Dokumentationsstelle für Muslime

Sensibilisierung für Islamfeindlichkeit

Als Reaktion auf die steigende Islamfeindlichkeit wurde die Dokumentationsstelle für Muslime in Österreich gegründet. Ziel ist es das Bewusstsein für antimuslimischen Rassismus zu stärken. Ümmü Selime Türe ist seit Beginn an tätig und schreibt welche Hoffnungen sie für die Zukunft hat.

15
05
2016
Dokumentationsstelle zur Durchsetzung von Gleichbehandlung von Muslimen

Die Schülerin Z., eine erkennbare Muslimin, steigt in die Straßenbahn ein. Es werden ihr die Wörter nachgerufen „Euch muss man alle ins KZ schicken!“.

Eines von vielen alltäglichen Beispielen einer Muslima in Österreich. Denn islamfeindliche Äußerungen auf der Straße oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln –so meint man- gehören eben zum Muslimsein in Österreich dazu, daran gewöhne man sich. Dass man aufgrund seiner Religionszugehörigkeit beschimpft, ja attackiert oder diskriminiert wird, gehört zu unschönen Dingen im Leben, denn man habe ja auch nicht behauptet, dass das Leben einfach ist. Diese oder ähnliche Geschichten und Ereignisse hört man im Zuge seines Lebens und mit der Zeit denkt man sich, ob das überhaupt in Ordnung ist, aufgrund seines Glaubens so behandelt zu werden. Jeder einzelne Mensch kann dagegen intervenieren oder etwas unternehmen, aber gezielt daran zu arbeiten, um diesbezüglich ein Bewusstsein zu schaffen, dies war eine Notwendigkeit. Es gehörte eine strukturierte und institutionalisierte Arbeit in dem Bereich, um Islamfeindlichkeit und anti-muslimischen Rassismus zu benennen und zu erläutern.

So entstand am 10. Dezember 2014, am Tag der Menschenrechte, die Dokumentationsstelle für Muslime in Österreich. Tätig sind hier engagierte StudentInnen und Berufststätige, die diese Arbeit ausschließlich ehrenamtlich machen. Die Aufgaben der Dokumentationsstelle waren von Anfang an klar definiert: Zivilcourage fördern, auf Diskriminierung und hate crime aufmerksam machen, Erstberatung leisten und bei Bedarf weitervermitteln und statistische Daten erfassen.

Verschiedene Arten von islamfeindlichen Angriffen

Hierbei werden die islamfeindlichen Delikte unterschieden zwischen hate crime (Vorurteilsverbechen), hate speech (Verhetzung), Diskriminierung, verbalem Angriff, Beschmierung und auch die an Islamfeindlichkeit bekämpfende und muslimische Institutionen gerichtete Islamfeindlichkeit. Bei hate crimes steht das islamfeindliche Motiv des Täters im Vordergrund und greift eine Person aufgrund seiner Religionszugehörigkeit an, ohne diese Person persönlich zu kennen und hate speechs sind Hetzreden, die öffentlich Hass gegen Personen oder Gruppen anstiften. Nach einer anderthalbjährigen Arbeit war es klar ersichtlich, dass es nicht nur um das bloße Erfassen der Zahlen ging, sondern viel Bildungsarbeit zu leisten und diese Inhalte zu vermitteln sind.

Die Facebook-Seite der Dokumentationsstelle zur Durchsetzung von Gleichbehandlung für Muslime.

Schaut man sich die Zahlen vom Jahr 2015 an, so wurden insgesamt 156 Fälle dokumentiert bzw. von der Dokumentationsstelle beobachtet. Auffallend waren die Zeiträume nach dem Paris-Attentat, wo vermehrt Fälle eingegangen sind, wo unter anderem islamische Einrichtungen Ziel eines hate crimes wurden. Die Auswirkungen der globalen Ereignisse wie terroristische Anschläge oder der IS sind auch lokal zu spüren, indem MuslimInnen zur Zielscheibe islamfeindlicher Angriffe werden – zu 95% fast ausschließlich erkennbare Musliminnen. Die Folgen solcher Erlebnisse können zur Zunahme der Vorurteile auf „beiden“ Seiten führen, wo Misstrauen und Voreingenommenheit zum ständigen Begleiter werden. Je salonfähiger es wird „andersdenkende“ Menschen aufgrund ihrer „Andersartigkeit“ verbal anzugreifen oder physisch zu attackieren, desto mehr kann man eine sinkende Hemmschwelle bei Angriffen aufzeichnen. Nach dem Rechtsruck in vielen europäischen Ländern, sowie auch in Österreich, hat der Fremdenhass auch in der Mitte der Gesellschaft seinen Platz eingeräumt, indem jegliche Feindlichkeit offen gezeigt und verbal geäußert wird, allen voran durch Personen aus der Öffentlichkeit, die den Nährboden für Hass säen können. Erstmals in der Geschichte der zweiten Republik wurden in den letzten Jahren islamische Gebetshäuser angegriffen, ja sogar zum Verbot von Islam in Österreich geäußert, die für das zukünftige Zusammenleben ziemlich besorgniserregend ist. Laut dem österreichischen Innenministerium wurde ein massiver Anstieg, mit 54% mehr als im Vorjahr, rechtsextremer und rassistischer Aktivitäten verzeichnet.

Sensibilisierung für Islamfeindlichkeit

Das Land, das man als sein eigenes Zuhause sieht, indem man lebt, arbeitet, wo man zur Schule geht, seine Steuern zahlt, möchte man auch lebenswert gestalten. Um die Lebensqualität und das gesellschaftliche Zusammenleben aufrecht zu erhalten bedarf es, ein Bewusstsein zu schaffen. Diese Sensibilisierung gilt für jeden Menschen, denn Islamfeindlichkeit stellt nicht alleine ein Problem für die muslimischen MitbürgerInnen dar, sondern für die gesamte Zivilgesellschaft. Das Wegschauen und Nicht-Beachten der islamfeindlichen Ereignisse kann ein friedliches Zusammenleben verhindern und die Gesellschaft spalten. Es ist wichtig, gerade in Zeiten wie diesen, ein WIR-Gefühl zu stärken. Als Bürger und BürgerInnen dieses Landes ist es umso wichtiger, gemeinsam gegen jeglichen Hass und Feindlichkeit zu arbeiten. Deshalb ist es auch für uns wichtig, als Dokumentationsstelle für Muslime, mit möglichst vielen Zivilgesellschaften oder NGO’s aller Sparten zusammenzuarbeiten – auch wenn das romantisch klingen mag – um einen positiven Beitrag für die Zukunft zu leisten.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Übergriffe jeder Art sind strikt abzulehnen und kompromisslos zu ahnden. Islamfeindlichkeit jedoch ist für sich genommen nichts Negatives, genausowenig wie antimarxistisch eingestellt zu sein.Das ist Bestandteil der Meinungsfreiheit in einer pluralistischen Gesellschaft und verdient ebenfalls Aktzeptanz und den Schutz der Rechtsordnung. Ich halte es sogar sehr positiv, wenn nicht alle Menschen vor jeder Religion oder Weltanschauung einfach blinden Respekt haben. "Antimuslimischer Rassimus" ist ein Propagandabegriff, der Kritiker des Islams mundtot machen will. Moslems und vor allem Islamvertreter sollten den Mut haben, sich der Auseinandersetzung zu stellen anstatt sich beleidigt in den Schmollwinkel zurückzuziehen.
17.05.16
7:53
Andreas sagt:
Es erstaunt mich immer wieder, dass es Leute gibt, die Islamfeindlichkeit mit Kritik gleichsetzen und daher für schützenswert halten. Aber Hetze ist keineswegs schützenswert.
17.05.16
18:06
Manuel sagt:
Es erstaunt, dass es selbst noch im 21. Jahrhundert immer wieder Leute gibt, die es offenbar nicht ertragen können, dass es andere Leute gibt, die eine Religion kritisieren und dann versuchen sofort mit dem Hetzevorwurf jede Diskussion ersticken wollen. Toleranz sieht anderes aus!
21.05.16
10:58
Andreas sagt:
@Manuel: Toleranz lässt die Menschen die Religion praktizieren, die sie praktizieren möchten, ohne ihnen permanent vorzuwerfen, sie seien rückständig. Und Hetze ist nun einmal Hetze und nicht Kritik. Es ist ohnehin die Frage, weswegen Sie und Ihre Freundin Ute Fabel permanent den Islam "kritisieren" müssen. Was wollen Sie damit erreichen? Wie alle Rechtspopulisten geht es Ihnen am Ende doch nur darum, mit Ihrer vermeintlichen Kritik die Menschen zu verunsichern und mit einem Schreckensbild, das Sie vom Islam zeichnen, Angst und damit Hass zu schüren. Und dann läuft es eben doch wieder auf Hetze raus.
25.05.16
14:04
gregek sagt:
die Linke , insbesondere die 68er Generation kritisiert ständig in Form von Karrikatur und Satire die christliche Religion sowie die christlichen Kirchen. Ich teile inhaltlich diese Kritik nicht, halte das Recht diese zu äußern für dringend geboten. Dass Religionen kritisiert werden dürfen, ist ein integraler Bestandteil unserer demoktratischen Grundordnung. Gott sei Dank haben wir die Zeiten hinter uns gelassen, dass Kritik an der christlichen Religion unter Lebensgefahr verboten war. Was für das Christentum gilt, muss selbstverständlich auch für den Islam gelten. Den Islam jetzt unter besonderen Artenschutz zu stellen, wäre ebenso eine besondere Form der Diskriminierung.
29.05.16
20:48
Enail sagt:
Das Schreckensbild des Islam braucht man in Europa nicht zu zeichnen. Durch die Globalisierung bekommt jeder Mensch inzwischen mit, in welchem Zustand sich islamische Länder befinden und wohin sie sich entwickeln. Und betrachtet man dieses, muss man sich nicht wundern, wenn die Mehrheit der Europäer den Islam kritisch sieht. Zumal es sich beim Islam weniger um eine Religion als eine Lebensweise und Gesellschaftsform handelt. Interessant wäre für mich mal, wenn Frauen auf das Kopftuch verzichten würden, das ja nicht explizit vorgeschrieben ist im Koran. Würde eine Frau ihres Glauben wegen noch diskriminiert werden? Kann ich mir fast nicht vorstellen, denn dann kann man ja die Glaubenszugehörigkeit nicht mehr erkennen. Fast könnte man meinen, Frauen, die auf das nicht gebotene Kopftuch bestehen, fühlen sich in der Opferrolle wohl. Denn viele gläubige Frauen tragen dieses nicht und fühlen sich deshalb auch nicht weniger als Muslim. Irritiert bin ich, dass Männer sich im wesentlichen im Bezug auf westliche Kleidung angepasst haben. Von ihnen hört man auch nichts von wegen Diskriminierung. Da kann man nicht erkennen, begegnet mir ein Muslim, ein Christ, ein Jude oder ein Mann einer anderen Religion. Ein bisschen Ahnung hab ich ja schon, aber ich finde nirgendwo die Aussage, dass man seine Religionszugehörigkeit zur Schau tragen muss. Und vielleicht hört man noch mit den ständigen Forderungen auf, die ja weniger mit Religion als mit Veränderung der Gesellschaft zu tun haben, und schon haben wir wieder ein Europa, in das Muslime gerne flüchten und auch willkommen sind und sich alle als gleichwertige Menschen, egal welcher Religion sie angehören, sicher, geborgen und wohl fühlen können. Und es ist halt immer das gleiche. Mag man diese Gesellschaftsform nicht, ist man Rassist und Hetzer. Möchte man die endlose Aufnahme von Migranten nicht, ist man ein Nazi. Man darf keine eigene Meinung haben, ohne in die Rechte Ecke gestellt zu werden oder als islamophob bezeichnet zu werden. Es gab schon mal Zeiten in DE, da wurde man weggesperrt, wenn man eine andere Meinung vertrat.
01.06.16
0:33