Die beiden großen Kirchen in Deutschland lehnen eine nach Religionen getrennte Unterbringung von Flüchtlingen ab. Christen seien in den Flüchtlingsheimen nicht gefährdet, wie manche Stimmen behaupteten.
Die beiden großen Kirchen in Deutschland lehnen eine nach Religionen getrennte Unterbringung von Flüchtlingen ab. Hohe Qualitätsstandards, gute Betreuung, ausreichend Privatsphäre und Beschäftigungsangebote könnten Konflikte zwischen Flüchtlingen unterschiedlicher Herkunft und Religion verhindern, heißt es in einer am Dienstag in Bonn und Hannover veröffentlichten Erklärung des Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
„Eine flächendeckende und systematische Diskriminierung von Christen und anderen religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften ist nicht festzustellen“, betonen die Kirchen unter Berufung auf Recherchen der Bistümer und Landeskirchen. Dennoch gebe es immer wieder Einzelfälle von Einschüchterung und Diskriminierung bis hin zu Gewalt gegenüber religiösen Minderheiten.
Konkret empfehlen die Kirchen die Weiterentwicklung von Schutzstandards, wie sie in Einrichtungen christlicher Trägerschaft teils schon üblich seien. So trage ein professionelles Konflikt- und Beschwerdemanagement zum frühzeitigen Abbau von Spannungen bei. In den Unterkünften müsse auf „eine kultursensible Zimmerbelegung“ geachtet werden: Angehörige unterschiedlicher Religionen und Kulturen sollten nicht im selben Zimmer wohnen.
Alle in den Unterkünften tätigen Personen – vom Sozialarbeiter bis zum Dolmetscher – sollten nach den Forderungen der beiden Kirchen über grundlegende interkulturelle und interreligiöse Kompetenzen verfügen und Fortbildungen erhalten.
Zugleich wenden sich die beiden Kirchen gegen eine Instrumentalisierung von Problemen in Flüchtlingsunterkünften. Für manche seien negative Ereignisse ein willkommener Anlass, um Propaganda gegen muslimische Flüchtlinge und den Islam zu machen. Eine im Mai veröffentlichte Untersuchung unter anderem der Menschenrechtsorganisation „Open Doors“, die von anhaltender Gewalt gegen Christen und andere religiöse Minderheiten in Unterkünften berichtete, halten die Kirchen für nicht seriös.
Der Stephanuskreis der Unions-Bundestagsfraktion begrüßte die Stellungnahme der Kirchen. „Es ist gut, dass sich nun auch die oberste Ebene der Katholischen und Evangelischen Kirchen in Deutschland diesem Thema öffentlich annimmt“, sagte der Vorsitzende Heribert Hirte (CDU). Opfern von Übergriffen, auch wenn diese nur vereinzelt aufträten, müsse schnell geholfen werden, etwa durch eigene Schutzräume.
Zugleich stimmte Hirte Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strohm zu, dass nicht hinter jeden Auseinandersetzung zwischen Menschen verschiedener Religionen ein religiöser Streit stehe. „Klar muss aber auch sein: Allen Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen, muss der Wert des Menschenrechts Religionsfreiheit so schnell wie möglich nahe gelegt werden“, sagte Hirte. (KNA, iQ)