Ramadan 2016

Der Ramadan für eine deutsche Muslima

Das Fasten im Ramadan stellt für viele Muslime eine Herausforderung dar. Die deutsche Muslima, Salsabil al-Almaniya, erzählt von den schwierigen Anfängen des Fastens und erklärt, warum Nichtmuslime immer dieselben Fragen stellen.

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06
2016
Symbolbild: Fastenbrechen. © by raasiel auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Ramadan. Der gesegnete Monat, in dem die Offenbarung des Korans an den Propheten Muhammad begann. In diesem besonderen Monat faste ich seit mehr als 10 Jahren. Seit ich mit Anfang 20 den Islam angenommen habe. Seit ich daran glaube, dass Gott den Propheten Muhammad auserwählt hat, um die Menschen zum Glauben an den einzigen Gott aufzurufen und um eine Barmherzigkeit für alle Menschen zu sein.

In den ersten Jahren nach meiner Konversion bedeutete Ramadan für mich einzig und allein, von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang auf Essen und Trinken zu verzichten. Meine Gedanken kreisten um kaum etwas anderes als um die Fragen: Wie halte ich diesen Tag nur durch? Wann ist endlich Sonnenuntergang? Was werde ich dann essen? Damals habe ich nicht darüber nachgedacht, warum Gott uns aufgetragen hat, in diesem Monat zu fasten. Ich habe es als religiöses Gebot anerkannt, dessen bloße Umsetzung mich viel Anstrengung gekostet hat.

Nichtmuslimen den Ramadan erklären

Ich faste immer noch, Gott sei dank, und ich werde dabei von Nichtmuslimen meistens mit bedauernden Blicken bedacht. “Also Fasten ist ja schön und gut, aber das mit dem Wasser? Ich meine, ihr trinkt ja nicht mal was, oder?! Also das finde ich nicht gut!” – Im Monat Ramadan haben Sätze wie diese Hochkonjunktur. Meine Chefin stöhnt in erfrischend ehrlicher Weise auf, als ich ihr erzähle, dass der Ramadan vor der Tür steht. Sie befürchtet wohl den Leistungsabfall ihrer Mitarbeiterin. Ich bin ihr deshalb nicht böse, wie könnte ich auch? Wo ich mich doch noch gut daran erinnere, wie ich früher selbst Stunde um Stunde mit mir kämpfte, um das Fasten durchzuhalten.

Bevor ich zum Islam konvertierte, bin ich kaum mit dem Fasten in Berührung gekommen. Der Ramadan war für mich die Zeit des Jahres, in der sich Muslime so gut wie möglich von Sünden fern halten – wie er für meine Arbeitskollegen zu sein scheint. Mehr wusste ich nicht, mehr hat mich damals auch nicht interessiert. Denn wir leben in einer Gesellschaft, in der Religion und deren Ausübung nur sehr wenig Platz in der Öffentlichkeit eingeräumt wird. Religion ist Privatsache, hört man allerorts. Gespräche mit nichtgläubigen Menschen drehen sich nicht um die spirituellen Dimensionen der Religion, sondern sie bleiben an der Oberfläche, sie bleiben belanglos.

Fragt mich jemand nach meiner Konversion, dann geht es um meine Herkunft, um die Reaktion meiner Eltern und um das Kopftuch. Fragt mich jemand nach dem Ramadan, dann geht es um Essen und Trinken bzw. den Verzicht darauf, es geht um die Dauer des Fastens und um angebliche gesundheitliche Gefahren. Die spirituelle Bedeutung? Darüber wird wenig gesprochen. Und dabei liegt es doch in unserer Hand, den Menschen in Deutschland verständlich zu machen, welche Bedeutung das Fasten wirklich hat.

Der Ramadan als Auszeit

Heute sprechen mich Menschen im Büro an und fragen nach dem Fasten. Sie erzählen mir von Reportagen oder Zeitungsartikeln und von der vermeintlichen Bedeutung des Ramadans. Das gefällt mir, denn es drückt aus, dass sie sich mit dem, was Muslime in Deutschland bewegt, auseinandersetzen, und dass sie die Muslime verstehen wollen. Auf der anderen Seite wundere ich mich, welche Bedeutung dem Ramadan in der deutschen Gesellschaft zugeschrieben wird.

Die Autorin Salsabil al-Almaniya schreibt Beiträge auf  ihrem Blog und dreht Videos auf ihrem Youtube-Kanal, in denen Sie ihre ganz persönliche Sicht zum Thema Islam offenlegt.

Mittlerweile habe ich verstanden, dass der Verzicht auf Nahrung, Getränke und Körperlichkeit nur ein Mittel zu einem einzigen Zweck ist: um Gott näher zu kommen. Ich sehe den Ramadan als eine Auszeit, in der ich mich mit meiner Beziehung zu Gott und den Menschen beschäftige und eine Bestandsaufnahme mache. Was ist mir wichtig, was will ich erreichen, was muss ich ändern? Dieser Monat ist eine großartige Chance, auf solche Fragen eigene Antworten zu finden und sich selbst ein bisschen weiter zu entwickeln. Und er ist eine Einladung für uns Muslime in der deutschen Gesellschaft, von unserem Glauben und dem tieferen Sinn des Verzichts im Ramadan zu erzählen.

 

Leserkommentare

Marek sagt:
@Salsabil al-Almaniya: Wenn alle Übersetzungen auf dem deutschen Markt nichts taugen, brauche ich sie doch gar nicht erst zu lesen, weil mir ein Moslem immer sagen wird, dass gerade das, was ich gelesen habe, falsch übersetzt wurde. Und so geht das weiter. Wenn man dann doch mal eine Stelle erwischt hat, die ganz gut übersetzt ist, kommt der Moslem daher und sagt, man müsse den Kontext berücksichtigen, der dann kurzerhand frei erfunden wird. Oder man müsse die Hadithe beachten, deren Authentizität jedoch ebenfalls in Frage zu stellen ist. Am Ende kommt man dahin, dass man den Islam eigentlich gar nicht kritisieren kann, weil nicht sich beweisen oder widerlegen lässt. Da kann man natürlich auf den Dialog auch gleich verzichten.
04.07.16
10:46
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