Versuchter Militärputsch in der Türkei

Grüne greift DITIB an

Cem Özdemir greift die Religionsgemeinschaft DITIB verbal an. Er vergleicht ihr Wirken mit der Pegida und plädiert gegen die Unterzeichnung eines Staatsvertrages.

25
07
2016
Cem Özdemir © Heinrich-Böll-Stiftung auf flickr, bearbeitet by IslamiQ

Grünen-Chef Cem Özdemir sieht das Wirken mancher türkischer Organisationen in Deutschland kritisch. „Es gibt leider auch eine Art türkischer Pegida“, sagte Özdemir der “Bild am Sonntag“. Konkret verwies der Politiker auf “türkisch-nationalistische Vereine“.

Es handele sich um politische Organisation sagte Özdemir am Sonntag im Deutschlandfunk (DLF). Die türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) sei „direkt Ankara unterstellt“ und werde zentralistisch geleitet.

Grünen-Chef Cem Özdemir warnt davor, mit staatlichen türkischen Institutionen wie DITIB Verträge über islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen zu schließen.

Der Parteivorsitzende plädierte dafür, die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei auf Eis zu legen anstatt abzubrechen. Es gehe darum, nicht die Türkei und die dortige Bevölkerung zu bestrafen. „Aber für den Fall, dass in der Türkei eines Tages die Demokraten wieder die Mehrheit bekommen sollten, sollten wir auch deutlich machen, dass der Weg der Türkei Richtung Europa unsererseits nicht verschlossen ist“, fügte Özdemir hinzu. Tatsache ist aber, dass der jetzige Staatspräsident aus demokratischen Wahlen hervorgegangen ist. Daher beklagen viele Türkischstämmige die einseitige Berichterstattung über die Türkei und Erdogan in Deutschland.

„Nationalistisches politisches Machwerk“

Darüber hinaus äußerte sich der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck kritisch zur Freitagspredigt nach dem versuchten Militärputsch. Die Predigt sei ein „nationalistisches politisches Machwerk“ und „eine einzige Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke“. Sie beabsichtige den politischen Konflikt aus der Türkei in die muslimischen Gemeinden nach Deutschland zu tragen, was den inneren Frieden störe.

DITIB verurteilt Hass und Gewalt

Noch am Abend rief die DITIB, mit einer Pressemeldung, alle Akteure zur Mäßigung auf. „Politische Auseinandersetzungen müssen sachlich und vernünftig geführt werden“. Hetzerische Diffamierungen und Gewaltbereitschaft seien keine legitimen Mittel, um in einer demokratischen Gesellschaft Konflikte und Meinungsverschiedenheiten auszutragen. Friedfertige Kundgebungen um der Solidarität mit der Türkei Ausdruck zu verleihen, sei ein demokratisches Recht. Die DITIB verurteile jeden Aufruf zu Hass und Gewalt.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) ist der größte islamische Verband in der Bundesrepublik. Sie vertritt nach eigenen Angaben mehr als 900 formell selbstständige Mitgliedsvereine, deren religiöse, soziale und kulturelle Tätigkeiten sie koordinieren will. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Ökonomisch wird die Türkei unter den jetzigen Umständen den Bach runtergehen. Die Inflation zieht an, der Tourismus-- eine der wichtigsten Branchen des Landes-- bricht ein, ausländische Investoren stecken ihr Geld nicht in ein unsicheres Land, etc. Die Erdogan-Jubler können dann ja in ihre nationalflaggen-- derzeit das meist verkaufte Untensil-- beißen. Vielleicht werden sie davon satt??? Ca. 1200 Schulen wurden bisher dicht gemacht. Erdogan soll doch gleich den ganzen Staat schließen..... lg Johannes Disch
27.07.16
22:10
Johannes Disch sagt:
"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Helme unsere Bajonetten, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." (Der türkisch-nationalistische Dichter Ziya Gökalp). Erolf Erdowahn zitierte dieses Gedicht in den Neunziger Jahren und wurde dafür zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Alle, die glaubten, die AKP wäre "islamisch-konservativ", eine Art "islamische CDU" (Angela Merkel), werden nun eines besseren belehrt. Und alle, die schon immer sicher waren, Erdolf hätte eine islamistische Agenda, werden bestätigt. Erdolf ist ein Islamist und die AKP eine islamistische Partei. Sie gehört zum "institutionellen Islamismus." Die Demokratie wird von innen ausgehöhlt. Das Experiment einer "Islamischen Demokratie" ist gescheitert! Die Säkularisierung autoritär von oben durch Atatürk verordnet konnte in der Türkei nie Wurzeln schlagen. Historisch und kulturell gehört die Türkei zum Orient und nicht nach Europa. Historische Prägungen lassen sich nicht ändern und Identitäten nicht verordnen. Das ist völlig okay. In gewissem Sinne muss man Erdolf dankbar sein, zerstört er doch die Illusionen der EU und insbesondere die von Angela Merkel. "Privilegierte Partnerschaft", "EU-Beitrittsverhandlungen", etc.-- alles kalter Kaffee! Die letzten 2 Wochen zeigen, die Erdolf-Türkei ist an den europäischen Werten nicht interessiert! Zypern-Frage, Armenien-Resolution, Pressefreiheit, etc.-- die Türkei erfüllt nicht einmal annähernd europäische Standards. Die Türkei hat sich entschieden! Sie folgt ihrem Führer Erdolf. Völlig okay. Nur hat sie damit nix in der EU verloren. lg Johannes Disch
28.07.16
23:50
Johannes Disch sagt:
Jetzt verlangt die Türkei von Deutschland die Auslieferung der hier lebenden Anhänger der Gülen-Bewegung (Ca. 150 000). Man sollte vielleicht eine alte römische Tradition wieder einführen und hinter Erdolf jemanden laufen lassen, der ihm ständig zuflüstert: "Bedenke, dass du ein Mensch bist." lg Johannes Disch
29.07.16
8:48
Enail sagt:
@ Der Friese Der Unterschied liegt an Folgendem. In die EU werden nur Staaten aufgenommen, in denen es keine Todesstrafe gibt. Soweit mir bekannt ist, ist die USA kein EU Staat. Und ich habe auch noch nichts davon gehört, dass die USA eine Mitgliedschaft anstrebt. Das ist eben der Unterschied zur Türkei, die schon seit langem in die EU aufgenommen werden möchte. MfG
29.07.16
23:58
Johannes Disch sagt:
@Enail Absolute Zustimmung! lg Johannes Disch
02.08.16
0:03
Johannes Disch sagt:
Nicht genug, dass uns Erdolf Sonntags eine Pro-Erdolf-Kundgebung zumutet. Die Tatsache, dass er nicht selbst zugeschaltet werden durfte, wertet er als Einschränkung der Meinungsfreiheit. Ja, er geht so weit, zu sagen, Deutschland hätte sich noch immer nicht von seiner Nazi-Vergangenheit frei gemacht. Langsam nehme ich das persönlich. Und es ist Zeit für ein deutliches Wort der Kanzlerin. Erdolf hält sich und seine Bananerepublik inzwischen offenbar für den Nabel der Welt. Liebe Türken, macht eure innenpolitischen Probleme bitte bei euch zu Hause in der Türkei aus! Und nicht bei uns! Und noch etwas: Einer Nation, die einen Despoten wählt statt eines Demokraten, der fehlt die demokratische Reife! Liebe Türken, meldet euch wieder, wenn ihr erwachsen seid. Wenn ihr fähig seid, einen Demokraten zu wählen, statt eines Ersatz-Sultan. Eine Erdogan-Türkei und eine AKP-Türkei haben in Europa nichts verloren! lg Johannes Disch
02.08.16
0:10
1 2