Papst Franziskus

„Islam nicht mit Gewalt gleichsetzen“

Papst Franziskus warnt vor voreiligen Schuldzuweisungen. Es muss genauso viel von katholischer Gewalt gesprochen werden, wie von islamischer Gewalt.

01
08
2016
Papst Franziskus © Norbert Staudt auf flickr, bearbeitet by IslamiQ.

Papst Franziskus hat sich gegen eine Gleichsetzung von Islam und Gewalt gewandt. „Wir können sagen, der sogenannte IS präsentiert sich wie ein Islamischer Staat und ist gewalttätig, das ist ein fundamentalistisches Subjekt, das sich IS nennt“, sagte Franziskus am Sonntagabend während des Rückflugs vom Weltjugendtag in Krakau. „Aber es ist nicht richtig und nicht wahr, zu sagen, dass der Islam terroristisch ist“, betonte der Papst vor mitreisenden Journalisten.

„Wir haben sie auch“

In nahezu allen Religionen gebe es kleine fundamentalistische Gruppen. Er fügte hinzu: „Wir haben sie auch“. Zugleich bekräftigte Franziskus, ein friedliches Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen sei weiterhin möglich.

Der Papst lehnte es ab, von „islamischer Gewalt“ zu reden. „Wenn ich von islamischer Gewalt spreche, muss ich auch von katholischer Gewalt sprechen“, erklärte Franziskus. In der Zeitung lese er täglich über Gewalttaten in Italien, die von getauften Katholiken begangen worden seien. Aber „alle Katholiken“ seien ebenso wenig gewalttätig wie „alle Muslime“. Angesichts des Fundamentalismus stelle sich ihm vielmehr die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass Europa so vielen Jugendlichen keine Ideale und keine Arbeit gegeben habe, die sich nun in Drogen flüchteten oder fundamentalistischen Gruppen anschlössen.

Franziskus antwortete damit auf die Frage, warum er während des Weltjugendtages stets nur allgemein von „Terrorismus“ gesprochen habe und nie von einem „islamischen Terrorismus“. Er war am Mittwoch zu einem fünftägigen Besuch nach Polen gereist. Anlass war der 31. Weltjugendtag in Krakau. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Andreas sagt:
Eigentlich sollte das, was der Papst gesagt hat, selbstverständlich sein. In dem Moment, wo man von "islamischer Terrorismus" spricht, unterstellt man entweder offen oder zumindest unterschwellig, dass der Islam die Ursache des Terrors ist. Der Begriff "Islamismus" macht es auch nicht besser. Viele unterscheiden gar nicht zwischen Islam und Islamismus, sondern sehen beide Begriffe synonym, so dass dann aus Muslimen schnell Islamisten werden. Dabei stehen doch die Terroristen, auch wenn sie sich religiösen Vokabulars bedienen, eher außerhalb der Religion. Daher ist auch "religiös motivierter Terrorismus" irreführend. Die Terroristen töten nämlich nicht wegen der oder für die Religion, sondern aus Gründen außerhalb der Religion. Die Religion wird lediglich als Rechtfertigung missbraucht. Es bleibt also festzuhalten, dass Begriffe wie islamistischer (oder gar islamischer) Terrorismus oder Islamismus eher dazu führen, alle Muslime zu stigmatisieren. Entsprechend sollte auf die Verwendung entsprechender Begriffe verzichtet werden.
02.08.16
10:56
Ute Fabel sagt:
Sowohl Bibel als auch Koran enthalten in größerem Umfang - und nicht nur ganz vereinzelt - gewaltbejahende und höchst intolentere Textstellen. Durch Bibel und Koran zieht sich eine exklusiver Wahrheitsanspruch wie ein roter Faden. Das Problem ist, dass sich die netten Christen und Moslem die netten Textstellen herauspicken, die weniger netten halt leider die anderen. Daher ist es unehrlich zu sagen, das Christentum sei nur eine Religion der Liebe, und der Islam nur eine Religion des Friedens. Es handelt sich dabei um ein Problem der Buchreligionen, die alte Schriften als göttliche Ergüsse erklären.
04.08.16
8:02
Andreas sagt:
"Religionskritiker" brauchen nicht einmal "göttliche Ergüsse", um Gewalt gegen andere auszuüben, sei es verbal oder körperlich. Ihnen genügt es, sich einfach selbst gottgleich zu stellen und damit ihre Meinung für universell zu erklären.
04.08.16
11:44
Charley sagt:
@Ute: Die Gewalt kommt meiner Kenntnis nach nur im Alten Testament der Bibel vor. Das neue Testament, die eigentliche christliche Botschaft, ist gänzlich gewaltfrei und hat allein das Liebesgebot als Inhalt. Dass die Reinigung des Tempels dabei eine auffällige Rolle spielt ist deutlich, aber im Gesamtzusammenhang eher auch ein symbolischer Akt. Ansonsten bitteschön, wo hat das christliche, neue Testament ein "Gewaltgebot" - sehr im Gegensatz zum Koran?
05.08.16
2:40
Manuel sagt:
@Andreas: Wieviel Anschläge gibt es derzeit auf der Welt von "Religionskritiker"? Solange der Weltislam nicht endlich einmal in seinem eigenen Haus aufräumt wird es sehr schwierig werden, Islam und Islamismus immer vollständig zu trennen zu können. Achja und nur so nebenbei, Klerikalfschismus und Christentum kann man auch nicht so einfach trennen.
05.08.16
13:10
Andreas sagt:
@Charley: Gibt es im Koran tatsächlich ein "Gewaltgebot" also einen Befehl an die Muslime, Gewalt auszuüben?
05.08.16
13:30
Tobi sagt:
@Manuel: Es gibt andauernd Anschläge auf Moscheen durch "Religionskritiker". Auch werden muslimische Frauen immer wieder auf der Straße angepöbelt oder geschlagen. Da wird nur nicht so breit drüber berichtet. Außerdem kann man eine Religion nicht als Ganzes in Haft nehmen, weil einige meinen, sie müssten die Religion als Legitimation für ihre Zerstörungswut missbrauchen.
08.08.16
9:06
Ute Fabel sagt:
@Charley: Jesus spricht in den Evangelien nicht nur von der Liebe, sondern regelmäßig von der Hölle, wo all diejenigen hinkommen, die nicht blind an ihn glauben. Pharisäer, die nicht seiner Meinung sind, beschimpft er mit "Vipern und Schlangenbrut" - mit der Feindesliebe ist es also bei Jesus selbst nicht allzuweit her. Die "Offenbarung des Johannes" im Neuen Testament ist ein abergläubischer Schwachsinn - von Liebe keine Spur.
08.08.16
20:14
Ute Fabel sagt:
@ Toby: Auch wenn es sehr nette Moslems und Christen gibt, die heiligen Schriften dieser Religionen sind ein sehr faules Fundament, was nicht unter den Teppich gekehrt werden sollte.
08.08.16
20:19
Johannes Disch sagt:
@Andreas Der Begriff "Islamismus" hat sich als brauchbar erwiesen, um das Phänomen des Fundamentalistisch- Politischen Islam vom spirituellen und orthodoxen Islam zu unterscheiden. Ebenso brauchbar hat sich die Unterscheidung zwischen "Islam" und "Islamismus" erwiesen. "Fundamentalismus ist die Politisierung von Religion"-- Das ist die in den internationalen Sozialwissenschaften etablierte Bezeichnung für religiösen Fundamentalismus, den man übrigens in allen Weltreligionen findet. Dass gewisse Kreise diese Unterscheidung nicht machen und die Begriffe missbrauchen ist wohl unvermeidlich. Sie werden schwerlich einen "neutralen" Begriff finden. Und eines sollte man durch Hütchenspielchen mit Begriffen und Definitionen nicht vernebeln: Die islamistischen Terroristen sind Muslime. Sie begreifen sich als Muslime. Dass sie ihre Religion damit pervertieren ändert daran nichts. lg Johannes Disch
09.08.16
1:02
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