Debatte um Burkini

Streit um Burkini – Frau stellt Strafanzeige

Ein Besuch der Therme im Ganz-Körper-Badeanzug löst in Bad Saarow Wirbel aus. Während sich zwei Frauen diskriminiert fühlen und Anzeige erstatten, sieht sich der Leiter zu Unrecht an den Pranger gestellt. In Frankreich wird der Burkini zu einem Politikum.

15
08
2016
Der Burkini wird wie die Burka zu einem Politikum. © Frans Persoon/CC 2.0/flickr

Eine Frau hat nach einem Thermenbesuch im Ganz-Körper-Badeanzug (Burkini) in Bad Saarow Strafanzeige gestellt, weil sie sich diskriminiert fühlte. Das teilte ein Polizeisprecher am Montag in Frankfurt (Oder) mit. Zuvor hatte der RBB berichtet. Neben der jungen Berlinerin, die zusammen mit ihrer aus dem Libanon stammenden Familie am Samstag Badegast war, trug auch ihre Mutter einen Burkini.

Badegäste hätten sie beschimpft und einen Bademeister eingeschaltet, erklärte die Frau im RBB. Thermen-Chef Axel Walter wies dagegen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur die Darstellung zurück, dass die Frauen beleidigt worden sein. Andere Badegäste könnten dies aber bestätigten.

In Berlin sei es zu solchen Auseinandersetzungen noch nicht gekommen, sagte ein Sprecher der Bäderbetriebe. Beschwerden anderer Badegäste über die Anzüge oder Meldungen, dass Frauen wegen der Burkinis beleidigt wurden, seien ihm nicht bekannt.

Die Berliner Bäder bewerten die Anzüge pragmatisch. „Wenn es muslimischen Frauen und Mädchen nur im Burkinimöglich ist schwimmen zu gehen, ist uns das lieber, als wenn sie gar nicht kommen, möglicherweise nicht schwimmen lernen und sich somit selbst gefährden“, sagte der Sprecher.

Auch die Betreiber der Therme in Bad Saarow haben nichts gegen das verschleierte Baden. „Bei uns ist Badebekleidung vorgeschrieben. Bei Burkinis handelt es sich um solche und wir hatten schon viele Badegäste, die so einen Burkini trugen“, erklärte Thermen-Chef Walter. Die Anzüge, die die Frauen am Samstag anhatten, seien vom Bademeister nicht als Burkinis erkannt worden. Dies habe er ihnen auch so mitgeteilt und darum gebeten, beim nächsten Mal in passender Badebekleidung zu erscheinen, betonte Walter.

Des Hauses verwiesen wurde aber niemand. Die Frauen hätten nach weiteren Wortgefechten mit anderen Badegästen die Therme von selbst verlassen, hieß es im RBB-Bericht.

Frankreich streitet über den Burkini

Auch in Frankreich beschäftigt der Burkini die Gemüter. Der Erlass mit der Nummer 16/2754 hat es in sich: Die Gemeinde Cannes an der Côte d’Azur, weltbekannt für ihr Filmfestival und riesige Hotelpaläste, verbietet Ganzkörper-Badeanzüge für Musliminnen am Strand.

Burkinis werden in der städtischen Verordnung zwar nicht explizit genannt. Doch Äußerungen des konservativen Bürgermeisters David Lisnard sind deutlich genug. „Das ist eine Maßnahme unter vielen anderen, um die Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand (in Frankreich) und terroristischen Taten zu schützen“, sagte er unlängst der Tageszeitung „Nice-Matin“. Der Burkini sei die 2Uniform des extremistischen Islamismus“, so „Monsieur le Maire“.

Die Stimmung ist an der Riviera nach dem verheerenden Terroranschlag in nahegelegenen Nizza aufgeheizt. Vor den Präsidentenwahlen im Mai kommenden Jahres gehen die politischen Parteien zudem auf Konfrontationskurs – und die öffentliche Sicherheit dürfte ein entscheidendes Thema dabei werden.

Lisnards Entscheidung hat zunächst rechtlich Bestand. Ein Gericht in Nizza wies einen Einspruch des Kollektivs gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich (CCIF) zurück. Das Verbot aus Cannes zieht unterdessen weitere Kreise. Nach Villeneuve-Loubet bei Nizza verbietet nun auch die kleine Gemeinde Sisco im Norden Korsikas Burkinis; das berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Montag.

Bürgermeister Ange-Pierre Vivoni musste offensichtlich handeln. Am Wochenende war es an einer Meeresbucht seiner Gemeinde zu Ausschreitungen mit fünf Verletzten gekommen, weil – je nach unterschiedlichen Medien-Darstellungen – eine oder mehrere Frauen im Burkini badeten.

Am Ende brannten auch Autos. Der Vorfall führt zu Spannungen auf der Insel, weckt Erinnerungen an rassistische Ausschreitungen von Ende 2015. Damals verwüsteten Gewalttäter in der Hauptstadt Ajaccio einen muslimischen Gebetsraum.

Die Debatte um die Ganzkörper-Schwimmanzüge mit integrierter Kopfbedeckung ist zwar neu. Doch das französische Prinzip der Laizität, also der Trennung von Kirche und Staat, ist seit längerem ein heißes Eisen und führte zu Auseinandersetzungen. Seit 2004 gilt in französischen Schulen eine Null-Toleranz-Linie gegen „auffällige religiöse Symbole“.

Eher eingeschränkt dürften die Chancen sein, ein Schwimmbad zu mieten, um Burkinis tragen zu können. Ein Erlebnisbad bei Marseille sagte unlängst einen Burkini-Tag nach massiven Protesten in der Öffentlichkeit ab. Eine Organisation aus Marseille hatte das Bad zunächst komplett gebucht. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Was ist, wenn ich einer Religion angehöre, die das Nacktbaden vorschreiben würde, werde ich dann auch diskriminiert, wenn ich aufgefordert werde Badekleidung zu tragen. Der Burkini ist genauso wie die Burka ein Symbol des Islamismus und der kompletten Frauenunterdrückung, warum sollen wir sowas tolerieren?
15.08.16
18:44
Ute Fabel sagt:
Ich finde es gut, wenn der Burkini-Lobby Widerstand entgegengesetzt wird. Was Frankreich betrifft, leben dort schon seit Jahrzehnten viele Menschen mit marokkanischen, algerischen und tunesischen Wurzeln. Bis vor kurzem hat den Burkini niemand gebraucht. Der Burkini ist die Flagge eines neuen reaktionären politischen Islams. Eine derartige Ideologie hat an den schönen Stränden Frankreichs genausowenig verloren wie Badehosen mit dem Logo der Front National.
15.08.16
21:03
Johannes Disch sagt:
Das ist nun wirklich der Gipfel der Paranoia. Ein Burkini ist keine Burka. lg Johannes Disch
16.08.16
1:12
Johannes Disch sagt:
Wieviel Haut eine Frau am Strand und im Schwimmbad zeigen möchte-- ob im Bikini, im Burkini oder im Stringtanga-- ist ganz allein ihre Sache. lg Johannes Disch
16.08.16
5:12
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Genau, wieso darf ich dann beispielsweise nicht nackt baden, es könnte ja sein, dass ich einer Religion angehöre, die das vorschreibt. Ich fühle mich dann auch immer religiös diskriminiert, wenn ich gezwungen werde Badekleidung zu tragen.
16.08.16
18:45
Andreas sagt:
@Manuel: Der Streit geht nicht darum, ob man sich bekleiden muss. Darin sind sich nämlich alle einig. Es geht einzig um den Grad der Verhüllung. Und da sollte es einer Frau erlaubt sein, sich stärker zu verhüllen, wenn es ihr angenehmer ist.
16.08.16
21:46
Ute Fabel sagt:
Der Burkini ist ein ideologisch extrem aufgeladenes Kleidungstück - eine Uniform für religiöse Hardlinerinnen. Transportiert werden soll die Botschaft, dass es für Frauen eine ganz schlimme Sünde ist auch nur eine Haarsträne zu zeigen. Es ist verständlich, dass sich Betreiber von Schwimmbädern zur Wehr setzen und der Überzeugung sind, dass in einem Freizeitbetrieb mit Erholungszweck eine solche Ideologisierung nichts verloren hat.Ich halte undifferenzierten Respekt und konturlose "Toleranz", die dann bestenfalls Indifferenz darstellt, für etwas Gefährliches. Offene Konfrontation ist in machen Fällen Medizin. Respekt muss immer verdient sein. Der Burkini verdient keinen Respekt.
17.08.16
7:53
Marius sagt:
Was Musline sich bei uns alles herausnehmen. Wie wäre es, wenn eine Frau, die nicht Touristin ist, in einem muslimischen Land, z.B. Saudi Arabien oder Iran, klagen würde, einen Bikini tragen zu dürfen? Bekäme sie dann von den Muslimen in Deutschland die gleiche Unterstützung, wie eine Frau, die klagt, weil sie unbedingt im Burkini baden will?
17.08.16
11:15
Ute Fabel sagt:
Der französiche Premierminister Manuel Valls hat kürzlich Folgendes gesagt: "Burkinis seien keine neue Mode. Es ist die Übersetzung eines politischen Vorhabens, einer Gegengesellschaft, insbesondere gestützt auf die Unterwerfung der Frau.“ Er sei zwar für ein flächendeckendes nationales Verbot, habe aber Verständnis für die Bürgermeister von Cannes und anderen Kommunen, die Burkinis an ihren Stränden verboten hatten. Es wäre schön, wenn deutsche Politiker zu diesem Thema bald ähnliche klare Worte finden würden.
17.08.16
12:57
Ute Fabel sagt:
Ich habe mich vertippt: Manuel Valls ist gegen ein flächendeckendes nationales Verbot des Burkini, hat aber Verständnis für die Bürgermeister von Cannes und anderen Kommunen, die Burkinis an ihren Stränden verboten hatten.
17.08.16
13:44
1 2 3 4