Terrormiliz

IS-Rekruten haben kaum Islamkenntnisse

Die Analyse geleakter IS-Dokumente zeigt, dass die große Mehrheit der IS-Rekruten aus Europa nur geringe Kenntnisse über den Islam aufweist.

17
08
2016
Radikalisierte Jugendliche fühlen sich oft unverstanden und sind nicht religiös. © (flickr/Matthias Uhlig/CC 2.0)

Nach einer Analyse geleakter IS-Dokumente kommt die Nachrichtenagentur AP zu dem Ergebnis, dass die große Mehrheit der IS-Rekruten aus Europa nur wenig Kenntnisse über den Islam aufweist. Die Nachrichtenagentur wertete tausende Berichte und Dokumente der Terrormiliz für ihre Analyse aus.

Den Dokumenten zur Folge befragt der IS seine neuen Rekruten nach ihrem Islamwissen und kategorisiert diese nach bestimmten Kenntnisstufen. Siebzig Prozent der Rekruten weisen demnach nur ein „Basiswissen“ über den Islam auf, was die niedrigste Kategorie in diesem Schema darstellt. Zweiundzwanzig Prozent der Rekruten wird von der Terrormiliz ein „mittleres Wissen“ bescheinigt. Lediglich fünf Prozent hätten „fortgeschrittene Kenntnisse“ über den Islam.

Den untersuchten Berichten ist außerdem zu entnehmen, dass der „IS“ gezielt junge Menschen mit geringen Islamkenntnissen rekrutiere, da diese besser indoktriniert werden könnten. Es ist bekannt, dass diverse IS-Rekruten ihre ersten Kenntnisse über den Islam vor ihrer Abreise nach Syrien oder in den Irak aus Ratgeber-Büchern wie beispielsweise „Islam für Dummies“ oder „Koran für Dummies“ erwarben.

Nach Angaben des deutschen Verfassungsschutzes schlossen sich bisher etwa 800 Radikale dem IS an und reisten nach Syrien und in den Irak. Etwa ein Drittel der Ausgereisten sei bisher wieder zurückgekehrt.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Das Problem aller Buchreligionen - nicht nur des Islams - ist, dass ihre heiligen Schriften saure Früchte (in einem größeren Umfang) und süße Früchte (in einem kleineren Umfang) enthalten. Die Entscheidung, welche Aussagen als wörtlich und ewiggültig zu betrachten sind und welche als zeitbezogen und symbolisch erscheint eher willkürlich. Mir kommt vor, dass ohnehin nur jeder Gläubige seine eigenen Wertvorstellungen, die sich aufgrund des Charakters und der Sozialisation ergeben, in Koran und Bibel projeziert, und dann irgendwelche Textabschnitte zur Bestätigung dieser eigenen Ideale darauf hinbiegt. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir uns besser einfach freuen sollten, dass wir leben und uns durch Nachdenken selbst bemühen das Beste daraus zu machen. Nachbeten von dem was selbst erklärte Propheten nach alten mehrdeutigen Büchern unklarer Autorenschaft gemeint haben sollen bringt wenig, das sollten wir links liegen lassen.
18.08.16
8:26
Manuel sagt:
Sie kennen den Schwertvers, das reicht!
18.08.16
9:18
Marius sagt:
Dass die Islamisten kein ausreichendes wissen haben, bedeutet noch nicht, dass sie keine Muslime sind. Meines Wissens ist Muslim, wer den einen Gott anerkennt und andere Götter neben ihm leugnet und wer anerkennt, das Mohamed der Gesandte dieses einen Gottes ist. Oder gibt es eine Stelle im Koran, die sagt, dass ein Muslim nicht dumm sein darf? Dann wären viele, die sich für Muslime halten, gar keine. Z.B. alle diejenigen, die permanent den Erdogan verteidigen.
18.08.16
23:09
Mamoun sagt:
Ute Fabel: 1. Eine basale Erkenntnis ist, dass Menschen, wenn sie eine bestimmte (negative) Grundhaltung zu einem Thema eingenommen haben, die gesamten Informationen ausblenden, die dieser Grundhaltung oder Grundüberzeugung widerspricht. Man spricht von selektiver Wahrnehmung. 2. Das essentielle Fundament eines jeden konstruktiven und fruchtbaren Diskurses ist Fachwissen. Es besteht ein gravierender Unterschied in der Komplexität des Welt- und Menschenbildes eines Fachkundigen und eines Laien. Ein Grundschüler, der gerade mal das 1×1 beherrscht, kann nicht mit einem Mathematikprofessor eine Diskussion über höhere Mathematik führen. Nicht mal Einstein. 3. Es ist ein Unterschied, ob ich etwas ohne Grundlage behaupte oder eine Behauptung fachmännisch mit Argumenten belege. 4. Die Behauptung, dass im Quran z.B. gewaltverherrlichende Textstellen stehen (saure Früchte), ist falsch. Alle Textstellen, die den (Verteidigungs-)Kampf thematisieren, stehen in einem engen historischen Kontext, der davon auf gar keinen Fall gelöst werden darf. Wer Textstellen aus dem Kontext reißt, handelt fahrlässig und ohne wissenschaftliche Grundlage. Der Quran ist kein Text, aus dem man nach Gutdünken und Belieben irgendeine Interpretation auswählen kann... Alle Textstellen der Verteidigungskämpfe begannen mit folgenden Vers, als nach 13 Jahren!!! des Boykotts, der Verfolgung, Unterdrückung, Ermordung und Bekämpfung der Muslime kein Ende fand: "Erlaubnis (zum Verteidigungskampf) ist denjenigen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen ja Unrecht zugefügt wurde - und Allah hat wahrlich die Macht, ihnen zu helfen -, (ihnen), die zu Unrecht aus ihren Wohnstätten vertrieben wurden, nur weil sie sagen: Unser Herr ist Allah. Und wenn Allah nicht die einen Menschen durch die anderen abgewehrt hätte, so wären fürwahr Mönchsklausen, Kirchen, Bethäuser und Gebetsstätten zerstört worden, in denen Allahs Name häufig genannt wird. Und Allah wird ganz gewiß denjenigen helfen, die Ihm helfen. Allah ist wahrlich Stark und Allmächtig. - (Ihnen), die, wenn Wir ihnen eine feste Stellung auf der Erde verleihen, das Gebet verrichten und die Solidar-Abgabe von ihrem Vermögen entrichten, das Rechte gebieten und das Verwerfliche verbieten. Und Allah gehört das Ende der Angelegenheiten." (22:39) Wir können unzählige Beispiele anführen, die belegen, dass alle Äußerungen des Kampfes im Quran immer einen spezifischen und nie einen allgemeinen Charakter haben. Zumindest für diejenigen, die halbwegs in der Islamologie bewandert sind... Aber solchen Fakten kann man die Menschen nicht erreichen, die nur ihre Vorurteile bestätigt sehen wollen und alles andere an Informationen ausblenden, die ihrem Vorurteil widersprechen. Das Verbot der Gewalt, ja jede Form der Aggression finden wir in der abschließenden Botschaft des Quran unzählige Male: " Allah gebietet Gerechtigkeit, gütig zu sein und den Verwandten zu geben; Er verbietet das Schändliche, das Verwerfliche und die Gewalttätigkeit. Er ermahnt euch, auf daß ihr bedenken möget." (16:90) Und noch etwas, was wir von den letzten Mitteilungen des Schöpfers zur Kenntnis nehmen sollen: "Und die meisten von ihnen folgen nur Mutmaßungen. Aber Mutmaßungen nützen nichts gegenüber der Wahrheit. Gewiß, Allah weiß Bescheid über das, was sie tun. Dieser Qur'an kann unmöglich ohne Allah ersonnen werden. Sondern (er ist) die Bestätigung dessen, was vor ihm war, und die ausführliche Darlegung des Buches, an dem es keinen Zweifel gibt, vom Herrn der Weltenbewohner. Oder sagen sie: "Er hat ihn ersonnen" Sag: Dann bringt eine Sura bei, die ihm gleich ist, und ruft an, wen ihr könnt, anstatt Allahs, wenn ihr wahrhaftig seid. "Nein! Vielmehr erklären sie das für Lüge, wovon sie kein umfassendes Wissen haben, und schon bevor seine Deutung zu ihnen gekommen ist. So haben es auch diejenigen, die vor ihnen waren, für Lüge erklärt. Schau, wie das Ende der Ungerechten war! Und unter ihnen gibt es manche, die an ihn glauben, und unter ihnen gibt es manche, die nicht an ihn glauben. Dein Herr weiß sehr wohl über die Unheilstifter Bescheid. Und wenn sie dich der Lüge bezichtigen, dann sag: Für mich ist mein Tun, und für euch ist euer Tun. Ihr seid unschuldig an dem, was ich tue; und ich bin unschuldig an dem, was ihr tut. Und unter ihnen gibt manche, die dir zuhören. Kannst du aber die Tauben hören lassen, auch wenn sie nicht begreifen (wollen)? Und unter ihnen gibt es manche, die auf dich schauen. Kannst du aber die Blinden rechtleiten, auch wenn sie nicht sehen? Gewiß, Allah fügt den Menschen kein Unrecht zu, sondern die Menschen fügen sich selbst Unrecht zu. Und an dem Tag, da Er sie versammelt', wird (ihnen) sein, als ob sie nur eine Stunde vom Tag verweilt hätten, und sie erkennen einander wieder. Verloren sind dann diejenigen, die die Begegnung mit Allah für Lüge erklärten und nicht rechtgeleitet waren." (Der Edle Quran 10:36-45)
19.08.16
16:53
Johannes Disch sagt:
@Mamoun Hervorragende Ausführungen! Chapeau. Kontextualisierung -- das Verstehen der Verse im konkreten historischen Zusammenhang-- ist der entscheidende Punkt. Den lassen die islamistischen Terroristen weg bzw. kenn ihn wohl noch nicht einmal. Aber die Islam-Basher verhalten sich auch nicht anders, sind sich einander also ähnlicher als ihnen wohl bewusst ist. Was Sie über die Gewalt im Koran gesagt haben, das gilt auch für den viel gescholtenen Begriff "Djihad." Der bedeutet im spirituellen Kontext "Individuelle Anstrengung." Und im kriegerischen Kontext ist er auch nur unter ganz bestimmten strengen Voraussetzungen gestattet. Und auch nur im Verteidigungsfall, wenn Muslime bedroht werden. Bereits 1988 (!) hat der Rektor der Kairoer Al-Azhar-Universität in einer wegweisenden Fetwa und in einem zweibändigen Standard-Lehrbuch zum Islam deutlich gemacht, dass heutzutage "Djihad NUR NOCH AUSSCHLIESSLICH als "Spirituelle Anstrengung" verstanden werden darf und NICHT MEHR als "Heiliger Krieg." Und vor 2 Jahren haben einige hundert islamische Gelehrte und theologische Autoritäten die taten des IS eindeutig als UISLAMISCH bezeichnet und verurteilt. Dasselbe haben fast alle Staaten des Nahen Ostens getan, darunter auch Saudi-Arabien. Der aktuell oberste Geistliche der Al-Azhar-- dessen Name mir grade nicht einfällt-- hat dem IS sogar eine eigenes Buch gewidmet ("Das ideologische Schlachtfeld"). Und auch diese renommierte theologische Autorität kommt zu dem Schluss, das Tun des IS sei eindeutig UNISLAMISCH!! Aber Sie sehen, das ändert nichts daran, dass Islam-Basher papageienhaft die Forderung wiederholen, "Der Islam" / "Die Muslime" müssten sich vom IS-Terror distanzieren. Gruß Johannes Disch
21.08.16
23:55
Johannes Disch sagt:
Den Menschen, die hier "Den Islam" kritisieren, würde es gut zu Gesicht stehen, sich erst einmal über diese Religion und Kultur zu informieren. Wie das aussehen kann, das hat "Mamoun" in seinem verdienstvollen und ausführlichen P gezeigt. Man kann sich nicht einfach eine Sure aus dem Koran picken, ohne den dazugehörigen historischen Kontext zu kennen. Genau so ahistorisch verfahren die Islamisten/Djihadisten des IS. Und sie missbrauchen damit die Religion des Islam. Ich kann nur jedem empfehlen, sich nicht auf die Islam-Bashing Literatur zu verlassen, die grade en vogue ist, bsp. Abdel-Samad. Das ist belletristische Anti-Islam-Lektüre. Leute, lest Ibn Rushd, Ibn Sina, Ibn Khaldoun, etc. Es gibt genügend seriöse einführende Literatur zum Thema Islam, beispielsweise beim Verlag Ch. Beck. Terroristen / Djihadisten des IS sind die AUSNAHME, und NICHT die Regel! Seit Jahrzehnten leben Muslime bei uns in Deutschland-- und sie tun das friedlich!
24.08.16
2:10
Manuel sagt:
@Mamoun: Und was ist mit dem Schwertvers? Wieso gibt es da keine eindeutige Distanzierung? Wieso müssen Frauen unter Tüchern eingesperrt werden, während die Männer in kurzen Hosen herumlaufen dürfen? Im Koran gibt es keinen einzigen Satz, der lauten würde: "Die Frau muss ein Kopftuch tragen!" und dennoch wird es von Imamen vorgeschrieben. Und was ist mit der Scharia und den Hadd-Strafen (z. B. Steinigen, wenn man Sex außerhalb der Ehe gehabt hat), wie stehen Sie dazu?
26.08.16
16:51