Der islamische Religionsunterricht (IRU) steckt noch in den Anfängen. Den Bedarf nach flächendeckendem islamischem Religionsunterricht in Deutschland gibt es durchaus. Wie sieht die Lage zum Start ins neue Schuljahr aus?
Kurz vor Schulstart kündigte die nordrhein-westfälische Sylvia Löhrmann (Grüne) einen weiteren Ausbau des islamischen Religionsunterrichts (IRU) in ihrem Bundesland an. Im neuen Schuljahr sollen 16.100 Jungen und Mädchen daran teilnehmen, ein Plus von 2.400 im Vergleich zum Jahr zuvor. Bei 364.000 muslimischen Schülern bleibt indes noch immer reichlich Luft nach oben.
Mit Blick auf das belastete Verhältnis zur Türkei sorgte in den zurückliegenden Wochen die Zusammenarbeit mit der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) für Diskussionsstoff. Der DITIB wird Nähe zum türkischen Staat nachgesagt. Deren Vertreter sitzen in mehreren Bundesländern in den Beiräten, die darüber befinden sollen, was im Unterricht gelehrt wird und welche Lehrer unterrichten. Nordrhein-Westfalen und das Saarland wollen die Zusammenarbeit mit der DITIB fortsetzen; in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen gab es zuletzt Bestrebungen, die Kooperation zu prüfen.
Indes läuft die Zusammenarbeit mit der islamischen Religionsgemeinschaft beim islamischen Religionsunterricht nach Angaben von Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) ohne Probleme. In den Schulen funktioniere der Unterricht reibungslos, der Ausbau gehe wie geplant weiter, sagte Lorz am Donnerstag in Wiesbaden.
Auch der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM) Burhan Kesici zeigt sich zufrieden: „Besonders hervorzuheben ist, dass das Schulministerium in NRW sehr vieles leistet, damit der Islamische Religionsunterricht gut erteilt wird“. Für die Zukunft erhofft sich Kesici, dass der islamische Religionsunterricht flächendeckend eingeführt wird.
Im nun anlaufenden Schuljahr bietet die Hälfte aller Bundesländer einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht unter staatlicher Aufsicht an. Dies sind Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Hinzu kommen Bayern und Schleswig-Holstein mit einem Islamischen Unterricht beziehungsweise einem “Islamkundlichen Unterricht“, der dem in den anderen genannten Ländern praktizierten Modell nahe kommt. Insgesamt handelt es sich hierbei jedoch immer noch um sogenannte „Modelle“.
Auch in den übrigen acht Bundesländern ist die Bandbreite groß. In Berlin organisiert die Islamische Föderation Berlin (IFB) den Islamunterricht, an dem rund 5.000 SchülerInnen teilnehmen. Dort sowie in Brandenburg und Bremen ist Religionsunterricht allerdings kein ordentliches Lehrfach und untersteht nicht der staatlichen Schulaufsicht. In der Statistik außen vor geblieben sind außerdem Fächer wie Islamkunde, der oft im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts erteilt wird, oder Ethik.
Zudem gibt es in Hamburg – ähnlich wie in Bremen – einen „Religionsunterricht für alle“. Keinen islamischen Religionsunterricht bieten bislang Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen an. Aus dem Thüringer Bildungsministerium hieß es, ein Bedarf dafür sei „bisher nicht angemeldet worden“. Der Grund hierfür dürfte der geringe Anteil an muslimischen Schülern sein.
Neben den islamischen Religionsgemeinschaften haben in den vergangenen Sommerferien auch Kommunen und Kirchenvertretern sich für die Einführung eines flächendeckenden islamischen Religionsunterrichts ausgesprochen. (KNA, dpa, iQ)