinem Kollegen Enes Bayraklı von der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul hat der Politikwissenschaftler von der Uni Salzburg die länderübergreifende Studie initiiert. Der Bericht, der von nun an jährlich erscheinen wird, soll „eine neue Grundlage zur Diskussion über Islamfeindlichkeit in Europa schaffen.“

Auch für Deutschland listet der Bericht zahlreiche Fälle von Islamfeindlichkeit auf. Diese reichen von Pegida-Aufmärschen über den Messerangriff auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker bis zur Verbreitung islamfeindlicher Klischees in deutschen Medien infolge der Übergriffe in der Kölner Silvesternacht. Aber auch konkrete Angriffe auf Muslime und ihre Einrichtungen hätten zugenommen. 416 politisch motivierte Angriffe gegen muslimische Gebetsräume und Moscheen zählte das Bundesinnenministerium von Anfang 2001 bis März 2016. Die Dunkelziffer, das beklagen islamische Religionsgmeinschaften und Anti-Rassismusinitativen, dürfte allerdings viel höher liegen.

Auf eine der Ursachen für die Diskrepanz weisen auch die Macher des „European Islamophobia Reports“ hin: „ Einer der schwierigsten Aspekte bezüglich der Entwicklung von Islamophobie ist das anhaltende Fehlen von zuverlässigen und flächendeckenden Daten von islamphobischen Vorfällen in Deutschland.“ Der Grund: In Deutschland wie auch in vielen anderen europäischen Ländern werden islamfeindliche Straftaten wie der Angriff auf die Moschee in Graz nicht einmal polizeilich erfasst. Die Forderung der Wissenschaftler an die Politik, islamfeindliche Straftaten zumindest zu registrieren, zeigt wie weit der Weg zur Bekämpfung von Islamfeindlichkeit noch ist.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
In diesem Artikel wird einiges in fragwürdiger Weise vermengt. Selbstverständlich sind Sachbeschädigungen, Drohungen oder gar Körperverletzungen kompromisslos zu ahnden, gleichgültig gegen wen sie sich richten. In Wien gab es vor einiger Zeit einen Brandanschlag gegen einen säkularistischen-kemalistischen, ausdrücklich islamkritischen türkischen Verein, bei welchem ein rechtsradikaler Hintergrund festgestellt wurde. Opfer von Ausländerfeindlichkeit sind also nicht nur islamische Einrichtungen. Auch die NSU-Anschläge waren gegen Ausländer gerichtet und hatten keinen unmittelbar religiösen Bezug. Dem Islam als Ideologie gegenüber insgesamt ablehnend eingestellt zu sein, ist in einer pluralistischen Gesellschaft völlig legitim. Man kann ja auch den chinesischen Maoismus oder dem türkischen Kemalismus pauschal feindlich eingestellt sein kann, daran ist nichts Schlechtes zu sehen. Das gehört zur Meinungsfreiheit in einer pluralistischen Gesellschaft. " Islamophobie" ist für mich ein Propagandabegriff, der die Ablehnung des Islams in Teilen oder seiner Gesamtheit als etwas Unanständiges erscheinen lassen soll, was ist aber nicht ist. Der Islam hat keinen Anspruch darauf von allen geliebt und respektiert zu werden. Das haben auch andere Religionen und Weltanschauungen nicht. Damit sollten sich die Islamvertreter endlich abfinden!
12.05.16
8:28
Manuel sagt:
Was Europa dringend brauchen würde, ist eine konstruktive linke Islamkritik, sowie in den 1970er als die damamlige Linke gegen die Katholische Kirche gekämpft hat. Und es muss endlich auch einem Schluss sein, dass Menschen, wie beispielsweise Alice Schwarzer, Heinz Buschkowsky, Samuel Schirmbeck, Hamed Abdel-Samad und Seyran Ateş ständig Islamophobie vorgeworfen wird oder versucht wird sie ins rechte Eck zu stellen, weil sie es wagen den Islam zu kritisieren. Auch Moslems haben in einer freien, demokratischen Gesellschaft Kritik auszuhalten, genauso wie andere Religions- und Weltanschauungsgruppen auch, der Islam ist nicht sakrosant.
12.05.16
13:55
gregek sagt:
Leider zeigt die Linke in dieser Hinsicht, insbesondere in Person von Herrn Bax eine erklägliche Doppelmoral. Sein kürzlich erschienenes Buch "Angst ums Abendland..." ist vordergründig, oberflächlich, schwach und schlampig recherchiert sowie völlig undifferenziert. Jeder Islamkritiker wird in die Nähe eines Rechtspopulisten und Fremdenfeind gerückt. Dieselbe Art von Kritik gegenüber der christlichen Religion und den christlichen Kirchen gelten dem Leserkreis und den Kollegen seines Arbeitgebers als fortschrittlich und aufklärerisch. Genau mit dieser Doppelmoral verrät die Linke mit Herrn Bax als führenden Geisterfahrer Ihre Ideale auf dem Altar eines vorgeblichen Antirassismus. Dagegen zeugt das Buch "der islamische Faschismus" von Herrn Samad trotz einiger Unzulänglichkeiten von reichem Detailwissen und durchdachten Argumentationen.
26.05.16
0:12
Eberz sagt:
Es wird Zeit den radikalen Islam den weg nach hause zu zeigen! Siehe Armenien! Wir haben Mist gebaut im 2 Weltkrieg doch kein Land hat weniger Völker mord begannen wie Deutschland! Kenne auch keinen tyrkischen Präsident der nicht schwul wäre außer atatyrk!
26.05.17
15:34